Eine franzoesische Affaere
ohne Chip für ihn öffnete.
„Sid!", rief er noch einmal und fand sie in der Nähe der Snackautomaten,
die für die Angestellten und Wartenden aufgestellt worden waren. Sie war in Sicherheit.
Jetzt durfte er wirklich erleichtert aufatmen und hatte ihr gleichzeitig die
Gelegenheit zugespielt, sich für seinen Rauswurf zu rächen.
Sid hob den
Kopf und blickte ihm stumm entgegen. Ihre Stimme wollte ihr nicht gehorchen.
Seine Augen sahen wieder völlig normal aus, aber sie hatte gesehen, was sie
gesehen hatte, oder nicht?
Lag das nur an dem Schlafentzug? Sie nahm doch keine Drogen, die solche
Halluzinationen rechtfertigen würden. Als er noch näher kam, wich sie zwei
kleine Schritte vor ihm zurück, weil sie das unbändige Bedürfnis verspürte,
sich ihm an den Hals zu werfen, würde sie nicht Abstand zu ihm halten.
„Malcolm…
Ich… Was ist da draußen passiert?“, wisperte sie mit zitternder Stimme, wobei
ihre Augen ängstlich über seine Statur flogen, als wollte sie prüfen, ob er
verletzt war.
„Sie sagte, ich wäre in Paris nicht sicher… Ich sehe Dinge, die nicht sein
können… Ich fühle Dinge, die nicht sein können… Was ist los mit mir?“
Ihre Stimme wurde immer schwächer und dann ging sie zu Boden, weil ihre schwach
gewordenen Knie sie nicht mehr zu halten vermochten. Schwer nach Atem ringend
stützte sie sich mit den Händen auf dem blank polierten Granit ab und sah aus
weit aufgerissenen Augen zu Malcolm auf, als hätte er eine Antwort auf all ihre
Fragen.
„Sid?!",
Malcolm machte einen Schritt auf sie zu, hielt dann aber in der Bewegung inne,
sie vom Boden auf und in seine Arme nehmen zu wollen. Eine Geste, nach der er
sich schon die ganze Zeit gesehnt hatte und nicht tun durfte. Der Schrecken in
ihren Augen sollte ihm Warnung genug sein. Sie hatte wahrscheinlich mehr
gesehen, als ihnen beiden lieb sein durfte und Malcolm schüttelte bedauernd den
Kopf.
„Ratten.
Davon gibt es hier eine ganze Menge in der Stadt. Die Bisse übertragen
Krankheiten. Deshalb hielt ich es für nötig, dich in Sicherheit zu
bringen."
Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen. Sie war müde und erschöpft. Ein langer
Tag lag hinter ihr. Den halben hatte sie gearbeitet und den anderen in einem
Kabuff verbracht, um sich irgendwelche Artikel aus den Siebzigern anzusehen.
Wozu das gut war, wusste er nicht. Er würde auch nicht fragen. Sie blutete an
beiden Unterschenkeln. Der Scheiß-Freak hatte sie gebissen. Dafür würden auch
seine Reste dran glauben müssen, wenn Malcolm ihnen das nächste Mal begegnete.
„Bist du
geimpft? Ich kann dich sonst in die Notaufnahme fahren."
Gott, sei kein Arschloch und hilf ihr auf, verdammt.
Eigentlich hatte er ihre verzweifelten Fragen komplett übergehen wollen und sah
nach außen hin vollkommen emotionslos drein. Wenn sie Dinge sah, die nicht da
waren oder nicht wusste, was mit ihr im Allgemeinen los war, dann sollte er sie
wirklich zu einem Arzt bringen, der ihr in dieser Angelegenheit helfen konnte.
Andererseits klang Sid so hilflos, unsicher und fragend, dass er sein Herz, das
sich nun mal für sie geöffnet hatte, nicht davor verschließen konnte.
Das Letzte,
worüber sich Sid gerade Gedanken machte, waren übertragbare Krankheiten. Sonst
hätte sie gestern wohl kaum auf Verhütung verzichtet, als sie sich gedankenlos
und vor allen Dingen ungeschützt in sein Bett begeben hatte.
Sie wusste nicht einmal, ob diese Biester real gewesen waren. Aber wenn Malcolm
sie gesehen hatte, dann musste er doch auch… er hatte doch selbst… geglüht .
Sid wollte aufstehen und ihm entgegen gehen, doch die Erschöpfung machte ihre
Glieder schwer. Sie suchte nach einem kleinen Hoffnungsschimmer in seinem kalt
abweisenden Gesicht und fand keine Worte, die ihn erweichen könnten. Sie hatten
sich ja nicht im Streit getrennt, es gab keinen Grund, sich zu entschuldigen.
Gegen die Wand, die er um sich aufgezogen hatte, würde nichts ankommen.
Jedenfalls nichts, was sie sagen konnte.
„Sorg dich
nicht, es wird alles wieder gut."
Er sank neben ihr auf die Knie, sein Mantel breitete sich fächerartig um ihn
herum aus und er riskierte beim Vorbeugen über ihren vergleichsweise kleinen
Körper, dass sie die vielen Waffen sah, die er darin herumtrug.
Ganz sachte, um sie zu beruhigen und nicht zu erschrecken, berührte er sie im
Gesicht. Nur kurz, mit den Spitzen der drei mittleren Finger seiner linken
Hand. Der Geruch von Blut stieg ihm in die Nase. Ihr Blut. Malcolm
schloss die Augen und riskierte,
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