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Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten

Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten

Titel: Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Rajnak ein.
    »Wer hat dich denn gefragt, dumme Gans!« explodierte der Wirt.
    »Ich habe von Schneefall geträumt«, sinnierte das Mädchen. Sie sah aus wie in den dicken weißgestrichenen Türrahmen hineingemalt. Ihre Hände ruhten auf dem gewölbten Bauch. Als sie mich ansah, spürte ich wieder Verlangen nach ihr.
    »Ich habe einen Bräutigam«, sagte sie.
    »Ich habe einen Mann unter euch gefunden«, setzte sie hinzu und sah ihren Vater an.
    9.
    Der Leichnam lag in einem verlassenen Schuppen. Nicht einmal zugedeckt hatten sie ihn. Er stank gewaltig. Sein Blick war zerfallen, das eine Auge war offen, sein Gesicht aber strahlte dennoch Ruhe und Frieden aus. Spuren äußerer Verletzungen waren nicht zu erkennen, die Todesursache ließ sich nicht feststellen. Er machte den Eindruck, als habe er sein Leben im Schlaf ausgehaucht. Neben ihm lag ein grauer Leinensack, darin Schnaps, ein Säckchen Mohn, Salz und Zeitungen. Nachrichten aus aller Welt, nackte Menschen, die sich paarten, und Politiker, die verhandelten. Am Rand der Scheune schaufelte ich die Grube. Baum sann darüber nach, ob er beten sollte. Er nickte, faltete die Hände, räusperte sich und begann.
    »Wir beuten aus und lassen ausbeuten. Wir sind Händler hier auf der Erde, und handeln werden wir auch oben im Himmel. Auch mit Dir, Herr, machen wir Geschäfte, denn ein Händler bist auch Du. Amen.«
    Ich trottete zurück zur Grabsiedlung, auf der von Traktoren aufgewühlten, von Reifenspuren gemusterten Budapester Straße. Der Wind trieb Strohhalme über die Erde. Es stank nach Mist. Und aus dem Blau des Himmels schien Jesus Partisan zu mir zu sprechen.
    10.
    Am nächsten Tag winkte ihm das Mädchen, er solle ihr folgen. Kahle, schiefe Bäume mit schwarzbraunen Stämmen reihten sich am Rand der Siedlung aneinander. An den Zweigen raschelte leise und monoton das trockene Johannisbrot.
    »Ja, liebe Eva, auf diesen Bäumen ist immer Weihnachten«, sagte ich.
    »Wir nennen sie Jesusbäume.«
    »Sehr treffend«, lachte Baum. »Die Frage ist nur, ob Jesus sich über den Vergleich gefreut hätte.«
    »Jesus konnte sich nicht freuen«, sagte sie.
    »Weil er unglücklich war?«
    »Er war nicht unglücklich. Er hat bloß seine Freude unter uns aufgeteilt.«
    »Wenn Gott nicht glücklich ist, wie können dann wir es sein?« fragte ich kopfschüttelnd.
    »So bläst der Wind jeden Sonntag. So singen sie jeden Sonntag«, sagte das Mädchen und wies mit einem seltsamen Lächeln auf die Bäume. »Ich bitte Sie, Herr Baum, machen Sie sich keine Hoffnungen. Ich habe bereits einen Bräutigam.«
    »Haben Sie singen gesagt? Das ist kein Gesang, Eva Rajnak«, sagte ich.
    »Einmal habe ich mich ihm hingegeben, nur einmal. Er hatte es nicht gewollt. Ich war es. Ich habe ihm gesagt, er soll Leben unter mein Herz bringen. Ich wollte nur einen Mann, aber ich wußte, das bedeutet, den Schmerz in mich einzulassen.«
    Ich deutete auf die Grabenböschung.
    »Hier haben Sie es gemacht?«
    »Als er in meinen Körper eindrang, begann er zu mir zu sprechen.«
    »Von Jakulevo?«
    »Auch davon.«
    »Er hat vom Krieg gesprochen.«
    »Ja. Während er mir vom Krieg ins Ohr keuchte, empfing ich ein Leben von ihm. Er roch wie ein nasser Hund. Es war, wie Sie sicher wissen, als würde ich zu mir selbst sprechen.«
    Baum hatte den Blick starr zur Erde gerichtet, dann stampfte er auf.
    »Es ist möglich, daß er gar nicht gesprochen hat. Daß Sie nur das Rascheln des Johannisbrots gehört haben«, sagte er leise.
    »Möglich«, sagte das Mädchen, »ja, es ist möglich, daß er gar nicht gesprochen hat, und nur das Johannisbrot hat leise geraschelt.«
    11.
    Baum saß in der Kneipe und trank Schnaps. Es war ein starker selbstgebrannter Trester, ein Siedlungsbewohner spritzte ihn auf den schwarzen Fußboden und zündete ihn an. Jeder Tropfen schien einzeln in Flammen aufzugehen. Die Leute lachten, es klang, wie wenn Johannisbrot raschelt. Sie lachten, als würden sie beten. Auch Bier gab es natürlich. Ein Rätsel, wo sie in der Grabsiedlung Bier herhatten. Und doch war es da, es war alles da, wie in jüdischen Hilfssendungen an notleidende Glaubensbrüder, wo es höchstens mit dem Verfallsdatum der Heringskonserven Probleme gibt. Das Besondere an solchen Gegenden ist ja, daß es trotz ihrer Verlassenheit alles gibt, denn die Lastwagen, die tote alte Popen fortschaffen, kommen nicht immer leer zurück, mitnichten. Sie transportieren Waffen, Käse, Benzin, Illustrierte. Mit den Fahrern kann man handeln,

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