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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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mit gereckten Fäusten die Tür erreichte, fand er ein weinendes Häuflein Elend auf dem Boden vor.
    Ich kann Käfer nicht leiden.
    Tim musste das holen, weshalb Butch herübergekommen war, doch ehe er wieder ging, hörte ich den armen Mann, der noch dazu in einem psychiatrischen Krankenhaus arbeitete, in einem an Bewunderung grenzenden Tonfall murmeln: »Wow, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so die Nerven weggeworfen hat.« Im folgenden Jahr fand ich in regelmäßigen Abständen Plastikspinnen in meinem Briefkasten.

    Deshalb gaben mir die riesigen summenden Fliegen auf dem Salt Creeks Trail im Death Valley (den wir nur entlangmarschierten, um die vom Aussterben bedrohten Wüstenkärpflinge zu sehen. Und tatsächlich, diese Tiere könnten vom Erdboden verschwinden, ohne dass ihr Fehlen jemand bedauern würde) beinahe den Rest. Eine landete zuerst auf Tim, ehe sie mich zu umkreisen begann. Da ich keine praktischen Tipps zum Umgang mit Fliegen zur Hand hatte (sollte man möglichst ruhig den Rückzug antreten, so wie bei Bären? Oder stehen bleiben und sich nicht vom Fleck rühren, wie wenn man einem Berglöwen begegnet? Oder abtauchen und Schutz suchen wie beim Fall einer Atombombe?), kehrte ich zu meinem bewährten Verhaltensmuster zurück: Schreien, Heulen und Weglaufen. Ich kann mit aller Gewissheit sagen, dass keines davon Wirkung zeigte.
    Da wir uns gerade einer Gruppe Kindern näherten, verspürte Tim das Bedürfnis, seine Bürgerpflicht zu erfüllen und mich zu warnen, sie ja nicht zu erschrecken, indem ich wieder einmal die Beherrschung verlor.
    »Wenn wir gleich an diesen Kindern vorbeigehen, möchte ich, dass du dich zusammen -«
    »Tolle Idee!«, unterbrach ich ihn. »Ich bin sicher, diese Fliege wünscht sich sowieso ein kleineres Ziel, das sie besser in den Griff bekommt.« Und damit hastete ich auf meine neuen Lockvögel zu.
    Scotty’s Castle, am nördlichen Zipfel des Parks gelegen und völlig käferfrei, war eher nach meinem Geschmack.
    Scotty war bereits seit Jugendtagen ein ziemlich wüster Bursche gewesen. 1883 hatte er im Alter von gerade einmal elf Jahren sein Zuhause in Kentucky verlassen, weil er die Schule für Zeitverschwendung hielt. Um in der Wüste von
Nevada seinen Lebensunterhalt zu verdienen, verkaufte er den Eisenbahnpassagieren Doughnuts, bis ihn die Betreiber des Restaurants verjagten. Scotty rächte sich an den Restaurantbesitzern, indem er mit dem Ruf »Alle Reisenden an Bord. Die Fahrt geht weiter« dafür sorgte, dass die Gäste fluchtartig und ohne zu bezahlen aus dem Lokal stürzten. Als Nächstes brachte er ein junges Mädchen aus dem Ort dazu, am einen Ende des Bahnsteigs zu schreien und zu jauchzen, worauf sämtliche männlichen Passagiere die Köpfe aus den Fenstern streckten, um die Ursache für den Lärm herauszufinden. Scotty nutzte die Gelegenheit und lief von hinten unter den Fenstern durch und schlug ihnen mit einem Stock die Hüte von den Köpfen, die er den Männern im nächsten ankommenden Zug für zwei Mäuse pro Stück verhökerte.
    Seine kreativen Einfälle, sich am Leben zu erhalten, hörten auch nicht auf, als er erwachsen wurde. Und so lernte er eines Tages den Chicagoer Versicherungsmagnaten Albert Johnson kennen. Scotty gelang es, Investoren zu finden, einschließlich Johnson, die bereit waren, Geld in seine »Mine« im Death Valley zu investieren, indem er ihnen Goldnuggets zeigte, die er sich in einer anderen Mine unter den Nagel gerissen hatte. Nachdem sich die Investoren jahrelang Geschichten über die Probleme mit der Mine angehört hatten, zogen sie allesamt ihr Geld ab - nur Johnson nicht. Stattdessen beschloss er, ins Death Valley zu reisen, um sich selbst einen Eindruck zu verschaffen. Scotty nahm an, dass der Stadtmensch nach ein paar anstrengenden Tagen in der Wüste von allein aufgeben würde, doch Johnson, der seit einem Unfall in seiner Kindheit kränkelte, stellte fest, dass sich seine Gesundheit in dem trockenen Klima verbesserte, und blieb einen ganzen Monat
lang. Als er herausfand, dass es überhaupt keine Mine gab, kümmerte ihn dies weiter nicht: Er war klug genug, um zu begreifen, was er seinem charmanten Freund zu verdanken hatte, und ließ es dabei bewenden. Stattdessen verlieh er seiner Wertschätzung für ihre Freundschaft sogar Ausdruck, indem er und seine Frau nach dem Entschluss, sich ein Haus in der Wüste zu kaufen, Scotty einluden, bei ihnen zu leben. Natürlich erzählte Scotty, nachdem Johnson mit dem Bau des

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