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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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nicht mal mit dem Auto dort entlang«, erklärte Bob uns.
    Während unseres Aufenthalts fragte ich Bob, ob ich mit dem Traktor fahren dürfe. Ich mag vielleicht nicht bereit gewesen sein, mich hinters Steuer des kostbaren Prevost meines Mannes zu setzen, wie ich es seiner Meinung nach tun sollte, konnte aber wenigstens versuchen, meine Bus-Phobie in den Griff zu bekommen, indem ich ein anderes
großes Gefährt steuerte. Bob erklärte sich sofort einverstanden, nachdem sein Sohn ihm versichert hatte, es stünde ihm ein Erlebnis mit höchstem Unterhaltungswert ins Haus. Ich ließ mich nicht provozieren, sondern notierte Tims Boshaftigkeit auf dem Beschwerdeformular an das fiktive Büro, das ich gleich am ersten Tag in meiner Fantasie eingerichtet hatte, nachdem die Bustür das dritte Mal aufgeflogen war, um nicht das Gefühl zu haben, dass wir mutterseelenallein dort draußen waren. Also gesellte sich »beleidigter Fahrgast« zu den Punkten »beinahe getöteter Fahrgast«, »beinahe getöteter Fahrgast« und »beinahe getöteter Fahrgast«. Vielleicht würden sie ja eines Tages einen Ersatzfahrer schicken.
    Der arme Bob hatte sich offenbar noch nie in der Gesellschaft eines Menschen königlichen Geblüts befunden, denn er fing allen Ernstes an, mir die Kupplung, das Siebenganggetriebe und die Differenzialsperre zu erklären. Wie gewohnt war ich durchaus fähig, aber keineswegs bereit, irgendwelche technischen Zusammenhänge zu begreifen, also fragte ich nur: »Hast du denn nichts mit Automatik?« Er sah mich an, als berechne er im Geiste die Mehrkosten durch die Erhöhung seiner Versicherungsstufe, die ich ihm bescheren würde. Doch ich setzte meinen neuen Cowboyhut auf (ganz zu schweigen von den atemberaubenden schwarzweißen Cowboystiefeln und den Designerjeans) und legte los. Nicht nur dass ich das Ding nicht ein einziges Mal abwürgte, nein, ich fuhr auch die gesamte Länge der Weide damit ab, ohne Mensch und Tier dabei irgendwelche Schäden zuzufügen. Bob und seinem Sohn, die mir mit verblüfften (vielleicht sogar enttäuschten) Gesichtern zusahen, sei eines gesagt, was dem gesamten dämlichen Männervolk eine Lehre sein sollte: Eine
Prinzessin schafft alles, was sie sich in den Kopf gesetzt hat - vorausgesetzt, sie trägt das richtige Outfit.
    Das Wetter in Arkansas veranlasste mich zu wahren Stöhnorgien. »Diese Feuchtigkeit!« Das daraus resultierende Haardebakel befand sich in einer Größenordnung, mit der weder Tim noch ich konfrontiert waren, seit ich vor zehn Jahren direkt im Anschluss an eine misslungene Dauerwelle in einen übermäßig mit Chlor behandelten Pool stieg, in dem noch törichteren Versuch, meinem Haarkummer durch den Freitod ein Ende zu setzen.
    In Van Buren hatte es seit einer Woche ununterbrochen geregnet (die Regenfälle setzten auch den engen Straßen auf dem Weg hierher mächtig zu), was eine viel größere Gefahr ausgelöst hatte als die, die meiner Frisur drohte. Es stellte sich heraus, dass es nicht die schlaueste Idee gewesen war, den Bus in Bobs Vorgarten abzustellen. Am zweiten Tag hatten wir definitiv Neigung nach steuerbord. Da wir nicht die Absicht hatten, in absehbarer Zeit die Stereoanlage noch einmal anzufassen, schied meine Titanic-CD aus. Also musste ich selbst für die Hintergrundmusik als Untermalung sorgen und stimmte in meinem besten Falsett »Nearer My God to Thee« an, wann immer ich Gelegenheit dazu bekam, alternierend mit einer noch überstrapazierteren Version als das Original von »My Heart Will Go On«. Ich habe immer noch einen roten Fleck auf der Brust von dem Teil des kulminierenden Hämmerns. Wo war Celine Dion, wenn ich sie brauchte?
     
    Eines Morgens riss uns Frances’ Hämmern an die Bustür aus dem Schlaf.
    »Tim! Tim!«, schrie sie. »Komm schnell!« Wir nahmen beide an, dass Bob etwas Schlimmes passiert sein musste.
»Cousin JT ist vom Traktor überfahren worden!«
    Der über siebzigjährige Cousin JT, der ein Stück die Straße hinunter wohnte, hatte am funktionsuntüchtigen Motor seines Traktors herumgebastelt, als er auf die Idee gekommen war (wie Tim später in erschöpfenden Details darlegte), mit dem Schraubenzieher die Batteriepole zu berühren, um zu sehen, ob ein Funke sprang. Das tat es, doch er hatte nicht damit gerechnet, dass er die Zündung damit kurzschließen würde - insbesondere nicht, da er unmittelbar vor dem Traktor stand. Zum Glück für Cousin JT hatte ihm derselbe Regen, der meiner Frisur und dem Gleichgewicht unseres Busses

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