Eine Frau - Ein Bus
so zugesetzt hatte, das Leben gerettet, denn der weiche Boden gab gerade so weit unter ihm nach, dass er nicht zerquetscht wurde. Sein Kopf jedoch bewies, dass das Ganze nicht unbeschadet an ihm vorübergegangen war: Er weigerte sich standhaft, ins Krankenhaus zu gehen. Natürlich wollten Bob und Frances, dass der Arzt in der Familie einen Hausbesuch machte. O.k. Ich schätze, in seiner Funktion als Psychiater kann Tim ihn zumindest zu seinem Nahtoderlebnis befragen . Doch bevor ich den Gedanken zu Ende gebracht hatte, stürmte Tim zur Tür hinaus.
Während der vier Stunden bis zu seiner Rückkehr fing es an, wie aus Eimern zu schütten. Mit dem Ergebnis, dass der Bus endgültig Schlagseite hatte. Würden wir jemals wieder hier rauskommen? Hatte der Automobilclub einen Tieflader, um uns herauszuziehen? Gab es in Van Buren, Arkansas, überhaupt einen Automobilclub? Würde uns die Erde verschlingen, und wenn ja, würde ich unsere Tiere retten können? Ich beschloss, dass ich nun, da Tim nicht hier war, in die Rolle des Kapitäns schlüpfen und mit Mann und Maus untergehen musste - was ich
tat, indem ich mich mit Shula unter der Decke verkroch und über unseren bevorstehenden schlammigen Untergang grübelte.
Shula, unsere wunderschöne Seal-Point-Balinesenkatze mit denselben strahlend blauen Augen wie Tim (der Beweis für die Vaterschaft, sage ich oft), war ein zuverlässiger Partner, wenn es darum ging, sich irgendwo zu verkriechen. Wir hatten ihre Scheu stets mit »Na ja, wir haben sie wegen ihres Äußeren genommen« gerechtfertigt. Ich bestand auf meiner Meinung, dass Shulas Schönheit eher ein Fluch als ein Segen war, als wüsste sie, dass sie sich durchs Leben mogeln kann, nur weil sie atemberaubend schön ist, statt sich die Mühe zu machen, eine Persönlichkeit zu entwickeln. (Vielleicht war es auch nur eine Gemeinheit von mir, weil ich noch genau wusste, wie neidisch ich immer auf die hübschen Cheerleader auf der Highschool war.) Jedenfalls ist Shula eine Katze, die nur eine Mutter lieben kann.
Sie war nicht so geworden, weil Morty und Miles (die dicke Freunde waren) sich ständig gegen sie verbündeten (Morty, weil er es konnte, und Miles, weil er sie ein wenig piesacken wollte). Nein, von dem Augenblick an, als wir Shula unter dem Wohnwagen eines Bekannten gerettet hatten und sie ihren Kopf die gesamte Rückfahrt über in meinem Schoß vergraben hatte, war klar gewesen, dass sie ein neurotisches Opfer war. Vor unserer Busreise hatten alle unsere Freunde (okay, zumindest diejenigen, die sie jemals zu Gesicht bekommen hatten) ungläubig gefragt: »Aber ihr nehmt doch nicht etwa Shula mit, oder?« Unserer Meinung nach wäre sie im Bus ebenso unglücklich wie zu Hause. Man musste schon hart im Nehmen sein, wenn man in unserer kleinen pelzigen Familie überleben wollte.
Morty hatte natürlich überhaupt kein Problem, was das betraf. Ihn brachte nichts aus der Ruhe. Wenn Tim staubsaugen wollte, musste er den Kater beiseiteschieben. Im Gegensatz zu Shula zeigte Morty niemals so etwas wie Scheu. Wenn er einen Raum betrat (auch unser Schlafzimmer, während wir im Bett lagen), ließ er eine Reihe lautstarker MIAUs vom Stapel, als wäre er kein jämmerlicher Bastard unbekannter Herkunft, den wir aus einem Tümpel gefischt hatten, sondern Seine Hoheit persönlich, die höchst ungehalten darüber ist, seine Ankunft auch noch mittels Lauten kundtun zu müssen. Wann immer Tim sich Zärtlichkeiten von mir wünschte, sagte er: »Tu einfach so, als wäre ich Morty.« Er war nicht allein. Alle im Haus betrachteten mich als Mortys Mieze, denn wie im Knast (was unser Haus für unsere nicht freigängigen Katzen geworden war) fing Morty Shulas Blick auf, wenn er sie auf meinem Schoß sitzen sah, worauf sie augenblicklich völlig entsetzt den Rückzug antrat. Dann ging er ungerührt seiner jeweiligen Tätigkeit nach, um zu signalisieren, dass er in diesem Moment keine Verwendung für mich hatte. Er wollte nur, dass die anderen Insassen eines begriffen: Das ist meine Mieze.
Obwohl ich meinen Pudel heiß und innig liebe, hat Miles mich erkennen lassen, weshalb ich ein Katzenmensch bin. Er ist einfach immer so verdammt fröhlich - vom ersten Moment an, wenn er morgens aufwacht. Ich harmoniere eher mit Katzen, deren erste Reaktion, wenn sie geweckt werden, nicht ist: »Hey, hey! Welche faszinierenden Dinge hält dieser Tag wohl für uns bereit?«, sondern die mit einer noch empörteren Version meines alten Schlachtrufs »Was
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