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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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gemeinsam. Schließlich war sie in den Zwanzigern und sah absolut hip aus.

    Doch dies warf die Frage auf, wie ich so engstirnig hatte werden können. Als Ärztin war ich geübt darin, Informationen zu sammeln und mir ein Urteil über Menschen zu bilden, doch jetzt fragte ich mich, ob mir diese Ausbildung vielleicht nicht allzu gut bekommen war. (Leisten medizinische Fakultäten eigentlich Rückzahlungen bei Nichtzufriedenheit?) Was versäumte ich sonst noch, wenn ich so von meiner Überzeugung geblendet war, alle Fakten zu kennen? Wie viele andere Frauen mit Dreadlocks, im Punk- oder Gothiclook (ich liebe diese spitzen Schnürstiefel), alt oder jung, die sich scharenweise in Boulder herumtreiben, hatte ich gesehen und nicht einmal ansatzweise in Betracht gezogen, sie kennen zu lernen?
    Dann gingen wir mit Scott und seiner Frau aus. Er hatte die Firma vor einigen Jahren verlassen, doch wir waren immer noch in Kontakt. Ich hatte ihn als modernen Hippie eingeschätzt. Während unserer Zusammenarbeit hatte er mich stets mit »Kumpel« angesprochen, bis ich ihn leider im Scherz zur Ordnung rief. »Für dich immer noch Dr. Kumpeline, ja?« Leider deshalb, weil er mich seither genauso nennt. Diesmal stellte ich fest, dass ich mit meiner Einschätzung richtiggelegen hatte.
    Nach einem mit »Kumpel« und »Kumpeline« gespickten Abendessen im Hafen von Baltimore machten wir einen Spaziergang an der Promenade. Ich habe einmal einen Sommer in der Stadt gewohnt, vor fast fünfundzwanzig Jahren, als ich mit einem Mann zusammen war, der hier geboren und aufgewachsen ist, aber das ist eine andere Geschichte. Zu dieser Zeit war der Hafen gerade renoviert worden, und ich freute mich, jetzt, nach all den Jahren, das fertige Ergebnis zu sehen, noch dazu in der Begleitung von Einheimischen. Tim dagegen war völlig fasziniert von den
Reihenhäusern dort. Wir sinnierten darüber, wie es wäre, wenn wir dort leben würden. Wie Tim sich am Putztag, wenn all die Hausfrauen auf Händen und Knien ihre weißen Marmortreppen scheuerten, zu ihnen gesellen und Putztipps mit ihnen austauschen würde.
    Schließlich fuhren wir zum Haus meiner Cousine Jane (Dougs Schwester) in Chevy Chase. Als Tim Geschichten von unserer Reise zum Besten gab (wobei er geflissentlich sämtliche illegalen Missgeschicke und Pannen ausließ - schließlich ist sie Anwältin im Öffentlichen Dienst mit Schwerpunkt Sicherheit), wurde klar, dass Jane nicht nachvollziehen konnte, dass wir uns so prächtig auf unserer Reise amüsierten. Und als ich all das hörte, wurde mir bewusst, dass wir das tatsächlich taten.
    Wir reisten nach Süden durch Virginia und machten auf einem Campingplatz Halt, der laut unserem Führer Blick auf einen See bieten sollte. Eigentlich hätte ich mittlerweile wissen sollen, mich weder auf diese Parkbeschreibungen zu verlassen noch Rückschlüsse aus deren Namen zu ziehen, denn in den Reiseführern schien es vor falschen Werbeversprechungen nur so zu wimmeln: Der idyllisch klingende Whispering Pine RV Park entpuppte sich eher als »Ich wohne neben den Eisenbahngleisen, die mir das Gehirn rausblasen«-Park. Dann gab es den Vista View RV Park: mit Aussicht auf die örtliche Müllhalde, und was die Annehmlichkeiten des Campingplatzes angeht - sagen wir einfach, es gab eine vermooste Schwimmpfütze und eine Hundehütte mit einer Tischtennisplatte drin.
    Auf diesem Campingplatz in Staunton, Virginia, erwies sich der »See«, auf den uns »Blick« versprochen wurde, bestenfalls als Ententeich mit ein paar mickrigen Federtieren drin, die nicht einmal einer sauce à l’orange würdig
gewesen wären. Wenigstens befand sich die Anlage in der Nähe des Shenandoah National Park mit herrlichen Wanderwegen und dem 105 Meilen langen Skyline Dive, der einen atemberaubenden Ausblick bietet. Tim brachte mich sogar dazu, aus dem Jeep zu steigen und ein paar Schritte zu gehen. Wir fanden eine Markierung des Appalachian Trail (ein großes A mit einer vertikalen Linie im rechten Winkel zur horizontalen Linie des Buchstabens, so dass es wie ein Pfeil aussieht) und staunten, welcher Weg noch vor den Wanderern lag, bis sie zu der Stelle am Moosehead Lake gelangten, die wir gesehen hatten.
    Als wir den Park verlassen hatten, stießen wir überall auf Hinweisschilder auf die »Natural Bridge«, also beschlossen wir herauszufinden, was es damit auf sich hatte. Eigentlich ist es eine geologische Formation (ja, Tim war begeistert), eine durch Auswaschungen im Kalkstein

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