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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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Gepäck nicht), wanderte er herum und leistete mir beim Anstehen in der extrem langen Schlange vor der Kasse Gesellschaft. (Man könnte glatt glauben, das Management strebe ein Höchstmaß an Authentizität an, indem man so tat, als sei dies ein Checkin-Schalter am Flughafen.) In diesem Moment kamen zwei Typen in Tarnkleidung vorbei.
    »Die sind offenbar inkognito hier und wollen nicht gesehen werden«, flüsterte Tim. Gerade als es mir gelang, ein Kichern zu unterdrücken, schlenderte ein anderer Mann mit zwei Hockeyschlägern vorbei. (Wie um alles in der Welt kann man seine Hockeyschläger auf einem Flug verlieren?) Tim mimte Begeisterung.
    »Wow! Die haben hier sogar Hockeyschläger!«, rief er. Es schien, als wäre dem Paar vor uns die Absurdität der Situation ebenfalls nicht entgangen. Als die Frau ihrem Mann das Shirt zeigte, das sie kaufen wollte, verzog er das Gesicht. »Und was ist das? Ein Shirt, das deine Titten bedeckt?«
     
    Während unseres Aufenthalts in Atlanta übernachteten wir auf einem Campingplatz im nahegelegenen Marietta, der zwar versteckt, aber dennoch für jeden sichtbar war. Er befand sich inmitten hoher Bäume, unmittelbar neben einem stark befahrenen Highway und hinter einem Einkaufszentrum mit Gebrauchtwagenhändler, und war überraschend ruhig. Wir hatten fast das Gefühl, mitten auf dem Land zu sein. Also beschlossen wir, es bei unserem nächsten Halt in Savannah auch zu tun.
    Dort fanden wir den hübschesten Campingplatz des gesamten Jahres in einem staatlichen Park auf Skidaway
Island. Obwohl er vierzig Minuten vom Stadtzentrum entfernt lag, war es die Fahrt wert. Unser großzügiger Stellplatz unter mit Spanischem Moos behangenen Bäumen in dem weitläufigen Park war ein echter Genuss. Doch wir wollten es mit dem einfachen Leben nicht übertreiben, also stellten wir den Bus so hin, dass unser Satellitenfernseher und das Internet noch funktionierten.
    Es gab Tage, an denen wir Skidaway nicht einmal verließen, sondern stattdessen die Radwege durch die Sümpfe erkundeten. Zum ersten Mal konnte ich den Reiz des Campens nachvollziehen, draußen in der Natur zu sein, ohne all den Schnickschnack, da es so vieles zu tun und zu entdecken gab. (Okay, mochte ja sein, dass ich meinen gewohnten Schnickschnack wie Fernseher, Internet, Mikrowelle, ein großes Bett usw. um mich hatte, nur eben nicht in ihrer gewohnten Umgebung, sprich in einem Haus.) Doch das Gefühl verflog schnell mit der Ankunft unseres neuen Nachbarn. Er kam in einem ramponierten Van, stellte ein Zelt auf und war zuverlässig jeden Morgen um zehn Uhr betrunken. Diese Prozedur wiederholte sich jeden Tag (ohne den Teil mit der Ankunft und dem Aufbau des Zelts). Eigentlich hielt ich es durchaus für möglich, dass er auch schon vor zehn Uhr morgens betrunken war, doch da ich um diese Zeit noch schlief, wusste ich es natürlich nicht. Wann immer er uns sah, bat er uns, ihm unseren Bus zu zeigen, da er eines Tages aus Schrott-Teilen selbst einen bauen wollte und wisse, dass wir da »was ganss Besssonnderes« hätten. Wir lächelten nur und wimmelten ihn jedes Mal mit den lahmsten Ausreden ab, die uns einfielen.
    Nach ein paar Tagen stieß eine weibliche Verwandte hinzu. Lautstarke Streitereien waren die Folge. Vermutlich sagte sie ihm anständig die Meinung. Am nächsten
Morgen war er verschwunden. Zu seinem eigenen Besten hoffte ich, dass er unterwegs in die Betty-Ford-Klinik war. Doch ich musste wieder daran denken, das Dee Brown (der Bruder von Chris, dem Besitzer von Vanture, und pensionierter Eisenbahningenieur) gesagt hatte, um mir ein wenig Mut vor der bevorstehenden Reise zu machen. Dee zog ein Leben in einem Bus auf der Straße dem Dasein in einem Haus vor. In einem Haus, hob er hervor, saß man fest, wenn man seine Nachbarn nicht leiden konnte. In einem Bus fuhr man einfach weiter. Mittlerweile konnte ich dieses Argument nachvollziehen.
    In Savannah bewegten wir uns zu Fuß fort. Und zwar weit. Vom architektonischen Standpunkt aus ist Savannah eine der am besten erhaltenen Städte Amerikas, und die Spaziergänge gestatteten uns, alles in einem Tempo anzusehen, das man brauchte, um den Anblick auch genießen zu können. Trotzdem waren die Märsche, die wir, bewaffnet mit dem offiziellen Stadtführer und der Straßenkarte, zurücklegten, gewaltig. Sehr gewaltig. Wir gingen und gingen, nur unterbrochen von der einen oder anderen Besichtigung eines historischen Gebäudes, was ebenso Laufarbeit darstellte, wenn auch mit

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