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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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Sardinenbüchse gefangen, wenn auch in einer sehr entspannten, lässig-fröhlichen (aber genauso öligen - haben diese Leute denn keine Ahnung, wie schädlich Sonnenbaden ist?). Wir waren noch nie auf einem Platz, auf dem sich das Ausmaß an Charme umgekehrt proportional zur Privatsphäre verhält. Außerdem war es der mit Abstand teuerste des ganzen Jahres - unfassbare fünfundsiebzig Dollar pro Nacht. Aber da wir von Glück sagen konnten,
überhaupt einen Platz bekommen zu haben, blätterten wir die Kohle eben hin und Schluss.
    In Gehweite vom Campingplatz befand sich ein beliebtes Lokal - Hogfish Bar and Grill, wo man im Freien essen konnte. Man erzählte uns, das Flair dort komme dem echten Key West aus der Zeit nahe, bevor die Yuppies hier eingefallen waren. Wir nahmen Miles mit. Menschen, die keine Tiere mögen, besuchen dieses Lokal nicht, da die graue Katze dort (die, ganz nach der typisch lässigen KW-Manier, den vielsagenden Namen »Graue Katze« trägt) auf sämtliche Tische klettert.
    Wir hatten uns vorgenommen, die Keys in ihrer Gesamtheit ausgiebig zu erkunden, doch als wir erst einmal in Key West waren, hatte es uns die Lockerheit der Leute dort so angetan, dass wir zwei Wochen lang kaum die Insel verließen. Nicht dass die Einwohner faul wären. Weit gefehlt. Tatsache ist, auf dieser winzigen Insel versammelt sich eine beeindruckende Bandbreite an Protesten auf einer Fläche von knapp zwanzig Quadratkilometern - so exotisch die Gründe dafür auch sein mögen.
    Als die amerikanische Grenzbehörde 1982 eine Barrikade errichtete, um Fahrzeuge auf dem einzigen Highway, der die Keys mit dem Festland verbindet, nach illegalen Einwanderern und Drogen durchsuchen zu können, beschwerte sich der Stadtrat von Key West wiederholt über die Einschränkungen, die dies für die Bürger der Stadt darstellte, ebenso wie über den negativen Einfluss auf den Tourismus. Durchaus ein Argument, denn dies war das einzige Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass ein Teil des Landes wie ausländischer Grund und Boden behandelt wurde. Reisende auf dem Rückweg mussten sogar ihre Papiere zeigen und Durchsuchungen über
sich ergehen lassen. Am Ende kamen der Bürgermeister und die Stadtverwaltung auf eine grandiose Idee: Wenn die Bundespolizei die Keys wie ein eigenständiges Land behandelte, wieso dann nicht tatsächlich eines werden? Dies war die Geburtsstunde der Conch Republic. Motto: »Wir haben uns dort losgesagt, wo andere versagt haben.« Der Bürgermeister - äh, Premierminister - erklärte daraufhin den Vereinigten Staaten den Krieg, gab sich jedoch bereits eine Minute später geschlagen und forderte unverzüglich eine Milliarde Dollar staatlicher Unterstützung. Obwohl sie das Geld nicht bekamen, wurde die Blockade wenig später entfernt. Key West feiert heute jedes Jahr im April noch seinen Unabhängigkeitstag - eine Woche lang.
    1995 hatte ein Reservebataillon der US-Armee offenbar geplant, Truppenübungen durchzuführen, bei denen die Einnahme einer feindlichen Insel geprobt wurde. Das Problem war nur, dass sich keiner die Mühe machte, die Behörden in Key West darüber zu informieren. Also bereitete die Stadtverwaltung die Insel auf einen uneingeschränkten Angriff vor (was für die Conch Republic bedeutet, dass sie Wasserkanonen abfeuern und den Feind mit altbackenem Weißbrot bewerfen). Das Bataillon brachte nicht nur am nächsten Tag eine Entschuldigung vor, sondern ersetzte das Kriegsspielchen durch eine Kapitulationszeremonie.
    Erwähnenswert sind auch die inoffiziellen Botschaften der Conch Republic in so fernen Ländern wie Frankreich und Finnland. Infolgedessen verkauft die Republik auch »Pässe« wie Souvenirs. Manche Besitzer der mehr als zehntausend ausgestellten Pässe benutzten sie sogar als Reisedokument und verschafften sich damit nicht nur im Ausland, sondern auch in den USA Zugang. (Laut einem
Artikel im Miami Herald war möglicherweise sogar der Anführer der 9/11-Terroristengruppe im Besitz von einem.)
    Trotzdem reichen manchen Menschen all diese Kuriositäten noch nicht. Als ich das Fremdenverkehrszentrum am Mallory Square betrat, um uns eine kostenlose Straßenkarte zu besorgen, telefonierte die Mitarbeiterin hinter dem Tresen und schien reichlich aufgebracht zu sein. »Nein«, sagte sie mit zunehmend ärgerlichem Tonfall, ehe sie die Augen verdrehte. »Nein, ich fürchte, hier gibt es keinen Vergnügungspark.« Sie legte auf, wandte sich mir zu und lächelte.
    »Wie kann ich

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