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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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(einschließlich einer neun Tonnen schweren Tür, die mit einer einzigen Berührung des Fingers aufschwingt, und eines Teleskops, durch das man die Sterne beobachten kann) als regelrecht ansteckend. Obwohl ich bestenfalls die Hälfte verstand
(und ich legte mich wirklich ins Zeug, mächtig sogar), gab ich im Gegensatz zu damals, als er mir vor einem Jahr die Finessen des Busfahrens bis ins letzte Detail erklärt hatte, keinen einzigen Laut des Protests von mir.
    Zurück in Key West, fielen wir in unseren gewohnten Rhythmus zurück, nicht sonderlich viel zu tun, obwohl wir das Gefühl hatten, erfüllte Tage zu erleben. Wir nahmen Miles praktisch überall hin mit, da wir noch nie irgendwo gewesen waren, wo Hunde so willkommen waren, nicht einmal in unserer Heimatstadt. In Boulder soll es doppelt so viele Hunde wie Menschen geben. Wann immer ich mit Miles zum Autoschalter meiner Bank fahre, gibt es vom Kassierer ein Leckerli zu den Belegen. In Tims Lieblingseisenwarenladen, McGukin’s, sind angeleinte Hunde stets willkommen, und die Angestellten haben Hundeleckerli in den Taschen ihrer grünen Westen, die sie großzügig verteilen. (Was natürlich für Probleme sorgt, wenn wir mit Miles auf der Straße gehen, uns jemand mit einer Weste entgegenkommt und der- oder diejenige entsetzt zusammenfährt, wenn der Riesenpudel auf ihn oder sie zuläuft und zu schnüffeln beginnt.)
    In Key West fanden wir einen Hundestrand, wo wir etwas über unseren Hund lernten, was wir bislang noch nicht gewusst hatten. Wir versuchten stets, ihn zu bewegen, ins Wasser zu gehen, wenn wir an einem Fluss oder See vorbeikamen. Pudel sind immerhin Wasser-Apportierhunde. Er zeigte jedoch nie Interesse, selbst wenn wir Stöckchen warfen. Am Hundestrand von Key West begegneten wir einer Frau, die mit ihrem Labrador spielte und einen Tennisball ins Wasser warf, den er immer wieder herausholte. Bei unserem Anblick rief sie ihn zu sich, zeigte Miles den Ball und schleuderte ihn fort.

    »Oh, der mag kein Wa-«, sagten wir. Miles stürzte sich mitten in die Fluten. Dann fiel der Groschen. Es war nicht so, dass er kein Wasser mochte. Sondern nur kein kaltes. Kluger Hund. Er kam eindeutig nach seiner Mutter.
    Den Silvesterabend verbrachten wir auf der Duval Street (die an diesem Tag für Autos gesperrt war) und besuchten verschiedene Bars und Restaurants. Wir waren noch nie beim Mardi Gras gewesen, vermuteten jedoch, dass es beinahe genauso gut sein musste: Frauen, die ihre Dekolletees zur Schau stellten, um die Aufmerksamkeit der Männer zu erregen, die sie von Balkonen herunter mit Perlen bewarfen. Eine, die mit einem geradezu beneidenswerten Selbstwertgefühl gesegnet war, hatte nichts, was sie zur Schau stellen könnte (O.k., bis auf das Bodypaint, das ihren Körper bedeckte). Und alle liefen mit Getränkebechern in der Hand herum (Tims war mit Bier gefüllt, ich trank eine Margarita), als wäre die Straße ein Hotel in Vegas. In einer Bar wurde ein Highlight namens »Dropping of the wench« angepriesen: Um Mitternacht wurde ein Mädchen am Mast eines Schoners angebunden und während des Countdowns langsam heruntergelassen. (Das Mädchen trug ein Piratenoutfit und nach ihrem gelassenen Grinsen zu schließen, hatte sie keinen Funken Angst.) Zu Halloween soll es sogar noch ausgelassener zugehen. Vielleicht nächstes Jahr .
     
    Wir hatten einige Tage zum Ausruhen, bevor wir die Fahrt in Richtung Disney fortsetzten. In Key West hatten wir - auch Tim - uns angewöhnt, erst gegen zehn Uhr aufzustehen. Während es für mich kaum einen Unterschied zu früher darstellte, da ich spürte, wie mich die Sirenen riefen, mich dem Sog des Schlafes hinzugeben (ein Zustand, den
Mister Nervig-protestantische Arbeitswut als »widerwärtig faul« bezeichnete), empfand mein Mann es als verabscheuungswürdig. Zu Hause stand er grundsätzlich um halb sieben Uhr auf. Natürlich waren wir an unserem letzten Abend vor der Abreise so aufgeregt, am nächsten Morgen ja früh (um sieben Uhr) aufzuwachen, weil uns eine lange Fahrt bevorstand, dass keiner von uns einschlafen konnte.
    In Wahrheit sind wir keine Disney-Fans. Ich meine, Disney-Fans fragen sich beim Anblick des Guest-Relations-Schalters nicht: »Hey, verkaufen die hier auch Kondome?« Disney-Fans schneiden nicht mit Absicht Grimassen in der Achterbahn, wenn der Auslöser klickt (meine Lieblingsgeste ist, so zu tun, als würde ich mir den Finger in den Hals stecken). Disney-Fans schreien nicht bei jeder sich bietenden

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