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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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vorbereiten sollen, da die Ausstellung selbst nur sehr dürftig den Zusammenhang zwischen der dreizehntägigen Belagerung und der einstündigen Schlacht erklärte, die diesem Zustand ein Ende setzte. Zwar sagte man uns, im Mittelpunkt dieses »Schreins für die texanische Freiheit« habe die Selbstaufopferung gestanden,
insbesondere für die Unabhängigkeit des Staates Texas, trotzdem war es ein wenig frustrierend, keinerlei Hinweis darauf zu bekommen, was die eifrigen Unabhängigkeitskämpfer tatsächlich getan hatten. Stattdessen blieb es an uns hängen, uns einen Reim aus den Aussagen der diversen Hinweistafeln zu machen. Nett war, dass wir Davy Crocketts Weste zu sehen bekamen, ein hübsches, hellbraunes Lederexemplar mit geschmackvollen, wenn auch dezenten bunten Zierpaspeln. Woher kommt es nur, dass in sämtlichen Geschichtsbüchern verschwiegen wird, was für ein modebewusstes Kerlchen der gute alte Davy war? Natürlich hatte er schon immer ein gewisses Flair gehabt: Nachdem er die Wiederwahl für das US-Repräsentantenhaus verloren hatte, rief er seinen Wählern erbost zu: »Ihr könnt zur Hölle fahren, ich fahre nach Texas!« Dort starb er nicht einmal sechs Monate später.
    Zu diesem Zeitpunkt unserer Reise hatten wir uns angewöhnt, die Einheimischen nach Empfehlungen für interessante Unternehmungen zu fragen, statt uns auf einen Reiseführer zu verlassen. Doch dann begingen wir den Fehler, den Manager des Campingplatzes zu Rate zu ziehen, der uns einen Tagesausflug mit dem Jeep zu ein paar hübschen, »malerischen« Bergdörfern ans Herz legte. »Ich kann nicht glauben, dass er uns diese Scheißdörfer empfohlen hat«, beschwerte ich mich bitter. Doch dann kam ich auf eine ausgezeichnete Idee: Ich sollte selber einen Reiseführer schreiben.
    »Du könntest ein Bewertungssystem einführen. Klodeckel hoch steht für gut, Klodeckel runter für schlecht«, schlug Tim vor.
    Auf dem Weg nach Tucson bleiben wir bei einer Raststätte in Segovia, Texas, stehen. »Sprit, Essen und schöne
Kellnerinnen«, versprach das Werbeplakat. Ich war ein wenig beleidigt, doch bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass zwischen »schöne« und »Kellnerinnen« noch das Wort »alt« stand.
    Das Spannendste, was ich auf der neunstündigen Fahrt durch die endlose Wüste von San Antonio nach El Paso zu sehen bekam, war die Uhr auf meinem Mobiltelefon, die von Central Standard auf die Mountain Standard Time umsprang. Schließlich kamen wir an einem riesigen zementblockartigen Gebäude vorbei, das von einem hohen Elektro-Stacheldrahtzaun umgeben war. Am Straßenrand standen Schilder, die Autofahrer davor warnten, Tramper mitzunehmen.
    »Ich schätze, wenn man hier draußen leben muss, ist das Gefängnis gar keine so üble Alternative«, bemerkte ich.
    Zwischen unserer Zeit als Ärzte im Praktikum und der Eröffnung unserer Privatpraxen lebten Tim und ich fast zehn Jahre in Tucson, deshalb freuten wir uns darauf, einige der Orte in Old Pueblo zu besuchen, an denen wir uns früher immer herumgetrieben hatten. Besonders freuten wir uns auf unseren Lieblingsmexikaner (es ist ziemlich schwierig, in Boulder anständiges mexikanisches Essen zu bekommen).
    Gleich am ersten Abend gingen wir zu Sanchez Burrito Company, in der Hoffnung, dass sie immer noch unsere Lieblingsgerichte auf der Karte hatten. Hatten sie. Auch das Restaurant selbst hatte sich nicht im Mindesten verändert: klein, spärlich dekoriert, dafür Resopal, so weit das Auge reicht. Keine Kellner, kein Schnickschnack, keine Probleme - und noch nie ein Gericht, das nicht geschmeckt hätte. Wir inspizierten die große beleuchtete Speisekarte neben der Tür und gaben der jungen Frau hinter
dem Tresen die Bestellung durch. Nachdem wir uns etwas zu trinken besorgt hatten, setzen wir uns in eine Nische und warteten darauf, dass Tims Name aufgerufen wurde. Wir waren die einzigen Gäste und schoben es darauf, dass Montag war. Das Sanchez’ hatte doch nicht etwa nachgelassen? Nach ein paar Minuten folgte die Bestätigung, dass es nicht so war: Unser Essen war fertig. Tim ging zum Tresen (wie gesagt: keine Kellner, kein Schnickschnack) und trug unser Essen auf einem Plastiktablett zum Tisch. Wir legten los. Hmmmm … Was war das?
    Ein Mann in der Tür begann zu schreien. Wir nahmen an, dass der Koch und das Mädchen hinterm Tresen nur Unsinn machten, bis wir sie schreien hörten. Ich saß mit dem Rücken zur Eingangstür, doch ehe mich umdrehen konnte, erblickte Tim einen

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