Eine Frau - Ein Bus
schrie ich. »Lebensmittelläden sind noch ein beliebteres Ziel für Überfälle. Auf gar keinen Fall!« Ich ließ mich nicht umstimmen und bot ihm stattdessen an, ihm einen Martini seiner Wahl zu mixen. Gute Idee. Ich konnte selbst ein paar gebrauchen.
Rückblickend betrachtet war unser Täter nicht allzu schlau gewesen. Der Tresen war von außen gut sichtbar, und hätte er gewartet, bis das Mädchen in der Nähe der Kasse stand statt im hinteren Teil des Restaurants, hätte er möglicherweise etwas Geld erbeutet. Offen gestanden ist es eigentlich beschämend, sich vor einem Räuber zu fürchten, der so dämlich ist. Ich hätte mich besser gefühlt, wäre unser Schnellrestaurant-Gangster nur ein klein wenig von der geistig schnelleren Truppe gewesen.
Am nächsten Tag traf ein Paket für mich auf dem Campingplatz ein. Meine Hände zitterten immer noch, trotzdem schaffte ich es wenigstens, das Papier aufzureißen. Was um alles in der Welt konnte das nur sein? Oh. Natürlich. Ein paar Richard-Tyler-Pantöffelchen, die ich mir über Ebay in der Woche zuvor gekauft hatte. (Obwohl ich nicht mehr die Einkaufszentren stürmte, genoss ich es immer noch, ausgewählte Designerstücke online zu erstehen.) Ich starrte die Schuhe an. Klar, ich fand die perfekt proportionierten Pfennigabsätze toll, ebenso wie die schicke Perlmuttspange, die exquisite Verarbeitung der Lederschließe, die … Ich packte die Dinger ein und holte sie nie wieder aus der Schachtel.
Für diesen Moment, auch wenn ich nicht wusste, wie lange er andauern würde, kümmerten mich diese Schuhe nicht. Tim und ich waren am Leben … und glücklich. Ich wusste immer, dass ich von meinem Mann geliebt und verehrt werde (selbst als er mich uncharmanterweise mit seinem
Bustraum aus meinem Leben gerissen hat), aber ich hatte gerade miterlebt, wie er mich beschützt und mein Leben über sein eigenes gestellt hatte. Angesichts dessen, was wir in diesem Jahr durchgemacht hatten, bekamen diese Schuhe - selbst so ein Paar - einen angemessenen Platz in meinem Universum zugewiesen; einen Platz, der mir eine eher distanzierte Bewunderung für Gegenstände im Allgemeinen erlaubte. Vor uns lagen noch fünf weitere Monate auf der Straße, und ich ertappte mich dabei, dass ich mich darauf freute, all die Möglichkeiten zu entdecken, wie die emotionale Energie, mit der ich mich normalerweise an Gegenstände klammerte, nun frei wurde, um sie in andere Richtungen zu lenken.
Obwohl wir vorgehabt hatten, während unseres Aufenthalts in Tucson häufiger zu Sanchez’ zu gehen, kamen wir nie wieder zurück. Doch in Tucson gab es eine ganze Menge anderer hervorragender mexikanischer Restaurants - vielleicht sogar zu viele, wenn man den Zustand meines Dickdarms bedachte. Eines Abends lagen wir im Bett, als Tim die Decke anhob und rief: »Holla, Aufseher! Ich habe meine Henkersmahlzeit noch nicht bekommen!«
Angesichts der Tatsache, dass uns unsere Reise bislang die gesamte Bandbreite von großartig bis absolut lächerlich (einschließlich zu vieler Ausflüge in geradezu todesverachtende Gefilde) abgedeckt hatte, ohne dass unsere Ehe dadurch Schaden genommen hatte, taten wir in Las Vegas, unserem nächsten Ziel, was uns am natürlichsten erschien: Wir erneuerten unseren Heiratsschwur im Bus … mit Elvis als Trauzeugen.
Doch das war nur das Zweitverrückteste während dieses Jahres.
Kapitel Zehn
Nackte Tatsachen
Nudistennektar
2 Teile Apfelwodka
1 Teil Apfelschnaps
½ Teil Butterscotch-Schnaps (mit leckerem Karamell-
geschmack)
Eine Augenbinde umlegen, Zutaten in den Shaker geben und mixen. (Hingucken ist unhöflich.)
V on einem zweiarmigen, nicht allzu hellen Banditen fuhren wir zu den einarmigen Banditen und dem gleißend hell erleuchteten Las Vegas … mit einem Wechselstromgenerator, der den Geist aufzugeben drohte.
Kurz nachdem wir Tucson verlassen hatten, fiel Tim auf, dass die Nadel am Voltmeter abfiel. Wartete hier ein Projekt auf Allround-Freak? Wenn man das immense Wissen bedachte, das er sich aus seiner Lieblingsradiosendung »Car Talk« angeeignet hatte, konnte die Antwort nur »Ja« lauten. Jede Woche den Ausführungen der beiden Moderatoren namens Click und Clack zu lauschen, war für Allround-Freak wie die elektromagnetische Direktverbindung
zur Abteilung »Fahrzeuge« im Tempel der Propheten - wobei die anderen Abteilungen »Heimwerkerarbeiten«, »Gartenarbeit« und »Unsinn, zu dem mich meine Frau zwingt« waren. Schnell war ihm klar, dass die fallende
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