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Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Titel: Eine Frau flieht vor einer Nachricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Grossman
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natürlich sehr vorsichtig und mit Takt, aber plötzlich war um mich herum wieder diese Klebrigkeit der Mädchen, wie mit vierzehn, alle wissen genau, was gut für mich ist und was ich wirklich brauche, und machen mir klar, dass ich immer, abgesehen von Ada, viel besser mit Jungen als mit Mädchen ausgekommen bin.
    Vor allem ihre giftigen Spitzen gegen Ilan konnte ich nicht ertragen, denn ich sag dir, trotz allem hab ich ihn verstanden, und ich wusste auch, dass nur ich wirklich verstehen konnte, was mit ihm los war. Dass auf der ganzen Welt nur wir beide das verstehen können, und vielleicht noch du, wenn du damals überhaupt irgendetwas verstehen konntest.
    Avram nickt vor sich hin.
    Sie streckt sich und massiert ihren steifen Nacken, nicht leicht, das alles.
    Ja, sagt er, und massiert sich ebenfalls den Nacken.
    Sie prüft, ob sie Ofer so lange alleinlassen kann. Sie sendet einen inneren Strahl aus, tastet vorsichtig die Gebärmutter, das Herz, die Brustwarzen, den empfindlichen Punkt über dem Bauchnabel, die Kuhle unter dem Hals, die Oberlippe, linkes Auge, rechtes Auge, und bildet schnell das Gefühl von Ofer in sich, wie in dem Malspiel, wo manverschiedene Punkte der Reihe nach miteinander verbindet – Ofer scheint okay zu sein, auf eine etwas unklare Art erstarkt Ofer sogar ein bisschen, während sie so redet und Avram ihr so zuhört.
    Adam hatte ich die meiste Zeit des Tages bei mir, erzählt sie, als sie auf dem schmalen Pfad an der Felswand weitergehen. Seit Ilan sich aus dem Staub gemacht hatte, weigerte er sich, allein zu bleiben, klammerte sich wie ein Äffchen an mich, Tag und Nacht, und ich war zu schwach, mich dagegen zu wehren, und ich habe ihn in unserem, das heißt in meinem Bett schlafen gelegt, das heißt in unserem, in Adams und meinem Bett.
    Fast zwei Jahre lang hat er bei mir geschlafen, gegen alle Ratschläge, ich weiß, aber ich sage dir, ich hatte nicht die Kraft, wenn er schrie, mit ihm zu kämpfen; ich hatte auch nicht immer die Kraft, ihn nach dem Stillen zurück in sein Bett zu bringen, und es war ja auch ganz angenehm, nach dem Stillen mit ihm einzuschlafen, mit einem warmen Körper neben sich.
    Sie lächelt: Es war, als kehrten wir nach kurzer Störung in unsere natürliche Situation zurück, ein Körper, ein Organismus, der für fast alle Bedürfnisse selbst aufkommt und niemanden um einen Gefallen bitten muss.
    Meine Mutter und ich waren ein bisschen so, denkt Avram, in den ersten Jahren, nachdem er uns verlassen hatte.
    Du und deine Mutter, ihr wart vielleicht ein bisschen so, sagt sie ihm mit einem Blick, ich hab die ganze Zeit daran gedacht, was du mir erzählt hast. Ich hab in dieser Zeit viel an euch gedacht.
    Ilan rief weiterhin pünktlich jeden Tag an, und ich habe mit ihm geredet, oder besser ihm zugehört. Manchmal – hab ich dir ja schon gesagt, wie diese Frau da von Cocteau, dieses entsetzliche Weibchen, nur eben auf Ivrith – hab ich ihm sogar alle möglichen Ratschläge gegeben, zum Beispiel wie er Tintenflecke wegkriegt oder ob man dieses oder jenes Hemd bügeln darf. Ich hab ihn dran erinnert, zur Zahnsteinentfernung zu gehen, hab mir sein Gejammer angehört, wie schwer es ohne mich ist. Ein Fremder hätte gedacht, das sei ein ganz normales Gespräch zwischen der kleinen Frau und dem Mann, der auf einer kurzen Geschäftsreise ist.
    Und manchmal hab ich einfach ins Leere gestarrt und zugehört,wenn er mir erzählte, was er so macht, wie er mit dem Studium vorankommt, der Dozent für Strafrecht habe schon ein Auge auf ihn geworfen, und die Assistentin des Professors in Vertragsrecht habe ihm gesagt, mit seinen Noten könne er ein Referendariat am Obersten Gerichtshof bekommen. Und ich hab mir das alles angehört und mir gedacht, wie tief ich in Adams Kacke stecke, in den Problemen mit dem Windeldienst, mit meinen wunden Brustwarzen, und er schwebte da in seinem Diamanthimmel …
    Aber die Sache mit dem Kino hat er aufgegeben, fragt Avram leise, oder?
    Gleich nach dem Krieg, sagt sie.
    Ja?
    Du weißt schon, nachdem du zurückgekommen bist.
    Aber er wollte doch so sehr.
    Gerade deshalb.
    Ich war mir immer sicher, er würde eines Tages doch …
    Nein, sagt Ora, er hat das abgeschnitten, wie Ilan Sachen abschneidet. Sie macht mit der Hand die Bewegung und spürt, wie sie selbst auf der anderen Seite des Messers runterfällt.
    Meinetwegen? Weil das mit mir passiert ist?
    Nicht nur deswegen, sagt sie, er hatte noch andere Gründe, sie bleibt stehen und schaut ihn

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