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Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Titel: Eine Frau flieht vor einer Nachricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Grossman
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fragte, gehören die uns? Ja. Was, alle? Ja, und das ist noch lange nicht alles, was wir haben.
    Ofer fuhr mit dem ausgestreckten Arm durch die Luft, zeigte die ganze Reihe der Panzer entlang, die da in einem Halbkreis standen – einige, noch aus dem Zweiten Weltkrieg, waren nicht mehr in Gebrauch, Metalligel und Eisenschildkröten, alte erbeutete Panzer aus mindestens drei Kriegen. Er wollte auf einen anderen Panzer klettern, auf noch einen und immer weiter. Ehrfürchtig fuhr er mit den Fingern über Raupenketten,Turmluken, Ausrüstungskisten, Motorabdeckungen und ritt auf den Geschützrohren. Um halb zehn saßen sie beide im Restaurant der Tankstelle von Latrun, und Ofer verdrückte einen riesigen griechischen Salat und ein Omelette aus drei Eiern.
    Vielleicht war diese Schocktherapie, die ich ihm da angedeihen ließ, ein bisschen primitiv, aber sie hatte Erfolg. Und außerdem, murmelt sie trocken, dachte ich damals, was für ein ganzes Land gut ist, ist auch gut für mein Kind.

    Mitten auf einer Wiese, am Fuß einer großen Eiche, liegt ein Mann. Sein Kopf ruht auf einem Stein, neben ihm ein Rucksack, aus dessen Tasche Oras blaues Notizbuch herausragt.
    Verlegen stehen sie neben ihm. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, nähern sie sich dem Notizbuch. Ora nimmt aus irgendeinem Grund hastig die Brille ab und versteckt sie in ihrer Tasche. Sie und Avram schauen sich um, runzeln die Stirn und versuchen zu verstehen, wie er es geschafft hat, sie zu überholen und vor ihnen an diese Stelle zu gelangen. Fast neidisch denkt Ora, mit welcher Ruhe und Sicherheit er sich so wehrlos der Welt aussetzt und völlig ungeschützt mitten auf der Wiese liegt. Sein dunkles, männliches Gesicht ist offen. Die Brille an der Schnur um den Hals sitzt wie ein großer, bunter Schmetterling auf seiner Brust.
    Avram macht ihr ein Zeichen, wenn sie nichts dagegen hätte, würde er das Notizbuch jetzt nehmen. Sie zögert. Ihr Notizbuch liegt so bequem in der Tasche seines Rucksacks, als wäre da auch für sie selbst dort noch Platz.
    Doch Avram marschiert bereits vorsichtig los, zieht es wie ein geübter Taschendieb aus dem Rucksack und bedeutet Ora, jetzt schleunigst zu verschwinden, wenn sie keine Probleme, Gespräche und Erklärungen wollten, schon gar nicht mit einem, der schon bei ihrer ersten Begegnung den Fehler gemacht hatte, die Nachrichten zu erwähnen.
    Sie drückt das Notizbuch an die Brust, nimmt die dort gespeicherte Wärme in sich auf. Der Mann schläft weiter. Ein Büschel grausilbriges Haar schaut aus dem Hemdkragen und weckt in ihr eine unerklärliche Sehnsucht, ihren Kopf da hinzulegen, sich ganz und gar einem tiefen, ansteckenden Schlaf wie dem seinen hinzugeben. In einer plötzlichen Anwandlung reißt sie sie letzte Seite aus dem Notizbuch und schreibt: »Ich habe mein Notizbuch wieder an mich genommen. Auf Wiedersehn, Ora.«
    Sie zögert einen Moment und schreibt ihre Telefonnummer zu Hause dazu. Falls er doch eine ausführlichere Erklärung möchte. Als sie sich hinunterbeugt, um den Zettel in die Tasche seines Rucksacks zu stecken, sieht sie wieder die beiden goldenen Eheringe, einen am Ringfinger, den anderen am kleinen Finger.
    Mit dem angenehmen Gefühl einer gelungenen List schleichen sie davon, ihre Augen blitzen in kindlichem Übermut, und schon beim Gehen blättert sie in ihrem Notizbuch und stellt verwundert fest, wie viel sie in dieser einen Nacht im Wadi geschrieben hat; sie überfliegt ihre Zeilen mit seinen Augen.
    Der Weg ist freundlich, windet sich sanft, und die Hündin springt um sie herum, läuft manchmal neben ihnen her, bleibt dann ohne Grund mit hängender Zunge vor ihnen stehen, setzt sich und dreht den Kopf in Oras Richtung, die schwarzen Bögen über ihren Augen heben sich ein bisschen, und Ora antwortet ihr mit einer ähnlichen Geste.
    Das ist eine lächelnde Hündin, siehst du? Sie lächelt uns an.
    Doch beim Abstieg, während sich unter ihren Schuhen immer wieder Steine lösen und talwärts rollen, lässt ihr der Gedanke keine Ruhe, es könne gar nicht sein, dass sie in einer Nacht so viel geschrieben hat. Bei einem großen Felsen, der geheimnisvoll rechteckig aufragt, muss sie stehenbleiben: Sie holt das Notizbuch aus dem Rucksack, setzt die Brille wieder auf, blättert das Notizbuch durch und stößt einen kleinen Schrei aus: Hey, sie kriegt kaum Luft und zeigt Avram das Notizbuch, das ist die Schrift von dem Mann!
    Avram betrachtet die aufgeschlagene Seite, sein Gesicht legt sich in

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