Eine Frau flieht vor einer Nachricht
offen vor ihrem Gesicht liegen. Sie rührte sich nicht. Er zog sich aus ihr zurück. Ein Moment verging, noch einer. Er atmete erschöpft. Sein Gesicht nahe an ihr, rollte er sich hilflos zusammen. Ein Zittern durchfuhr ihren Körper.
Ilan, murmelte sie, ihre Schläfen begannen stark zu pochen, kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Haut. Das Klopfen ihres Körpers klang wie eine Botschaft. Sie stemmte sich auf die Ellbogen und sah aus, als lausche sie.
Ilan, ich glaube …
Ora, was haben wir getan? Sie hörte ihn erschreckt flüstern, was haben wir getan?
Sie berührte ihre feuchten Schenkel und roch: Ilan, ich glaube es geht los.
Avram erkundigt sich jetzt nach den tiefen Rissen, die sich schon zu seiner Zeit in den Wänden des Hauses gezeigt haben, vor allem in der Küche, aber auch im Schlafzimmer; er fragt sich, ob das Haus im Laufe der Jahre immer schiefer geworden ist und wie sie und Ilan das Problem der Türbalken gelöst haben, die sich schon damals aus der Verankerung lösten. Er möchte wissen, ob der große Wandschrank noch in seinem Zimmer steht, und sie erzählt, solange die Familie in diesem Haus wohnte, bis zu ihrem Umzug nach Ejn Karem, habe der Schrank dort gestanden und wie ein Patriarch über das Zimmer regiert. Und auch den Schrank im Schlafzimmer hätten sie behalten, wir haben fast nichts verändert, nur in der Küche ein bisschen, das hab ich dir schon erzählt, und unten im Keller, das Nähzimmer, als die Jungs größer wurden.
Der Aufstieg ist schwer, an diesem Tag ist es schon früh furchtbar heiß, und sie merken, dass der Tabor steiler ist als alle anderen Berge, die sie bisher erklommen haben. Manchmal drehen sie sich um und gehen rückwärts weiter. So lassen wir den quadriceps etwas ausruhen, erklärt sie, und dafür ein bisschen seine beiden Genossen arbeiten – sie klopft sich mit beiden Händen auf den Hintern – den gluteus maximus und den gluteus medius , die können sich ruhig auch mal anstrengen.
Bei diesem umgekehrten Laufen mit Blick auf Kfar Tabor und das Jawneel-Tal geht er mit ihr durch jedes Zimmer des Hauses, fragt nach dem Flur mit der Nische in der Mitte, nach der unnötig hohen Türschwelle zum Schlafzimmer, nach den dicken Wasserrohren, die zum Teil nicht unter Putz lagen. Er erinnert sich an jeden Makel und auch an jedes schöne Eckchen in diesem Haus. Als hätte er nie aufgehört, in ihm herumzulaufen und täglich nach ihm zu sehen. Er fragt, ob die Sickergrube im Keller weiterhin jedes Mal, wenn es regnete, über ihre Ufer trat. Dafür war Ofer zuständig, sagt Ora: Er rief immer Überschwemmungsbereitschaftaus und stellte Abzieher, Eimer und Lappen bereit, und mit der Zeit wurde er trickreicher und installierte eine kleine Pumpanlage, die hättest du sehen müssen, so ein Motor mit zwei Schläuchen, und löste damit ein Problem, das offenbar schon so lange existierte wie das Haus selbst.
Er hat uns auch ein Bett gebaut, die Worte sprudeln aus ihr heraus, dabei hat sie das Gefühl, sie sollte ihm das lieber nicht erzählen, aber sie waren in guter Stimmung, und warum eigentlich nicht?
Er hat selbst ein Bett gebaut?
In der neunten Klasse oder in der zehnten, ja. Sie atmet mühsam, lehnt sich an eine schiefe Kiefer. Das ist unwichtig, aber hör zu, was mir noch eingefallen ist – klug ändert sie die Richtung, denn als Avram fragte, hatte er so eine schmerzhafte Falte in der Stimme, als biege ihm jemand die Stimme nach hinten – und sie erzählt, wie Ofer etwa mit drei Jahren zu ihr kam und ihr verkündete: Ich will dir eine Geschichte erzählen. Ich höre, hatte sie gesagt und gewartet und gewartet, und Ofer hatte lange mit feierlichem Gesicht in eine ferne Ecke des Zimmers gestarrt, dann tief Luft geholt und mit vor Aufregung heiserer Stimme gesagt: Und dann …
Und dann? fragte Avram nach einem Moment.
Das hast du nicht verstanden, sagte sie, und ihr Lachen kullert bis ans Ende des Tals.
Ah, sagt Avram verlegen, das war die ganze Geschichte?
Und dann, und dann … Das ist doch das Wichtigste bei Geschichten, oder?
Die ist sogar kürzer als meine kürzeste Geschichte, sagt Avram mit einem großen Lächeln, beugt sich vor, stützt die Arme auf die Knie, atmet heftig.
Wie ging die noch?
»Am Tag, als ich geboren wurde, hat sich mein Leben bis zur Unkenntlichkeit verändert.«
Ora seufzte und sagte: Und dann …
Dann hat er euch ein Bett gebaut.
Am Anfang wollte er eigentlich ein Bett für sich bauen, erklärt sie Avram. Sie hatte ihn
Weitere Kostenlose Bücher