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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Generälen oder Präsidenten geschieht, ist mir völlig wurscht . Das Land schwimmt auf öl. Und öl gibt ihm ein Tempo, das sogar mir manchmal ein wenig unheimlich wird. Caracas bläht sich auf wie ein Ballon. Die Stadt wächst von Stunde zu Stunde. Man reißt ganze Viertel ein und baut sie in einem Rekordtempo wieder auf. Wohnpaläste aus Stahl, Glas und Beton. Man baut die breitesten Straßen der Welt, die komfortabelsten Hotels der Welt, die kühnsten Brücken der Welt, die modernste Universität der Welt, die teuersten Regierungspaläste der Welt und die riesigsten Flughäfen der Welt...«
    »Diese Superlative regen mich langsam auf...«
    »Ich kann nichts dafür. Es ist ein Land der Superlative. Und es wird ein Land der Superlative bleiben, solange die Ölquellen fließen.«
    »Dann sind Sie also als Architekt genau am richtigen Platz gelandet«, sagte Anita Eyssing und nippte an ihrem Glas.
    »Ja, ich kam mit dem richtigen Beruf im richtigen Moment in das richtige Land.«
    Er kam ins Erzählen, und er erzählte farbig, witzig und interessant. Seine Worte waren an Anita Eyssing gerichtet, und er spürte, daß sie bei ihr ankamen. Er schilderte den schmalen Talkessel, in dem die Stadt unter der flimmernden Tropensonne lag, ihre grellbunten Hochhäuser, die von den beiden sechzig Meter hohen Torres überragt wurden, die breite Autopiste, die mitten durch die Stadt lief, den Avilaberg und das Humboldt-Hotel mit seinen fabelhaften Bequemlichkeiten, der fabelhaften Aussicht und den fabelhaften Preisen. Und das Schneckenhaus am Tarpeya-Felsen ...
    Es war zehn, als Anita Eyssing auf ihre Armbanduhr blickte und um Entschuldigung bat, daß sie aufbrechen müsse, sie habe noch zwei dringende Briefe zu schreiben, die keinen Aufschub vertrügen.
    Dyrenhoff erhob sich ein wenig ächzend aus seinem Sessel, um Anita Eyssing zur Bahn zu begleiten, aber Werner drückte ihn in die Polster zurück und bat Anita Eyssing, sie zum Bahnhof begleiten zu dürfen. Sie zögerte sekundenlang, ehe sie ihre Zustimmung gab. Er ließ sich von Gerda den Schlüssel geben, der Gartentor, Garage und Haustür zugleich sperrte, und bat, nicht auf ihn zu warten, da er auf dem Rückweg wahrscheinlich noch eine längere Runde drehen werde. Er hatte vier Tage sitzend zugebracht und das Gefühl, innerlich eingerostet zu sein. In der Diele half er Anita Eyssing in die Kostümjacke und schlüpfte selber in seinen blauen Regenmantel. Die Nacht war empfindlich kühl und windig. Die Wolken flogen niedrig über den Himmel und rissen nur selten auf, um ein paar Sterne zu zeigen.
    Dyrenhoff trat mit Gerda noch für eine Minute vor die Haustür und blickte den beiden nach. Er warf den Rest seiner Zigarre in die kahlen Himbeersträucher und nahm die beschlagene Brille ab.
    »Dein Brüderchen hat sich vor ihr aber mächtig ins Geschirr gelegt...!« murmelte er hüstelnd.
    »Du merkst aber auch alles, Dyrenhoff...«
    »Hm...«, machte er.
    »Ist das alles, was du zu sagen hast?«
    »Vorläufig ja.«
    »Und wenn es etwas Ernsthaftes zwischen den beiden wird?«
    »Dann muß ich mich um eine neue Sekretärin umsehen. Aber ich glaube nicht recht daran.«
    »Und warum nicht?« fragte Gerda interessiert.
    »Schwer zu erklären«, murmelte er. »Aber sie hat etwas in ihrem Wesen, was jeden Mann auf Distanz hält. Manchmal kommt sie mir wie eine künstliche Blume vor, höchst schikanös, aber eben ohne Duft. Und ich glaube nicht daran, daß die Kolibris aus Venezuela auf künstliche Orchideen fliegen.«
    »Lieber Gott, was für ein Vergleich!« spöttelte Gerda, aber innerlich war sie doch ein wenig betroffen. »Werner hat mich ziemlich ausgequetscht, aber als ich ihn fragte, ob er sich für sie interessiere, sagte er, sie sei nicht sein Typ...«
    »So? Nun, das möchte ich fast glauben. Sein Geschmack war immer ein wenig handfester...«
    »Schau an, mein kleiner Menschenkenner! Du gebrauchst fast seine Worte. Aber weißt du, wer sein Typ ist? Du errätst es im Leben nicht!«
    Er blinzelte durch die Dunkelheit: »Ich möchte annehmen — Christine.«
    »Dyrenhoff!« rief sie fast erschreckt, »bist du unter die Gedankenleser gegangen?«
    »Es gehörte nicht viel dazu. Ich kenne einige seiner verflossenen Bräute. Und außerdem dürfte er in den paar Stunden, die er hier ist, nicht allzu viele Damen kennengelernt haben.«
    »Das mit Christine war natürlich nur ein Scherz von ihm!« sagte Gerda, aber es klang nicht allzu sicher.
    »Meinst du?« knurrte Dyrenhoff. »Dein

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