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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Gib’s nur ruhig zu...«
    »Wer sagt dir, daß ich sie nicht leiden kann?« flüsterte Christine ärgerlich.
    »Das spürt man doch...«
    »Jetzt wird es aber Zeit, daß du wieder in dein Bett kommst...!«
    »Du bist mir doch nicht böse, Christine?« fragte Karin erschrocken.
    »Nein, wirklich nicht! Böse werde ich erst werden, wenn ich dich morgen früh wieder nicht aus den Federn bekomme.«
    »Also dann gute Nacht, Christine. Und morgen darf ich wieder ein bißchen kuscheln kommen, gelt?«
    »Ja, ja, aber jetzt mach schon, daß du ins Bett kommst!«
    Sie gab Karin einen kleinen Klaps hinten drauf und begleitete sie zur Tür, die sie lautlos öffnete und ebenso lautlos wieder hinter ihr verriegelte.
    Werner schlenderte neben Anita Eyssing durch die Nacht. Eine merkwürdige Befangenheit ließ ihn keinen rechten Ansatz zu einer Unterhaltung finden, und er kam über ein paar Worte über das unfreundliche Wetter nicht hinaus. Dabei war es eigentlich genau die Temperatur, die er sich gewünscht hatte. Nach zehn Jahren ewiger Tropenhitze war es eine Wohltat, diesen kühlen, feuchten Vorfrühlings wind im Gesicht zu spüren und eine Luft zu atmen, die drüben auch die raffinierteste Klimaanlage nicht zu erzeugen vermochte.
    »Sie waren vorher bedeutend gesprächiger, Herr Gisevius«, stellte Anita Eyssing fest, nachdem sie fast die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten.
    »Gewiß, aber ich überlege mir gerade, ob ich bei dem Panorama von Caracas die Farben nicht allzu dick und allzu feucht aufgetragen habe.«
    »Sie haben das Paradies geschildert.«
    »So etwas Ähnliches war es noch, als ich vor zehn Jahren drüben ankam. Aber die Technik hat das Land verändert. Mit dem berühmten Tropenzauber ist es so ziemlich vorbei. Man kann ihn nur noch genießen, wenn man das nötige Kleingeld hat.«
    »Haben Sie nie den Wunsch gehabt, nach Deutschland zurückzukehren?«
    »Natürlich! Aber in den ersten Jahren konnte ich es mir nicht leisten, und jetzt stecke ich zu sehr im Geschirr, um einfach aufhören zu können. Nach zehn oder zwanzig Jahren werde ich mich um einen hübschen Bauplatz am Tegernsee umschauen.«
    Sie näherten sich dem Bahnhof, auf dessen hellerleuchtetem Bahnsteig ein paar Leute auf den Vorortzug nach München warteten. Werner ließ es sich nicht nehmen, Anita Eyssing auf den Bahnsteig zu begleiten.
    »Sie sind doch gewiß müde...«
    »Ich bin viel zu durchgedreht, um schlafen zu können. Wahrscheinlich werde ich noch die nächsten Nächte weiterfliegen. Für alle Fälle habe ich mir daheim ein Schlafpulver bereitgestellt.«
    »Das Pulver scheint feucht zu sein...«
    »Erraten!« sagte er schlicht.
    Ein rotbemützter Bahnbeamter erschien mit der Signalkelle auf dem Perron. Die Lichter des Zuges waren noch in weiter Ferne, zwei glimmende Punkte, die stillzustehen schienen.
    »Was tun Sie eigentlich«, fragte er etwas abrupt, »wenn Sie nicht gerade in der Kanzlei meines Schwagers beschäftigt sind?«
    »Sie meinen, was ich mit meiner freien Zeit anfange? Nun, ich gehe zuweilen ins Theater, manchmal ins Kino, und sitze meistens daheim und lese. Ich lese ziemlich viel...«
    »Und sonst...?«
    »Ich verstehe Ihre Frage nicht ganz, Herr Gisevius«, sagte sie ziemlich kühl, und Werner hatte das Gefühl, sie trete einen kleinen Schritt zurück, um einer Wand Raum zu geben, die plötzlich zwischen ihnen aus dem Boden wuchs.
    »Verzeihen Sie«, sagte er etwas überstürzt, als fürchte er, die Wand könne ihm ihren Anblick schon in der nächsten Sekunde entziehen, »aber ich kann es mir einfach nicht vorstellen, daß eine so bezaubernde Frau wie Sie ihre Tage in einem Büro und ihre Abende in der Gesellschaft von Büchern verbringt.«
    »Sie kennen doch meine Geschichte, Herr Gisevius...«
    »Ich habe einiges gehört, aber ich finde, das ist doch kein Grund, um sich einzukapseln!«
    »Das sagen Sie, weil Sie nicht wissen, was ich erlebt habe. Ich habe versucht, mich davon freizumachen. Aber es ist mir nicht gelungen. Und ich habe auch keinen Mut mehr.«
    Eine Stimme im Lautsprecher forderte die Reisenden auf, vom Bahnsteigrand zurückzutreten. Das Rollen eines Zuges war schon zu vernehmen. Die Lichter näherten sich rasch.
    »Das nehme ich Ihnen einfach nicht ab!« sagte er heftig. »Keinen Mut mehr... Wie können Sie so etwas sagen? Ich finde, es gibt nur einen einzigen Zeitpunkt, wo man sich es leisten kann, mutlos zu sein: wenn der Sargdeckel über einem zugenagelt wird!«
    »Sie reden, als ob Sie vorgestern

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