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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Ihren achtzehnten Geburtstag gefeiert hätten.«
    Der Zug lief bereits ein. Werner schaute an sich herunter.
    »In ein paar Tagen hoffe ich, wie ein normaler Mitteleuropäer auszusehen. Würden Sie mir dann erlauben, Sie abzuholen und ein wenig auszuführen? Ich würde mich sehr freuen...«
    Der Zug hielt neben ihnen, er hatte nur ein paar Sekunden Aufenthalt, und Anita Eyssing mußte sich beeilen, in ihr Abteil zu kommen. Auf der Treppe reichte sie ihm die Hand.
    »Auf Wiedersehen, Herr Gisevius!«
    Sie sagte es mit einem kleinen Lächeln und einer fast unmerklichen Betonung, die Werner jedoch veranlaßte , ihre Hand an die Lippen zu ziehen.
    Die automatischen Türen schlossen sich. Anita Eyssing stand hinter der angelaufenen Fensterscheibe und wischte mit den Fingerspitzen einen schmalen Streifen frei, Stirn und Wangen lagen wie hinter einem Schleier. Der Zug setzte sich in Bewegung. Anita Eyssing nickte Werner zu, und er hob die Hand zum Gruß.
    Zum Teufel mit Severin! dachte er, als er sich umdrehte und den Weg, den sie gekommen waren, langsam zurückging. Es mußte doch möglich sein, einen Schatten zu verdrängen! Er dehnte den Brustkasten und spannte die Arme, als bedürfe es nur einer kleinen Anstrengung seiner lebendigen Kraft, um dieses lächerliche Phantom der Vergangenheit aus dem Felde zu schlagen. Ihre angebliche Mutlosigkeit wurde zur Verlockung. Er sah sich vor eine Aufgabe gestellt. Und er fand, daß es eine äußerst reizvolle Aufgabe sei. Zum mindesten ein reizvolles Abenteuer. Ob Anita Eyssing die Frau sei, die er sich für sein Haus in Caracas wünschte, das war eine Frage, deren Antwort noch in weiter Ferne lag. Im Augenblick hatte noch nicht einmal das Vorspiel eines Flirts begonnen. Immerhin, sie gehörte zu den faszinierendsten Frauen, die ihm je begegnet waren. Daß sie ein wenig kühl und damenhaft war, minderte ihre Anziehungskraft auf ihn keineswegs. Er war in den vergangenen zehn Jahren sehr wenig Damen begegnet, und, wenn man es recht überdachte, vordem auch nicht...
    Was aus seinen einstigen Mädchen wohl geworden sein mochte? Hertha zum Beispiel, die immer so gut nach den Hautcremes geduftet hatte, die sie zu Dutzenden in winzigen Probetuben in ihrem Handtäschchen herumgeschleppt hatte. Verkäuferin in einer Drogerie. Und wie nett sie ihn mit Rasierklingen versorgt hatte! — Oder Hildegart , die große, blonde Hildegart aus der Lampenabteilung bei Woolworth? Die Geschichte mit dem erfundenen Baby war eigentlich über die Hutschnur gegangen... Und Brigitte! Brigitte, die tragische Filme liebte und so herzzerbrechend schluchzen konnte, daß er sich vorsorglich immer zwei Taschentücher einsteckte, um ihre hübschen Augen kurz vor Schluß der Vorstellung zu trocknen...
    Unterwegs im Flugzeug war ihm der verführerische Gedanke gekommen, die alten Flammen einmal nacheinander zu besuchen. Aber gewiß waren sie längst verheiratet und furchtbar brav geworden, und außerdem war zu bezweifeln, daß ihre Männer den alten Verehrer allzu begeistert begrüßen würden...
    Er schritt schneller aus, denn er begann in seiner wahrhaftig nicht für dieses Klima passenden Kleidung zu frieren, und erreichte das Haus, in dem bis auf ein Mansardenfenster alle Lichter gelöscht waren. Ein Kitzeln in der Nase warnte ihn. Wenn da etwa ein Schnupfen im Anzuge war, dann mußte man etwas dagegen unternehmen. Sicherlich war kein Sodawasser im Hause, aber es störte ihn nicht sonderlich, seinen Whisky auch trocken hinunterzuwürgen. Er tastete sich durch die dunkle Diele zur Küche, öffnete geräuschlos die Tür, knipste das Licht an und zog die Tür genauso behutsam hinter sich zu. Es war eine moderne Küche im schwedischen Stil, mit Wandkästen in Rot und Weiß und ringsumlaufenden Anrichten, deren Resopalplatten und Chromleisten glänzten, als seien sie soeben poliert worden. Im Eisschrank fand er nicht nur den Whisky, sondern auch zwei Flaschen Selters, und er mischte sich in einem Wasserglas einen Schlaftrunk zusammen, bei dem der Whiskyspiegel etwa dort stand, wo bei seinen amerikanischen Gläsern neben dem Eichstrich ein kleines rosiges Ferkel eingeätzt war. Er schwang sich auf den Küchentisch, stemmte die Füße auf einen Schemel und tat den ersten genüßlichen Zug. Es war ein guter Whisky, nicht gerade die Marke, die er bevorzugte, aber durchaus trinkbar und temperamentvoll. Einen Aschbecher fand er nicht, aber Christine würde ihm verzeihen, wenn er die Asche auf eine Untertasse streute...
    Und

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