Eine Frau mit Geheimnis
Himmel sei Dank! So etwas würde ich nicht ertragen.“
Dankbar für die Aufheiterung, lachte Dominic. Seite an Seite überquerten sie das Deck, um die Ankunft des Prinzregenten und seiner Gäste zu erwarten.
Nur zu deutlich hatte Alex die Verachtung in Dominics Blick gesehen. Also wusste er, dass sie nicht wegen ihrer Seekrankheit so heftig gezittert hatte. Und er würde glauben, Hauptmann Alexandrow hätte eine abartige Zuneigung für den Duke of Calder entwickelt.
Verzweifelt stöhnte sie. So inständig hatte sie sich gewünscht, er würde sie in guter Erinnerung behalten. Und nun vermutete er das. Nie wieder würde sie ihm in die Augen schauen können.
Die Situation war rettungslos verfahren. Entweder glaubte er, sie wäre ein unnatürlich veranlagter Mann, oder sie gestand ihm die Wahrheit – sie sei eine Frau, die sich unnatürlich benahm. Die erste Möglichkeit widerte sie an, die zweite würde sie ruinieren. So, wie die Dinge lagen, konnte sie gar nichts tun. Sie würde die Konsequenzen auf sich nehmen, so gut sie es vermochte. In zwei Tagen würde sie England verlassen. Danach musste sie die Schande nicht mehr verkraften – den Abscheu in Dominics Miene nicht sehen, wenn er sie anschaute.
Später würde sie sich nur mehr an die einzige Nacht erinnern, die sie als Frau mit ihm verbracht hatte, und alles vergessen, was mit seinem hässlichen Verdacht zusammenhing.
14. KAPITEL
Im Hafen von Dover war das Meer erstaunlich ruhig. Vielleicht würde die Fahrt nach Calais am nächsten Tag ebenso angenehm verlaufen.
Alex schloss das Fenster ihres Schlafzimmers. Am folgenden Morgen würde sie sich von Dominic Aikenhead verabschieden. Was sie tun sollte, hatte sie noch immer nicht beschlossen. Wahrscheinlich erwartete er, sie würde salutieren, seine Hand schütteln und dann die Laufplanke hinaufgehen.
Wäre sie dazu fähig? Würde ihr Körper gehorchen, wenn sie es von ihm verlangte? Das wusste sie nicht.
Die letzten beiden Tage waren eine reine Qual gewesen. Geflissentlich hatte Dominic ihre Gesellschaft gemieden. Die Rückkehr der Majestäten nach Portsmouth war stürmisch gefeiert worden. Schließlich fand sich noch der Duke of Wellington ein. Über all dem Jubel war die plötzliche frostige Stimmung zwischen dem Duke of Calder und Hauptmann Alexandrow unbemerkt geblieben.
Am Vortag und auch an diesem Tag, während der Schiffsreise, hatten die Adjutanten ständig zahlreiche Pflichten erledigen müssen. Aber nach der Ankunft in Dover gab es nichts mehr, was Alex von ihren schmerzlichen Gedanken abgelenkt hätte. Längst war der Donner der Salutkanonen verklungen, die Bewohner der Stadt schliefen.
Könnte ich das doch auch – jetzt, um Mitternacht … Automatisch verschnürte Alex die Bänder ihres Nachthemds. Aber sie würde nicht schlafen. Sobald sie die Augen schloss, würde Dominics verächtliche Miene in ihrer Fantasie erscheinen.
Nur wenige Yards von ihr entfernt lag er in seinem Bett.
Sie malte sich aus, wie er schlummerte, den dunklen Kopf auf einem weißen Kissen, die kraftvollen Glieder entspannt. Wie mochte es sein, wenn sie an seiner Seite unter die Decke kriechen und in seine Arme sinken würde? Er würde sie willkommen heißen. Daran zweifelte sie nicht. Und gemeinsam würden sie …
Sei nicht so dumm, schalt sie sich, geh endlich ins Bett. Doch ihr Körper missachtete den Befehl. Ihre Hand ergriff einen Leuchter mit einer brennenden Kerze. Lautlos öffnete sie die Tür. Im menschenleeren Korridor herrschte tiefe Stille.
Das Kerzenflämmchen spendete gerade so viel Licht, dass sie Dominics Tür erkannte, schräg gegenüber ihrer eigenen. In diesem Zimmer befand er sich. So nahe!
Auf dem Holzboden erzeugten ihre nackten Füße kein Geräusch. Ein Ohr an der Tür lauschte sie und hörte leise, gleichmäßige Atemzüge.
Ohne zu bedenken, was sie tat, drückte die sie Klinke hinab und erwartete, die Tür wäre versperrt. Aber sie ließ sich mühelos öffnen – das musste ein Zeichen sein.
Alex huschte ins Zimmer, schloss die Tür hinter sich und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen.
Da lag Dominic, fast so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Er schlief tief und fest. Aber nicht entspannt. Sie beobachtete, wie er den Großteil seines Bettzeugs zu Boden schleuderte und sich umherwarf, als hätte er Fieber. Sie trat ein paar Schritte näher und hielt die Kerze hoch. Auf seiner nackten Brust glänzte Schweiß, sein Gesicht verzerrte sich. Zweifellos litt er Höllenqualen. Aus
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