Eine Frau mit Geheimnis
tapfer. Bedenken Sie, was diese Eiseskälte Bonaparte antat!“
In diesem Moment betrat Cooper den Salon, ein Tablett mit einer Kaffeekanne, Toast und Honig in den Händen.
„Sicher muss ich nicht befürchten, die Kosaken könnten sich an meine Fersen heften, Alexej Iwanowitsch“, erwiderte Dominic. „Und dieses Haus ist gewiss auch im Winter sehr komfortabel.“
Cooper füllte die Kaffeetasse des Gastes. Dann stellte er die Kanne neben den Ellbogen seines Herrn, verbeugte sich und verließ das Zimmer.
Nun waren sie wieder allein. Alex verteilte Honig auf ihrer Toastscheibe. Damit ließ sie sich sehr viel Zeit, und sie achtete darauf, auch wirklich jedes Eckchen des gerösteten Brots zu bestreichen. Schließlich nahm sie einen Bissen und seufzte. Die Augen geschlossen, fühlte sie sich in ihr gemütliches Kinderzimmer zurückversetzt.
„Wenn ich wieder in London bin, muss ich im Pulteney Hotel frühstücken“, sagte Dominic. „Offensichtlich serviert man dort bemerkenswerten Toast mit Honig.“
Verwirrt zuckte sie zusammen und öffnete die Augen. Die Ironie in seiner Stimme warnte sie vor der Gefahr, in der sie sich befand. „Ich … ich muss Ihnen etwas gestehen, Calder. Als ich ein Kind war, wurde stets Honig in der Speisekammer verwahrt. Schon damals liebte ich den Geschmack. Immer wieder schlich ich heimlich hinein und naschte aus den Honigtöpfen.“
„Ah, das erklärt Ihre träumerische Miene. Denken Sie an den Geschmack? Oder an die Ohrfeigen, die Sie zur Strafe für Ihren Diebstahl bekamen?“
Unbehaglich senkte sie den Kopf. Diese Lügen fielen ihr immer schwerer. „An den Geschmack“, entgegnete sie nach einer kurzen Pause, „der erinnert mich stets an meine Kindheit.“ Zumindest das war die reine Wahrheit.
„Dann genießen Sie Ihr Frühstück auch jetzt. Wenn Sie noch mehr Honig wünschen – Cooper kann jederzeit für Nachschub sorgen. Nehmen Sie sich nur Zeit, wir haben es nicht eilig.“
Alex betupfte ihre Lippen mit einer Serviette. „Wann werden Ihre anderen Gäste eintreffen? Planen Sie ein Essen im russischen Stil?“
Bevor er antwortete, wandte er sich ab und starrte aus dem Fenster in den Garten. „Verzeihen Sie mir, Alexandrow. Nein, ich plane kein Essen im russischen Stil. Dafür würde ich zu viele Dienstboten brauchen. Um zwei Uhr wird eine kalte Mahlzeit serviert. Hoffentlich haben Sie nichts dagegen?“
„Natürlich nicht.“
Lachend stand er auf. „Wenn Sie auch zum Mittagessen Toast und Honig vorziehen, wird Cooper diesen Wunsch gern erfüllen. Gehen wir auf die Terrasse? Die Aussicht auf den Fluss ist spektakulär. Und wir könnten ein paar schattige Wege erforschen. Ein Spaziergang im heißen Sonnenschein wäre zu anstrengend“, fügte er hinzu und öffnete die Glastür.
Zögernd blieb Alex auf der Schwelle stehen. „Sollten wir nicht auf Ihre anderen Gäste warten?“
Dominic drehte sich zu ihr um, halb zerknirscht, halb voller Genugtuung. „Verzeihen Sie, dass ich einen falschen Eindruck erweckt habe, Alexej Iwanowitsch. Heute erwarte ich keine weiteren Gäste.“
Während sie am Flussufer dahinwanderten, erzählte Alex von russischen Sitten und Gebräuchen. Schließlich wusste sie nichts mehr zu sagen, und Dominic brach das unangenehme Schweigen, bis er ihr vorschlug, ins Haus zurückzukehren und die kalte Mahlzeit einzunehmen.
Diesmal rechnete sie mit der Anwesenheit von Dienstboten. Noch mehr Stunden allein mit Dominic – unerträglich … Immer schwerer fiel es ihr, Distanz zu wahren, und der Impuls, ihn zu berühren, war fast unwiderstehlich. Nach dem Essen musste sie sofort zur Kaserne reiten. Darauf würde sie bestehen.
Cooper wartete in der Eingangshalle. „Hier entlang, Euer Gnaden – Hauptmann.“ Er führte sie durch einen Korridor und öffnete eine Tür. Dann trat er beiseite.
„Ist alles vorbereitet, Cooper?“, fragte Dominic.
„Ja, Euer Gnaden.“
„Danke, jetzt brauchen wir Sie nicht mehr.“
Verwundert schaute Alex sich um, und ihr Unbehagen wuchs. Nein, das hatte sie nicht erwartet. In der Mitte des Raums stand kein Esstisch. Und es gab auch keine Stühle. Am anderen Ende waren Platten mit verschiedenen kalten Braten und Früchten auf einem langen Tisch angerichtet, neben Weinkaraffen, Kristallgläsern und Champagnerflaschen in einem Eiskübel. Ansonsten enthielt das Zimmer nur ein Sofa und zwei kleine Beistelltische.
Dominic öffnete eine Champagnerflasche, füllte zwei Kelche und reichte ihr einen. „Ein Trinkspruch:
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