Eine Frau mit Geheimnis
endlich eine Gelegenheit fand, das Gespräch auf den jungen Husarenoffizier zu bringen. „Tut mir leid, dass Alexandrow nicht zum Essen bleiben konnte.“
„Mir auch, Duke“, antwortete die Fürstin. „Aber ich musste ihn gehen lassen. Morgen tritt er seine sehr lange Reise an – schon im ersten Tageslicht. Ein außergewöhnlicher junger Mann. Sobald er zurückkehrt, werde ich ihn wieder einladen.“
„Das ist sehr großzügig von Ihnen, Fürstin.“ Lächelnd schaute er in ihr faltiges Gesicht. Nun hatte er erfahren, was er wissen musste. Alexandra wollte fliehen. Das würde er nicht zulassen. Nicht noch einmal. Aber wie sollte er sie zurückhalten?
18. KAPITEL
Als Alex von ihrem Offiziersburschen geweckt wurde, war es noch dunkel. Er stellte eine brennende Kerze und eine Tasse Tee auf den Nachttisch. Dann schüttete er heißes Wasser in die Waschschüssel und entfernte sich wortlos. Er wusste, wie wichtig Hauptmann Alexandrow seine Privatsphäre nahm.
Ein paar Minuten blieb sie noch liegen, schaute zur Zimmerdecke hinauf und lauschte in die Stille. Nicht einmal die Vögel begannen zu zwitschern. Schließlich stieg sie aus dem Bett, wusch sich und schlüpfte hastig in ihre Uniform. Sie musste abreisen, bevor die Sonne aufging. Bis zu Dominics Ankunft würden einige Stunden verstreichen. Doch sie wollte einen möglichst großen Vorsprung herausholen. Wenn sie erst kurz vor halb zehn Uhr wegfuhr, würde er ihr vielleicht folgen. Aber wenn sie längst verschwunden wäre, machte das keinen Sinn. Sogar ein fest entschlossener Mann wie der Duke würde sich geschlagen geben.
Alex trat ans Fenster und trank ihren Tee. Allmählich erhellte sich der Himmel. Sie legte ihren Waffengurt mit dem Säbel an, setzte den Tschako auf und ergriff die Lederhandschuhe.
Wenn der Vater ihr verzieh, würde sie erst in drei Monaten hierher zurückehren. Sie blies die Kerze aus, verließ das Zimmer und stieg die Treppe hinab. Inzwischen würde ihr Offiziersbursche das Gepäck in den Wagen geladen haben. Sie musste einfach nur einsteigen und dem Fahrer befehlen, die Pferde anzuspornen.
Seltsamerweise wartete der Bursche nicht am Fuß der Treppe. Und die Reisetruhen standen immer noch an der Wand. Wahrscheinlich war der Mann hinausgegangen. Hatte die Kutsche sich verspätet?
Sie öffnete die schwere Tür, überquerte die Schwelle und sah den Offiziersburschen mitten im Hof von einem Fuß auf den anderen treten. Von der Kutsche keine Spur … Ver dammt! „Was zum Teufel ist hier los?“, stieß Alex hervor.
Unbehaglich wandte er sich zu ihr. „Herr Hauptmann, Ihre Kutsche – eh …“
In diesem Moment hörte sie Hufschläge, die hinter der Ecke des Gebäudes erklangen. Die Augen weit aufgerissen, starrte der Bursche in die Richtung des Geräusches.
„Wo zum Geier ist meine Kutsche?“, fauchte Alex.
Langsam trabte ein großer Fuchs in ihr Blickfeld. „Guten Morgen, Alexej Iwanowitsch“, grüßte der Reiter. Der Duke of Calder. Lächelnd schaute er auf sie herab, als wäre die Begegnung kein bisschen ungewöhnlich. „An diesem schönen Morgen, dachte ich, würden Sie lieber zu meinem Landhaus reiten, als in einem heißen, unkomfortablen Wagen zu sitzen. Deshalb war ich so frei, Ihre Kutsche wegzuschicken. Gerade wollte Ihr Bursche den guten Pegasus satteln.“
Wie angewurzelt stand sie da und starrte ihn an. Wieso war er hier? Er sollte doch erst um halb zehn eintreffen.
Nun beachtete er sie nicht mehr. Ungeduldig bedeutete er dem Offiziersburschen, seine Pflicht zu erfüllen.
Am liebsten hätte Alex wieder geflucht. Wie konnte er es wagen, ihren Dienstboten herumzukommandieren? „Moment mal …“ Ihre Kehle war wie zugeschnürt, ihr Ruf war kaum verständlich. Nach einem tiefen Atemzug zwang sie sich, vorzutreten.
„Verzeihen Sie, Alexej Iwanowitsch.“ Dominic stieg ab und warf die Zügel über den Hals seines Hengstes. „Natürlich steht es mir nicht zu, Ihrem Personal Befehle zu erteilen. Aber der Mann begaffte mich, als würden Hörner aus meinem Kopf wachsen. Und ehrlich gesagt, ich möchte verhindern, dass er unser Gespräch belauscht. Oder spricht er nicht Französisch?“ Er lachte leise. „Nun, das ist egal. Jetzt ist er verschwunden. Hoffentlich haben Sie gut geschlafen. Zum Glück bin auch ich ein Frühaufsteher. Wie Sie wissen, pflege ich meine Pferde schon vor dem Frühstück zu bewegen.“
„Leider kann ich unsere Verabredung nicht einhalten.“ Würde er das leichte Zittern in ihrer Stimme
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