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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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wird, umso weniger bemerkt dieser, dass sie überhaupt geschieht, und sieht keine Veranlassung zum Lob.
    Seit fünfzehn Jahren etwa schaltet Frau M. jeden Abend, wenn sie hört, dass Herr M. die Wohnungstür öffnet, den Fernseher aus. Obwohl zu diesem Termin seit fünfzehn Jahren Serien laufen, die sie gern sieht. Sie tut es aus Rücksicht auf Herrn M., der es nach der Arbeit friedlich-still mag.
    Aus Rücksicht auf ihn sagt sie nie, dass sie ans Meer fahren will. Weil er die Berge liebt! Aus Rücksicht auf ihn lädt sie ihre Schwester nie ein. Weil ihn die nervt! Sie kauft keine rosa Vorhänge, weil er Rosa nicht mag. Sie hat sich sogar die wiehernde Art zu lachen abgewöhnt, weil ihn die gestört hat.
    Und wenn er am Sonntag lang schlafen will, liegt sie still neben ihm, weil er einen »seichten Schlaf« hat und ihn das Quietschen der Matratze – so sie sich erheben tät – munter machen würde. Alles aus Rücksicht!
    Herr M. aber ist harmlos der Meinung, dass seine Frau am TV-Vorabendprogramm kein Interesse hat und grüne Vorhänge liebt, dass sie ihre Schwester und das Meer genauso wenig mag wie er und den Schlaf am Sonntagmorgen genauso liebt wie er. Und dass sie seit einiger Zeit anders lacht, na ja, das ist angenehm, aber warum das so ist, darüber hat er nicht nachgedacht.
    Dann kommt Herr M. eines Tages heim, Frau M. kocht Grammelknödel, weil Sohn M. selbige liebt. Herr M. sieht’s und sagt: »Die mag ich doch nicht, na ja, auf meine Gustos nimmt man ja nicht Rücksicht!«
    Da flippt Frau M. plötzlich aus! Schreit, haut den Topfdeckel zu Boden und droht mit Scheidung!
    Und Herr M. hält das für einen kurzfristigen Anfall von Irrsinn, bedingt durch die Wechseljahre.
    Also Vorsicht bei der Rücksicht!
Gewisse gesellige Menschen ...
    Dem geselligen Menschen – sagt Goethe – sei es ganz gleich, ob er nutze oder schade, er wolle nur unterhalten.
    Ich weiß ja nicht, wie Goethe das exakt meinte, aber so, wie ich es verstehe, trifft es genau auf meine Freundin Erika zu.
    Die ist eine gesellige Frau. Hat ein Ereignis Unterhaltungswert, muss sie es erzählen. Sie kann nicht anders! Auch nicht, wenn das Unterhaltende zu Lasten ihres lieben Kurt geht, der eine »praktische Niete« ist und dazu einer, der »in den Keller lachen geht«, also keiner, der mitlachen kann, wenn über ihn gelacht wird.
    Unlängst passierte Kurt dieses: Er machte sich daran, den Fußboden eines Kammerls mit brauner Farbe zu streichen. Er betrat das Kammerl, fing gleich bei der Tür an, Farbe aufzutragen, und arbeitete sich pinselnd weiter. Als der Boden, bis auf einen Quadratmeter, braun war und sich Kurt im hintersten Winkel des Kammerls befand, merkte er, dass er sich den Ausweg zugepinselt hatte. Da stand er nun auf dem ungestrichenen Fleck und rief nach Erika. Aber was sollte die tun? Sie konnte ihm nur raten, entweder durch den nassen Lack zu gehen oder im Winkerl zu bleiben, bis der Lack trittfest war. Kurt entschied sich zuerst fürs Warten, stand es aber nicht durch, begab sich durchs Klebrige und nahm hinterher ein Terpentin-Fußbad.
    Klar, das Ereignis hat Unterhaltungswert. Und wenn man es dazu noch witzig erzählt – so wie Erika das kann —, erntet man viel Applaus und trägt gewaltig zum heiteren Verlauf eines Treffens mit Freunden bei. Nur ist es halt so, dass es ein humorloser Mann gar nicht gern hat, wenn seine Frau kichernd schildert, wie sie ihn fluchend im »Braunen« vorfand und wie er schließlich verbittert jedes Zeherl säuberte. Und er mag es noch weniger, wenn ihn Freunde dann wochenlang grinsend fragen, ob er nicht auch zu ihnen »Bodenstreichen« kommen wolle. Das frustriert ihn enorm! Und da Kurt – nicht ganz zu Unrecht – Erika als die Urheberin seines Frusts sieht, lässt er selbigen an ihr aus. Und Erika leidet!
Herr M. und der Ruhestand
    Herr und Frau M. waren 35 Jahre glücklich verheiratet. Auf hergebrachte Weise. Herr M. war für das Geldverdienen zuständig, Frau M. für den Haushalt. Seit zwei Jahren nun ist Herr M. in Pension. Seither kriselt es in der Ehe.
    Dass es nicht einfach sein werde, rund um die Uhr mit einem »Ruheständler« zu leben, hatte Frau M. geahnt. Aber ihre Befürchtungen waren in die falsche Richtung gegangen. Sie hatte gedacht: Wenn dem vitalen, hochaktiven Mann die Berufsarbeit fehlt, wird er depressiv werden, herumsitzen und Trübsal blasen. Hobbys hat er ja nicht. Vor lauter Überstunden war ja nie Zeit dafür. Und wenn man in Pension ist, ist man wohl zu alt, um

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