Eine Frau sein ist kein Sport
Inanspruchnahme auffiel und sie nachfragten. Die eine Dame fand’s passend, im »offenen Gespräch« die ganze Ehe-Problematik und ihren Frust auszubreiten, inklusive des daraus resultierenden Seitensprungs. Zwei Monate später war sie geschieden. Die andere Dame sagte wortkarg, sie fühle sich nur schlapp und matt, das sei alles. Der Mann riet zu Vitamin c und widmete sich wieder seiner Karriere. Die Dame ist heute noch mit ihm verheiratet und – wie sie sagt – glücklich, denn ein Jahr nach dem Korfu-Urlaub erlitt er, vom Stress niedergeprackt, einen Kollaps, legte geschockt seinen Berufsehrgeiz ab und wandelte sich im Laufe der Jahre zum fast perfekten Partner.
Falls Sie „d’ Moral von der G’schicht« für unmoralisch halten, haben Sie sicher Recht. Also sagen wir vielleicht diskreter so: Bevor man mit einem Menschen »offen« redet, sollte man überlegen, ob ihm Offenheit zumutbar ist.
Das hat er von dir!
Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, dass eine Mama begeistert ihrem kleinen Sohn zuschaut, wie dieser erstaunlich geschickt, ohne sich auf die zarten Fingerchen zu schlagen, mit Hammer und Nagel hantiert, und dann zum Ehemann und Kindesvater anerkennend sagt: »Das hat er von dir!«
Genauso zulässig ist es, wenn eine Mama über die beneidenswerte Fähigkeit ihrer Teenie-Tochter, täglich an die 8.000 Kalorien zu futtern, ohne auch nur ein Gramm Fett anzusetzen, zum ranken, schlanken Ehemann und Kindesvater sagt: »Das hat sie von dir!«
Schon gar nichts ist dagegen zu sagen, dass ein Papa verzückt seiner Tochter allerliebstes Stupsnäschen betrachtet und zur Ehefrau und Kindesmutter sagt: »Das hat sie von dir!« Oder wenn ebendieser Ehemann und Kindesvater das Talent seines Sohnes, ein Gedicht mit zwölf Strophen in einer Stunde auswendig zu lernen, der Ehefrau und Kindesmutter mit »Das hat er von dir!« erklärt.
Problematisch hingegen wird es, wenn ein Elternteil Eigenschaften und Angewohnheiten, welche ihm am gemeinsamen Kind missfallen, mit dem Sager »Das hat er (sie) von dir!« dem anderen Elternteil unterjubeln will. Wobei völlig egal ist, ob damit unterstellt wird, es handle sich um unschöne Erbmasse oder um unschönes Verhalten, zugelegt durch das schlechte Vorbild, welches dieser Elternteil tagtäglich abgibt.
Ist zum Beispiel der halbwüchsige Sohn nicht wie hoch und heilig versprochen um Mitternacht von der Party daheim, möge es sich die Mama verkneifen, zum besorgten Papa zu sagen: »Das hat er von dir!« Selbst dann, wenn dieser Papa ebenfalls oft wesentlich später heimkommt als beim Weggehen hoch und heilig versprochen. Jetzt ist der Papa ja daheim, Vorwürfe über seine Verspätung sind ihm zu machen, wenn er selbst später als versprochen heimkommt!
Ist schon klar, die liebende Mama versucht, den Sohn zu entlasten, ihn teilweise von Schuld freizusprechen. Wenn’s der Bub »vom Vater hat«, kann er ja »nix dafür«. Ist aber kaum anzunehmen, dass ein Vater in besorgter Warteposition das versteht und tolerant hinnimmt. Der fühlt sich eher zu Unrecht attackiert, und möglicherweise legt er sich dann dieselbe Taktik zu, und beim nächsten Vergehen des Sohnes trumpft er mit »Das hat er von dir!« auf. Und dann kommt es in manch Familie so weit, dass bei allfälligem Fehlverhalten des Nachwuchses die Eltern nur noch darüber streiten, von wem er (oder sie) »das hat«.
»Zwei Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen«, gilt zwar als spezieller Akt der Tüchtigkeit, aber bitte nicht, wenn Ehepartner und Kind als »Fliegen« herhalten müssen!
Geschichten zu zweit
Begeben sich Ehepartner gemeinsam in eine Gesellschaft, wo Plaudern und Austausch erwähnenswerter Erlebnisse üblich ist, gibt’s welche, wo ausschließlich der Ehemann am Reden ist. Höchstens, dass die Ehefrau die »Einleitung« für ihn besorgt, etwa mit den aufmunternden Worten: »Na, erzähl doch, Hasi, wie das damals in Kritzendorf war, wie wir uns gesonnt haben ...« Und dann erzählt der Ehemann die erstaunliche, erheiternde Geschichte vom Sonnenbaden in Kritzendorf, und die Ehefrau begnügt sich mit zustimmendem Kopfnicken. Kann natürlich auch umgekehrt sein: Die Ehefrau ist die Geschichtenerzählerin, der Ehemann ist der kopfnickende Statist und steuert höchstens ein »Wirklich, so war’s« bei, wenn die anderen ungläubig schauen.
Aber es gibt halt auch Ehepaare, die sich nicht darauf geeinigt haben, wer erzählen darf. Und solch Ehepaar in geselliger Runde gibt dann ein ergötzlich
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