Eine Frau sein ist kein Sport
Unrecht des Partners hämisch grinsend sagt: »Na siehst du! Ich hab’ es ja gleich gesagt!« So ein Verhalten verträgt der arme Mann nun wirklich nicht. Aber einfach die Sache schweigend übergehen, ist nicht richtig. Da liest dann der arme Mann aus dem stummen Blick seiner Frau ein enormes Ausmaß an Vorwurf oder Schadenfreude heraus.
Wohlwollender und freundlicher, wenn auch ziemlich verlogener Zuspruch bewährt sich immer noch am besten. Man kann sagen, dass sich da fast jeder sehr intelligente Mensch geirrt hätte, dass man selber eigentlich bloß rein irrtümlich der richtigen Meinung war. Und dass – rein theoretisch gesehen – die irrige Meinung eigentlich die viel logischere gewesen sei!
Sicher, derart behandelt man seinen Partner wie ein kleines Dummerl! Aber wenn er eines ist, wie soll man ihn denn sonst behandeln?
»Iss schön auf!«
Mein Freund Anton – so heißt er natürlich in Wirklichkeit nicht, aber er wäre mir gram, würde ich hier seinen richtigen Namen ausposaunen – isst nicht nur Unmengen, sondern hat den Tick, »wegputzen« zu müssen.
Gibt man ihm zwei Knödel zum Braten, isst er sie auf. Gibt man ihm drei Knödel, isst er sie auch auf. Höchstwahrscheinlich äße er vier Knödel, setzte man ihm diese Horrormenge vor.
Seine Devise ist: »Es wird gegessen, was auf den Teller kommt!« und: »Nichts darf umkommen!« Sogar der Knochen von anderer Leute Teller bemächtigt er sich und nagt ihnen die allerletzten Fleischfasern ab. Und einmal – ich schwöre, es ist die reine Wahrheit – verputzte er einen kleinen toten Käfer in der irrigen Annahme, es handle sich hier um ein Fuzerl Schokolade. Aber außer der Einsicht, einer Brille zu bedürfen, zog er aus diesem Erlebnis keine Konsequenz.
Rügt man Freund Anton wegen seiner sonderlichen Art, Nahrung aufzunehmen, sagt er: »Das rührt daher, dass ich als Kind immer den Teller leer essen musste. Aß ich nicht auf, war man böse auf mich! Seither gehören Aufessen und Liebgehabtwerden für mich zusammen! Das musst du verstehen!«
Natürlich versteht man das! Sonnenklar wird einem da dieses »Wegputzen«!
Allerdings kenne ich auch einen anderen Anton und der wiederum hat den Tick, immer etwas »überlassen« zu müssen. Gibt man ihm einen Knödel zum Braten, bleibt ein halber am Teller, gibt man ihm nur einen halben, lässt er auch ein, zwei Bissen ungegessen.
»Das kommt davon«, sagt er, »weil ich als Kind immer zum Aufessen gezwungen wurde.« Wo es um die menschliche Psyche geht, scheint zwischen Ursache und Wirkung kein sehr geradliniger Zusammenhang zu bestehen.
Den Hammer im Nähzeug verlegt
Es gibt Familien, in denen wird nie etwas »verlegt«. Keller-, Auto-, Hausschlüssel, jeder hat sein Hakerl und hängt auch daran. Nie passiert es einem Familienmitglied, dass es die Hose samt Führerschein zur Schmutzwäsche tut und dann die Anverwandten zur Führerscheinjagd treibt.
In diesen Familien haben Brillenträger Brillenetuis und für diese Stammplätze. Und in dicken Mappen hat man alle Bescheinigungen, die einem im Laufe des Lebens ausgehändigt wurden. Vom Weckergarantieschein bis zu Opas Sterbeurkunde liegt alles griffbereit. Man sucht weder Schularbeitshefte noch Pässe. Handschuhe hat man nur paarweise und im Tiefschnee auf ihre Bikinis angesprochen, können die weiblichen Mitglieder dieser Familien mit schlafwandlerischer Sicherheit die Laden nennen, in denen sich diese befinden.
Ich wäre gern Teil so einer Familie, denn tagaus, tagein »Verlegtes« suchen, ist Spitzenstress. Wer schon einmal den Hausschlüssel gesucht hat, um späte, sturmklingelnde Gäste einzulassen, wird das genauso gut verstehen wie der, der mehrmals um Mitternacht Papierberge durchwühlte, um rosa Impfkarten zu finden.
Wer aber nun meint, da müsse man bloß etwas »ordentlicher« sein, versteht nichts vom »Verlegen«. Verlegen ist keine Schlamperei, sondern eine Zwangshandlung! Was sonst könnte mich dazu treiben, den Hammer ins Nähzeug und den Kellerschlüssel unters Esszeug zu tun? Wo doch der Schlüsselhaken an der Eingangstür ist, während ich zehn Schritte tun musste, um den Schlüssel in der Esszeuglade zu verbergen.
Ich hämmerte auch nicht beim Nähkorb, sondern neben dem Werkzeugkasten. Wie in Trance habe ich also mehrere Räume durchwandelt, um listig den Hammer vor mir selber zu verstecken; was auf eine selbstquälerische Grundstruktur meiner Person schließen lässt.
Eine andere Erklärung gibt es allerdings auch: Menschen,
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