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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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die »verlegen«, denken schrecklich viel, sind in Gedanken immer bei wichtigen, schweren Problemen und so hohen, hehren Dingen, dass banale Kleinigkeiten wie Schlüssel und Hammer nicht in ihr Bewusstsein dringen. Sie hantieren notgedrungen mit diesem profanen Kram, nehmen ihn aber wegen »Gedankenschwere und Vergeistigung« gar nicht wahr.
    Diese schöne Mutmachung wird den »Verlegern« beim Suchen zwar keine Hilfe sein, als Trost, immerhin, mag sie angeboten werden.
Familienharmonie – um welchen Preis?
    Der alte, aus k. u. k. Zeiten stammende Ausdruck »Beschwichtigungshofrat« kommt ja schön langsam in Vergessenheit, da unsere republikanischen Hofräte in diesem Metier kaum mehr unterwegs zu sein scheinen. Dafür hat aber fast jede funktionierende Familie ein Mitglied, das – ganz ohne Ernennung zum Hofrat – in Beschwichtigung macht. Üblicherweise ist das die Mutter, manchmal agiert in einer Familie auch der Vater als Beschwichtigungshofrat.
    Wie ein Familienmitglied in diese Position kommt, ist später schwer zu eruieren, sicher ist aber, dass sich diese Leute als die wahren Familienerhalter sehen und meinen, ohne ihre vermittelnde, beschwichtigende Tätigkeit wäre die Familie zerstritten, wenn nicht gar zerfallen.
    Und sicher ist auch, dass diese Leute ein starkes Machtgefühl haben, denn sie haben ja alle Fäden der Familienfehden in den Händen.
    Hat, zum Beispiel, der Sohn unerlaubterweise Papas Wagen genommen und diesem einen Kotflügel verbeult, wendet er sich in der Familie mit Beschwichtigungshofrätin mit seinem Geständnis nicht an den betroffenen Papa, sondern an die Mama und die sagt: »Ich bring’s dem Papa schon bei!« Was sie dann auch tut.
    Und sie tut es so beredt, sensibel und einfühlsam, dass der Papa dem Sohn hinterher bloß zumurmelt: »Schwamm drüber!« Worauf die Mama erleichtert seufzt und stolz denkt: »Wieder ein Tag ohne Streit vorbei: Wieder 24 Stunden auf dem Familienpulverfass ohne Explosion überstanden!«
    Aber nicht nur zwischen Papa und Sohn vermittelt die Mama. Ein ganzes Netz von zwischenmenschlichen Beziehungen überwacht sie und merkt sie, dass wo ein Faden im Netz stärker gespannt ist als der Familienharmonie zuträglich, greift sie mit hofrätlicher Diplomatie ein. Selig, wer so einen Hofrat in der Familie hat? Mag sein, mag sein! Aber andererseits wäre es vielleicht der Beziehung zwischen Vater und Sohn etwa gar nicht so abträglich, könnten die zwei endlich einmal ihre Konflikte selbst austragen.
    Und vielleicht bekäme auch die Beschwichtigungshofrätin ein ganz neues, ungeahnt schönes Lebensgefühl, wenn sie einmal nicht eingreift und sich sagt: Was geht’s mich an! Sollen sich die beiden doch endlich einmal zusammenstreiten!
Meine Freunde, die Feuerzeug-Hamster
    In den guten alten Zeiten, in denen man noch auf Anstand, Sitte, Ehrlichkeit und Moral etwas hielt, musste kein Mensch – es sei denn, er wäre unter arges Diebsgesindel geraten – auf sein Feuerzeug gut aufpassen, um es länger als eine Woche im Besitze zu haben. Aber damals waren die Feuerzeuge ja auch noch ordentlich schichtspezifisch ihren Eignern zugeordnet.
    Arme Leute hatten ein blechernes Sturmfeuerzeug, besser gestellte Personen mühten sich ab, einem versilberten, meistens auch noch ziselierten Ding ein Flämmchen zu entlocken, und wohlhabende Personen oder Angeber klickten dezent oder indezent mit 18karätigem Gold in der Gegend herum.
    Heute, wo arm wie reich, alt wie jung und männlich wie weiblich fast ausschließlich mit Einwegfeuerzeugen zündeln, die dazu nicht selten Werbegeschenke sind, achtet kaum jemand mehr des anderen Eigentumsanspruch in Sachen Feuerzeug.
    Man lässt das eigene Feuerzeug auf anderer Menschen Tisch liegen, man steckt skrupellos anderer Leute Feuerzeuge ein.
    In meinem Bekanntenkreis herrschen allerdings leider die Leute vor, die einstecken. Die, die liegenlassen, sind wesentlich rarer.
    Von etlichen meiner regelmäßigen Besucher nehme ich sogar ehrlichen Herzens an, dass sie zu Hause, vielleicht unter dem Bett, große Kisten voll Feuerzeuge gelagert haben. Grimmig gedenke ich dieser Kisten immer, nachdem mich an einem netten Abend alle Besucher verlassen haben und ich eine friedliche Abendzigarette rauchen will. Keiner aus dem Dutzend meiner knallfarbenen Flammenwerfer ist dann nämlich mehr da.
    Mit dem Gasanzünder muss ich einen Brenner entzünden und an selbigem, ohne Rücksicht auf Wimpern und Stirnfransen, meine Zigarette zum Glühen bringen.

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