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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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zu animieren.
    Natürlich erfährt man von solchen Leuten auch nicht, was sie gern essen mögen oder essen dürfen.
    Ginge es nach ihren Reden, sollte man am besten, »um sich keine Umstände zu machen«, das Nachtmahl oder Mittagessen überhaupt entfallen lassen.
    Da man dies aber nicht im Sinne hat, kocht man halt auf, was einem erlesen und üppig vorkommt, und dann kann es passieren, dass der Gast vom Gegrillten nichts nimmt und diskret die Zwiebelringe aus dem Salat fischt und kundtut, dass er seit Jahren an qualvoller Gastritis leide.
    Wochenendgäste, die keine Umstände machen wollen, kommen auch gern mit dem eigenen Bettzeug angefahren, was in der Praxis bedeutet, dass der Gastgeber den Gastbetten die frischen Überzüge vom Inlett reißen muss, damit die Bescheidenen ihr Mitgebrachtes überziehen können.
    Von selbst versteht sich natürlich, dass die Bescheidenen von Obst und Keksen, Nüssen oder Konfekt, das in Schüsseln herumsteht, unaufgefordert nichts nehmen. Also hat man sie alle paar Stunden einmal aufzufordern, »sich zu bedienen«.
    Sollten das Gästehandtuch im Bad, das Toilettenpapier im Klo, die Zahnstocher bei Tisch oder die Lampe beim Bett fehlen, quält sich der bescheidene Gast, der keine Umstände machen will, durch, bis wir entdecken, was ihm fehlt, und Entschuldigungen stammelnd Abhilfe schaffen.
    Ganz schön auf Trab halten einen die Bescheidenen, die keine Umstände machen wollen!
    Sind sie endlich aus dem Haus, weiß man erst so recht den Gast zu würdigen, der auf die Frage: »Magst einen Kaffee?« antwortet: »Gern! Aber vorher hätt’ ich noch gern ein Wurstbrot und ein Bier!«
Mode kontra Handke
    Bereits an Kleinkindern kann man folgendes, zutiefst menschliches Verhalten feststellen: Der kleine Hansi kann einen ganzen Tag lang sehr friedlich mit dem kleinen Michi spielen. Der kleine Hansi kann auch einen ganzen Tag lang sehr friedlich mit dem kleinen Andi spielen. Kommen aber der Michi und der Andi am selben Tag zum Hansi, läuft die Sache weniger friedlich. Es gibt Streit.
    Zu dritt klappt die Freundschaft nicht so recht, denn der Hansi schafft es nicht, Zuneigung gerecht auf den Michi und den Andi zu verteilen. Einer der beiden nimmt übel, fühlt sich benachteiligt und wird sauer!
    Erwachsene belächeln solche Kinderkonflikte gern, aber viel besser als die kleinen Knirpse können sie in Wirklichkeit mit ihren Freundschaften oft auch nicht umgehen. Was »zu zweit« prächtig klappt, funktioniert unter Erwachsenen »zu dritt« auch oft nicht.
    Da hat zum Beispiel Frau A seit Jahren Frau B zur Freundin. Frau B redet gern über Mode und Reisen.
    Frau A findet diese Gespräche zweimal im Monat recht interessant und hat nichts gegen Informationen über neue Hosenlängen und Bali-Reisen.
    Frau A hat aber auch Frau C zur Freundin. Die redet gern über Bücher und Psychologie.
    Frau A freut sich, zweimal im Monat den letzten Handke und die Interaktionsanalyse besprechen zu können.
    Ergibt es sich aber, dass Frau A die Damen B und C zum selben Termin einlädt, kommt sie, ganz wie der kleine Hansi, in Bedrängnis. Die gute B referiert über Armani-Hosen und Kreuzfahrten, die C über den Chinesen des Schmerzes und die Abschaffung des Ödipuskomplexes.
    Während Frau A in der Küche neuen Kaffee braut, zischelt ihr die aufs Klo eilende B zu: »Was ist denn das für eine intellektuelle Schrauben?« Wenn Frau A den frischen Kaffee eingießt, flüstert Frau C mit Kopfdeuten zum Klo: »Hat die nur Traumschiffe im Schädel?«
    Dass so ein Dreiertreffen nicht wie in Kinderkreisen mit Streit endet, liegt nur zum Teil an der Toleranz der Anwesenden. Viel Falschheit spielt die besänftigende Rolle.
    Durch Blicke, Gesten und geheimes Lächeln vermittelt Frau A sowohl der guten B als auch der guten C, sie sei die »echte Freundin«, die andere sei bloß geduldig ertragene Last.
    Dieses Verhalten mag zu rügen sein – da man uns das Boxen, Beißen und Heulen aber im fortgeschrittenen Alter untersagt hat, ist es immerhin eine praktische Lösung.
Ein g’sundes Übel – diese kranken Helden
    Über Leute, die sich bei minimaler Unpäßlichkeit aufführen, als wären sie sterbenskrank, ist – zu Recht – schon viel Hämisches gesagt worden. Es ist ja auch sonderlich, wenn sich einer zu Bett begibt, weil seine Körpertemperatur von 36,6 auf 36,9 gestiegen ist.
    Es frustriert, dreißigmal am Tag eine lauwarme Stirn zu befühlen, nur damit es nicht heißt, man lasse einen geliebten Menschen wie den

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