Eine Frau zum Heiraten
weiblich sie war, sowohl den behinderten Kindern als auch Tim gegenüber. Mit ihrem sanften Lächeln hätte sie Irenes Bemerkungen Tim gegenüber die Schärfe genommen. Es war wohl nicht weiter verwunderlich, dass Tim einen großen Teil seiner Freizeit damit verbrachte, Claire bei der Gartenarbeit zu helfen.
Unwillkürlich fragte sich Alex, ob die Beziehung zwischen den beiden so harmlos war, wie es den Anschein hatte. Doch Irenes Verhalten ihrem Mann und ihrer Schwägerin gegenüber hatte er bisher jedenfalls nicht angemerkt, dass sie irgendeinen Verdacht hegte. Allerdings war Irene auffallend stark daran interessiert, dass er bei Claire einzog. Wollte sie damit einer etwaigen Affäre zwischen den beiden ein Ende bereiten?
Die Vorstellung, dass Claire mit einem anderen Mann zusammen war, rief bei ihm fast so etwas wie ein Gefühl des Verlusts hervor. Darüber wollte Alex allerdings nicht weiter nachdenken.
Als Claire sah, wie Alex die Stirn runzelte, überlegte sie, woran er wohl gerade denken mochte. Sagte ihm das Haus etwa nicht zu, oder fand er sie unsympathisch?
“Wenn Sie mir bitte folgen wollen …”, sagte sie schließlich, bemüht, ganz sachlich zu klingen. Dann ging sie voran ins Obergeschoss. Vor einem der Schlafzimmer blieb sie stehen und wartete auf ihn. Irene war ebenfalls mitgekommen. Als sie sah, welche Tür Claire geöffnet hatte, runzelte sie die Stirn.
“Aber das ist ja dein Schlafzimmer – deins und Johns”, protestierte sie. “Ich dachte, du wolltest Alex Sallys altes Zimmer geben.”
“Das hier ist größer und … besser geeignet”, erwiderte Claire ruhig.
“Und wo willst du schlafen?”, fragte Irene.
“Ich …”
“Ich möchte Ihnen auf keinen Fall Ihr Schlafzimmer wegnehmen …”, begann Alex.
Claire schüttelte den Kopf. “Ich … ich hatte schon vorher beschlossen, in ein anderes Zimmer umzuziehen”, erklärte sie und errötete dabei leicht. “Das hier … Johns … Johns und mein Schlafzimmer”, verbesserte sie schnell, “ist zu … Es ist für einen Mann besser geeignet. Es hat ein eigenes Bad, und im Ankleidezimmer steht auch ein Schreibtisch. John hat auch manchmal hier gearbeitet. Ich …”
“Du bist aus deinem eigenen Schlafzimmer ausgezogen?”, beharrte Irene, die offenbar nicht merkte, dass Claire nicht weiter über das Thema sprechen wollte.
Alex fand, dass Claire wie ein Schulmädchen aussah, das man auf frischer Tat bei etwas Verbotenem ertappt hatte. Warum sollte sie nicht aus ihrem Schlafzimmer ausziehen, wenn sie es wollte? Schließlich war es ihr Zuhause … ihr Haus. Er erinnerte sich an den Ausdruck, der in ihre Augen getreten war, als sie erzählt hatte, wie sehr ihr verstorbener Mann seine erste Frau geliebt habe – die Frau, deren Zuhause es eigentlich gewesen war.
“Ich hatte überlegt, es eventuell renovieren zu lassen. Es war nicht gerade mein Lieblingszimmer, und …”
“Aber es ist das größte Schlafzimmer im Haus”, wandte Irene ein.
“Stimmt”, erwiderte Claire mit einem ironischen Unterton, den Irene offenbar nicht bemerkte.
Als Alex das Zimmer betrat, stellte er fest, dass dieses sehr geräumig war und über einen großen Kleiderschrank aus dunklem Holz sowie ein stabiles breites Bett verfügte. Während er es betrachtete, seufzte er erleichtert auf. Wie er bereits festgestellt hatte, waren die Doppelbetten in England ziemlich unbequem für jemanden, der an die extragroßen amerikanischen Betten gewöhnt war. Von den Betten, die er bisher in England gesehen hatte, entsprach dieses hier noch am ehesten seinem zu Hause, wenn es auch ein wenig hoch war.
Während er anerkennend den Blick über die blütenweiße Bettwäsche schweifen ließ, musste er sich eingestehen, dass er kaum ein bequemeres Bett finden würde. Hinter sich hörte er Irene fast vorwurfsvoll zu Claire sagen: “Du hast ja das Bettzeug gewechselt …”
Da Claire darauf sichtlich verlegen antwortete, nahm Alex an, dass sie die Bettwäsche extra für ihn gekauft hatte. Sie ist wirklich eine sehr einfühlsame Frau, dachte er, während sie ihm das Bad mit der großen Wanne und der separaten Dusche zeigte.
Das Ankleidezimmer war zwar relativ klein, aber trotzdem groß genug für den Schreibtisch, der darin stand. Als Claire im Korridor auf ihn wartete, musste Alex sich eingestehen, dass er kaum eine komfortablere Unterkunft als diese finden würde.
Vom Fenster aus konnte man den großen Garten überblicken, der geschickt angelegt und in viele kleinere, in
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