Eine Frau zum Heiraten
sich ab und ging zurück in den Flur.
Als Teenager war sie ziemlich naiv gewesen, was Sexualität betraf, und ein richtiger Spätentwickler. Das hatte zum einen an ihrer Erziehung gelegen, zum anderen an ihrem Naturell, wie sie immer vermutet hatte. Doch selbst später waren ihre Fantasien eher romantischer Natur gewesen, denn sie hatte von einem Mann geträumt, in den sie sich verlieben und den sie heiraten würde.
Von diesem Mann hatte sie sich allerdings kein genaues Bild gemacht und sich im Gegensatz zu ihren Altersgenossinnen auch nie für Fotos von halb nackten Männer begeistern können.
Genauso wenig hatte sie Männer bisher als Sexualpartner betrachtet. Umso schockierter war sie daher, als ihr jetzt klar wurde, dass sie Alex eben mit ganz anderen Augen gesehen hatte, als er in seinem Zimmer hin und her gegangen war. Im Geiste hatte sie sich nämlich vorgestellt, wie er sich seines Bademantels entledigte. Er hatte fantastisch ausgesehen – und überaus männlich.
“Das war wunderbar”, sagte Alex, als er mit dem Essen fertig war. “Irene hat gesagt, dass ich vorübergehend Mitglied in dem Fitnesscenter werden könnte, in das Sie gehen. Wenn Sie mich weiter so bekochen, muss ich da sicher hin.”
Für ihren Geschmack sah er nicht so aus, als hätte er es nötig, im Fitnesscenter zu trainieren. Allerdings hatte sie keine Ahnung, was er sonst in seiner Freizeit machte. Vielleicht trainierte er regelmäßig zu Hause.
“Ich muss zugeben, dass ich zu faul bin, um ein richtiges Trainingsprogramm auszuarbeiten”, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. “Aber als meine Geschwister jünger waren, waren wir viel draußen, besonders im Sommer. An den meisten Sommerabenden und -wochenenden waren wir am See und sind geschwommen oder gesegelt.”
“Am See?”, wiederholte sie ein wenig neidisch. Sie hatte immer davon geträumt, in der Nähe des Meeres oder eines Sees zu leben. Als sie klein gewesen war, waren Bootsferien für sie das Schönste gewesen. Nur ein einziges Mal hatte sie John dazu überreden können, im Urlaub ein Boot zu mieten. Sally und sie hatten es genossen, aber er wäre lieber in einem Luxushotel abgestiegen.
“Ja. In der Nähe meiner Heimatstadt gibt es einen See, und die meisten Einwohner verbringen ihre Freizeit entweder darin oder darauf. Wir hatten ein Dinghi und …”
“Ich habe mir immer gewünscht, einmal segeln zu lernen”, erklärte sie spontan und errötete daraufhin prompt. Eigentlich war sie sonst gar nicht so mitteilsam.
“Na ja, es gibt keinen Grund, es nicht zu tun”, meinte Alex.
Claire schüttelte den Kopf. “Nicht in meinem Alter.”
“In Ihrem Alter?”, spottete er. “Sie können kaum älter als siebenundzwanzig sein.”
“Ich bin vierunddreißig”, erklärte sie leise, fühlte sich aber insgeheim geschmeichelt, weil er sie viel jünger geschätzt hatte.
“Dass wir keine Teenager mehr sind, heißt nicht, dass wir keine Träume mehr haben dürfen”, sagte er ebenso leise. “Im Gegenteil – je älter man wird, desto mehr braucht man sie womöglich.”
Er machte eine Pause, und sie wusste sofort, dass er an einen seiner Träume dachte. Unwillkürlich fragte sie sich, was das für ein Traum sein mochte.
“Ich habe ein Boot auf dem See. Jahrelang habe ich daran gearbeitet, um es seetüchtig zu machen. Ich dachte, dass ich eines Tages, wenn meine Geschwister erwachsen sind, Zeit haben würde, um die Dinge zu tun, die ich schon immer tun wollte. Sobald das Boot fertig war, wollte ich damit lossegeln – irgendwohin.”
“Warum haben Sie es nicht getan?”, fragte sie.
“Weil ich von zwei raffinierten alten Männern ausgetrickst wurde – meinen Onkeln”, antwortete er trocken. “Ich war kurz davor, ihnen zu sagen, dass ich aus der Firma aussteigen will, als sie mir eröffneten, dass sie beide in den Ruhestand gehen würden … Aber das interessiert Sie sicher nicht”, fügte er unvermittelt hinzu.
Doch, es interessiert mich. Ich möchte alles über dich wissen. Claire erstarrte vor Schreck, als sie die Worte im Geiste formulierte. Zum Glück hatte sie sie nicht ausgesprochen.
“Und was ist mit Ihnen? Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?” Offenbar wollte Alex das Thema wechseln.
“Ich … ich habe eigentlich keine”, gestand sie widerstrebend. “Ich habe ja meine Arbeit, obwohl …”
“Obwohl was?”, drängte er, da sie eine Pause machte und die Stirn runzelte.
“Es kann gut sein, dass die Schule aus finanziellen
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