Eine Frau zum Heiraten
Verkaufstaktik anwendeten und dadurch mehr Aufträge einholten, bestand eine wenn auch geringe Chance, die Dinge zum Besseren zu wenden. Das konnten sie jedoch nur durch harte Arbeit und überdurchschnittliches Engagement erreichen, und Tim war kein Workaholic – momentan jedenfalls nicht.
Die Firma arbeitete mit selbstständigen Installateuren zusammen, die die Klimaanlagen bei den Kunden einbauten. Sie mussten also jemand anders mit der Leitung der Vertretung beauftragen, der die Installateure besser motivierte. Im Geiste ging Alex das Personal in den USA durch. Tatsächlich gab es jemanden, der diese herausfordernde Aufgabe bewältigen konnte, aber wie würde Tim reagieren, wenn er für einige Zeit einen Vorgesetzten bekam?
Alex kam zu dem Schluss, dass die Firma ein neues Management brauchte, wenn sie überleben und erfolgreich sein sollte.
Wieder fragte er sich, ob Tim Claires Geliebter war, und seufzte. Am letzten Abend war Claire um kurz nach elf nach oben gegangen. Er hatte noch bis nach Mitternacht gearbeitet. Ob sie von ihrem Geliebten träumte, wenn sie allein in ihrem Zimmer lag? Ob sie lange wach lag und sich nach ihm sehnte, so wie er sich …?
Alex öffnete die Augen und setzte sich abrupt auf, als die Tür geöffnet wurde. “Ah, Tim. Nein, kommen Sie ruhig rein. Ich wollte mich sowieso mit Ihnen unterhalten.”
“Aber wenigstens war bis jetzt von Entlassungen nicht die Rede”, versuchte Claire Tim zu trösten.
“Nein, aber es ist nur eine Frage der Zeit”, meinte er pessimistisch.
Claire beobachtete ihn mitfühlend. Er war vor einer halben Stunde gekommen, weil er Alex gesucht hatte. Alex hatte offenbar kurz vor der Mittagspause das Büro verlassen, ohne zu sagen, wohin er ging.
“Ich dachte, er wäre vielleicht hier”, hatte Tim erklärt, nachdem sie seine Frage verneint hatte.
Als er in ihrer Küche auf und ab ging und sich ihr anvertraute, konnte sie ihm nur zuhören, denn es gab nichts, was sie hätte sagen oder tun können.
Anscheinend hatte er gehofft, dass Alex ihr anvertrauen würde, was er mit ihm vorhatte. In gewisser Weise war sie erleichtert, dass Alex es nicht getan hatte. In dem Fall hätte sie entweder sein Vertrauen missbrauchen oder Tim wichtige Informationen vorenthalten müssen.
“Alles hat sich verändert”, erklärte Tim unglücklich. “Der Konkurrenzkampf ist härter geworden, und man muss viel aggressiver auftreten. Ich bin zu alt, um diese Tricks noch zu lernen. Und wo soll ich in meinem Alter noch einen Job finden?”
Er verzog das Gesicht, als die Katze zu maunzen begann. “Sie wird deine Möbel zerkratzen”, warnte er Claire.
“Nein, das wird sie nicht”, erwiderte sie gelassen. “Ich werde ihr nämlich einen Kratzbaum kaufen.”
“Hm.” Zweifelnd betrachtete er das Tier. Er konnte sich lebhaft Irenes Reaktion vorstellen, wenn er die Katze mit nach Hause genommen hätte. Irene war einfach nicht so weichherzig wie Claire. Sie hatte viel mit ihrem verstorbenen Bruder gemeinsam.
“Ich gehe jetzt lieber”, verkündete er. “Alex ist mittlerweile wohl zurück und fragt sich bestimmt, wo ich stecke.”
“Ich bringe dich zum Wagen”, erbot sich Claire.
Tim wirkte müde und gestresst. Er erinnert mich an einen mitgenommenen Teddybären, dachte sie, als sie ihn nach draußen begleitete.
“Danke, dass du mir zugehört hast”, sagte er schroff. “Ich weiß schon seit einiger Zeit, dass es so nicht weitergehen kann, aber man macht sich trotzdem Hoffnungen.”
“Versuch dir nicht zu viele Sorgen zu machen.” Zum Abschied drückte sie ihn noch einmal.
Als er auf Claires Haus zufuhr, sah Alex die beiden eng umschlungen. Offenbar hatten sie seinen Wagen nicht gehört.
Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, stieg Tim in seinen Wagen, ohne sich noch einmal umzusehen. Claire blieb auf dem Weg stehen und blickte ihm nach. Alex bemerkte sie erst, als er die Wagentür zuknallte. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn erschrocken an.
“Oh, Alex … Sie haben Tim gerade verpasst”, begann sie. “Er …”
“Ja, ich habe ihn gesehen”, sagte er kurz angebunden.
Unwillkürlich verspannte sie sich und betrachtete besorgt sein Profil. Ob Tim recht hatte und Alex tatsächlich im Begriff war, ihn zu entlassen? Ihr war klar, dass sie sich nicht dazu überwinden konnte, ihn danach zu fragen. “Hatten Sie mit ihm sprechen wollen?”, erkundigte sie sich zögernd.
“Nein, nicht zu diesem Zeitpunkt”, entgegnete er grimmig und ging zum Haus,
Weitere Kostenlose Bücher