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Eine Freundschaft im Winter

Eine Freundschaft im Winter

Titel: Eine Freundschaft im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaya McLaren
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Kurven heute, Lisa. Hübscher Hintern.«
    »Gefällt er dir?«, fragte Lisa beschwingt. Sie rieb mit der Hand über eine Pobacke und verteilte dabei Mehl auf ihrer Jeans.
    Er warf ihr seinen verführerischsten Blick zu.
    »Nimm mich von deinem Spielbrett, Tom Cat. Du bist so ein Edel-Womanizer. In dein Bett zu kommen wäre so, als müsste ich einen Antrag zur Führerscheinverlängerung stellen. Zuerst müsste ich die Nummer ziehen, dann darauf warten, dass du mich aufrufst …« Sie hielt sich ein unsichtbares Mikrofon vor den Mund: »›Nummer 86! Nummer 86, bitte treten Sie ans Bett, und ziehen Sie sich aus!‹« Sie beendete ihre Durchsage mit undeutlichen Mikrofongeräuschen.
    Während sie ihn aufzog, hätte Lisa schwören können, für einen winzigen Moment einen verletzten Ausdruck auf Toms Gesicht gesehen zu haben, so als hätte er sich nie überlegt, dass eine seiner Geliebten sich bei seinem Ruf nicht als etwas Besonderes fühlen würde – auch wenn sie es in Wirklichkeit war.
    Tom zwang sich zu einem Lächeln und sagte: »Eine Maschine, an der man Nummern ziehen kann! Das ist brillant! Endlich habe ich etwas gefunden, um die Massen unter Kon t rolle zu bekommen. Ich werde mich gleich danach auf die Suche machen!« Er nahm sich einen Lebkuchen und ging zur Tür. »Ich habe zu tun. Danke für den Keks«, sagte er und verschwand.
    Lisa beobachtete ihn durchs Küchenfenster und fragte sich, was gerade passiert war.
    Sie trat an den Schrank und hängte ihr Candy Land- Spielbrett ab. Sie war nicht mehr die Frau, die sie früher gewesen war. Einen Moment lang betrachtete sie Toms Spielbrett. Alle Hinweise deuteten darauf hin, dass seine Enthaltsamkeit nicht lange anhalten würde. Also ließ sie es hängen.
    Dann blickte sie wieder aus dem Fenster. Sie sah, dass das Licht in Toms Schlafzimmer für ein paar Minuten anging und dann wieder ausgeschaltet wurde. Warum war er so schnell verschwunden? Hatte sie ihn verletzt? War das überhaupt möglich? Sie hatte immer geglaubt, dass Tom auf eine gewisse Art und Weise Tiefe hatte, und dann auch wieder gar nicht.
    Sie dachte über die Väter nach, die ihre Kinder zum Skikurs brachten. Sie waren so vollkommen anders als die Jungs. Und ob wohl sie diese Männer jeden Tag sah, kamen sie ihr fremdartig vor. Sie stellten etwas dar, das sie nicht kennenlernen konnte, weil sie schon von anderen Frauen als ihr Besitz beansprucht worden waren, ehe Lisa überhaupt von ihrer Existenz gewusst hatte. Die Sortierung war bereits vorgenommen worden, und sie hatte sie verpasst. Jetzt blieben ihr nur die Peter Pans. Nein, das würde sie nicht mitmachen. Es musste etwas Besseres geben – selbst für sie. Wenn Gott für Moses das Rote Meer teilen konnte, dann konnte er für sie sicherlich auch einen besseren Mann finden. Lisa traf eine Entscheidung.
    Sie verstaute die Plätzchen, zog Stiefel und ihre schicke Ausgeh-Jacke an und ging zur Kirche. Wie die anderen beiden Kirchen in der Stadt war die katholische Kirche klein – nicht viel größer als ihr eigenes Haus –, doch sie hatte einen ganz besonderen Charme. Sie ging die Stufen hinauf, zog die schwere Tür auf und ging zum ersten Seitenaltar. Sie machte das Kreuzzeichen, hauchte einen Kuss auf ihre Fingerspitzen und berührte Jesus’ Gesicht auf dem Bild vor sich. Es schien, als hätte sie die ganze Kirche für sich allein, also ging sie langsam den Mittelgang entlang bis zum Hauptaltar. Sie merkte, wie die Holzdielen ein wenig unter ihr nachgaben und bei dem einen oder anderen Schritt etwas knarrten. Deshalb war sie hergekommen, deshalb wollte sie eine Kerze anzünden – wegen dieses Mittelgangs. Sie wollte ihn spüren. Es war ein bisschen so wie bei den Skilehrern, die im Rollenspiel miteinander übten, ehe sie tat sächlich einen Kurs gaben. Oder wie bei einer Mund-zu-Mund- Beatmung an einer Puppe. Es war ihr Probelauf.
    Sie konnte es sich nicht vorstellen, ihre Umgebung durch einen Brautschleier hindurch zu sehen, konnte sich den Blumen- und Bänderschmuck nicht vorstellen, obwohl sie in dieser Kirche schon genug Hochzeiten miterlebt hatte, um sich wenigstens dieses Bild vor ihr inneres Auge zu rufen. Und sie konnte sich nicht vorstellen, wer am Ende dieses Gangs vor dem Altar auf sie warten würde. Wenn sie sich jemanden in einem schicken Anzug ausmalte, hatte er irgendwie immer Toms Gesicht.
    Vorn am Altar steckte sie dreißig Cent in eine Sammelbüchse und nahm sich drei kleine Kerzen. Sie steckte sie an einer brennenden Kerze

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