Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
draußen, bevor meine Verfolger begriffen, was passiert war, sprang von der Rampe und sprintete zur Vorderseite des Gebäudes und zur Straße. Umrundete die Ecke, als Scheinwerfer auftauchten und mich blendeten.
    Der Klotz hatte es zu einem der Autos geschafft. Der Motor heulte auf, als er das Gaspedal durchtrat. Meine Beine wussten, bevor mein Verstand das Auto zur Kenntnis nahm, was sie zu tun hatten. Ich fand mich am Fundament der Fabrik wieder. Die Smith & Wesson war gute zweieinhalb Meter von mir entfernt gelandet. Keuchend, schweißnass kroch ich auf sie zu, als das Auto zurücksetzte. Ich erreichte die Pistole, als der Klotz wieder auf mich zufuhr. Ich witterte den Rest meiner Freunde hinter mir, als zwei weitere Scheinwerfer den ersten Gesellschaft leisteten. Ich konnte nicht hinter die Lastwagen rennen: Der Rest der Bande hätte mich festgenagelt wie eine Ratte in der Falle.
    Meine Arme zitterten so stark, dass ich die Pistole kaum halten konnte. Ich wartete so lange auf die Autos, wie ich mich traute, schoss einmal auf jede Windschutzscheibe, steckte die Waffe in die Halfter zurück und rannte auf den Kanal zu. Mit der letzten Kraft, die ich aufbrachte, sprang ich in das stinkende Wasser.

33
    Erinnerungen an ein mitternächtliches Bad
    »Sie haben Glück gehabt, Warshawski, ein Scheißglück. Was hätten Sie gemacht, wenn nicht zufällig dieser Kahn vorbeigekommen wäre?« Conrad Rawlings brüllte so laut, dass er mich wach hielt.
    »Ich wäre nicht ertrunken, falls Sie das glauben sollten. Ich hatte noch genug Kraft in den Schultern, an der Seite hochzuklettern.«
    »Sie hatten einfach gottverfluchtes Glück«, wiederholte er. »Das Ufer besteht aus festem Beton. Es ist nicht zum Klettern gedacht.«
    »Aus reiner Neugier, was hattest du denn um drei Uhr morgens am Kanal verloren?« Das war Terry Finchley, der im Konversationston sprach.
    Ich blinzelte ihn unter der Schutzhülle der von der Polizei zur Verfügung gestellten Decke an. Als die Santa Lucia mich unter der Brücke an der Damen Avenue treiben sah, hatte die Besatzung mich herausgefischt und die Wasserstreife der Polizei gerufen. Inzwischen war ich so gut wie bewusstlos und wusste nicht, ob meine Freunde von Diamond Head am anderen Ufer waren und vor Frustration von einem Bein aufs andere traten.
    Die Schlepperbesatzung wickelte mich in eine Decke und flößte mir heiße Suppe ein, während wir auf die Cops warteten. Als die Kanalstreife kam, nahm die Besatzung ihre Decken wieder an sich, und die Polizei stellte mir was Hübsches in Blauweiß zur Verfügung. Die Decke sah nach den Dingern aus, mit denen die berittene Polizei ihre gepflegten Pferde einpackt.
    Die Kanalcops waren nett, so nett, dass mir plötzlich durch die Nebelschwaden der Müdigkeit klar wurde, sie glaubten, ich hätte versucht, mich umzubringen. Sie nahmen mir die Smith & Wesson weg und wollten wissen, wen sie anrufen sollten. »Terry Finchley vom ersten Revier«, murmelte ich und wachte jedes Mal ruckartig auf, wenn sie mich fragten. »Er kann es Ihnen erklären.«
    Erst beim dritten oder vierten Mal bekam ich mit, dass sie einen Ehemann, eine Schwester oder sonst jemanden wollten, dem sie mich übergeben konnten. Ich war erschöpft, aber ich war noch bei Verstand. Ich wusste, dass ich nicht in der Verfassung war, mich mit jemandem anzulegen, der auf mich warten mochte, weder zu Hause noch bei Mrs. Polter. Normalerweise rufe ich in solchen Krisen Lotty an, aber das ging heute Nacht auch nicht. Außerdem wohnte sie bei Max. Ich murmelte einfach immer wieder Finchleys Namen und döste ein.
    Es muss fast vier gewesen sein, als einer der Streifenpolizisten mich am Arm schüttelte. »Stehen Sie auf, Schätzchen. Wir haben Terry Finchley für Sie aufgetrieben.« »Sie hat keine Schuhe«, hörte ich einen aus dem Streifenteam sagen.
    »Sie ist zäh.« Finchleys Stimme war kilometerweit weg. »Ihre Füße vertragen ein paar Spreißel, ohne gleich kaputtzugehen.«
    Ich stolperte hinter dem Streifenpolizisten her, der mich geweckt hatte. Als wir zur Gangway kamen, drehte er sich um, hob mich hoch und setzte mich neben Finchleys Fahrer. Ich bin es nicht gewöhnt, wie ein Gegenstand behandelt zu werden. Das fügte meiner Erschöpfung noch das Gefühl von Hilflosigkeit hinzu.
    »Sie hatte das da dabei; ich weiß nicht, ob sie einen Waffenschein hat.« Der Sergeant gab Finchley meine Pistole.
    »Sie muss gereinigt werden«, hörte ich mich sagen. »Gereinigt und geölt. Sie war unter

Weitere Kostenlose Bücher