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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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wird langweilig. Aber irgendwie gefallen mir die Streifenwagen. Ich hätte nie gedacht, dass mich der Anblick der Blauweißen so aufheitern könnte.«
    »Ich nehme an, eine Dame deiner Klasse erwartet Geschenke, Ms. W., und weil ich mir keine Diamanten leisten kann, muss ich dir geben, was ich habe. Wie wär's mi t einem Essen morgen Abend?«
    Ich lachte leicht. »Wie war's mit Mittwoch? Morgen arbeite ich lange.«
    Am Mittwoch hatte er keine Zeit. Wir einigten uns auf Freitag, im Costa del Sol, einem mexikanischen Restaurant in der Belmont Avenue, knapp westlich vom Yuppieterrain.
    »Wenn zu deiner Arbeit morgen gehört, dass du auf bewaffnete Ganoven losgehst, ohne mir was davon zu sagen, bin ich ein bisschen vergrätzt«, fügte er hinzu.
    Ich verspürte einen unerwarteten Schub von Wut, versuchte aber, mich gemäßigt auszudrücken. »Ich weiß die Streifenwagen und die Sorge zu schätzen, Sergeant, aber ich habe dir mein Leben nicht übertragen. Falls der Handel so aussieht, gehe ich lieber ein Risiko auf der Straße ein.« Mäßigkeit ist nicht meine Lieblingstugend.
    »So siehst du das, Vic?« Er klang überrascht. »Ich bin Cop. Und sosehr ich dich auch mag, es gefällt mir nicht, wenn Zivilisten in die Schusslinie geraten - macht die Polizeiarbeit zehnmal schwerer. Außerdem krieg ich eine Gänsehaut, wenn ich mir vorstelle, wie jemand auf einer Leiter zu deinem Fenster hochsteigt und eiskalt bei dir einbricht.«
    »Dabei krieg ich auch eine Gänsehaut, aber ich habe die Lage im Griff. Und außerdem bin ich Zivilistin - ich mag es nicht, wenn Cops mir vorschreiben, wie ich meine Arbeit machen soll. Und noch vor einer Woche habt ihr Jungs mir nicht geglaubt, dass es überhaupt eine Schusslinie gibt. Jetzt habe ich es euch bewiesen, und ihr wollt, dass ich einpacke und nach Hause gehe. Vielleicht sollten Cops und Privatermittler sich nicht allzu eng anfreunden.« Ich bereute den letzten Satz schon, als ich ihn aussprach. »Uh, Tiefschlag, Ms. W. - Tiefschlag. Ich sehe nicht, wieso es bei unserer Arbeit Konflikte geben sollte, aber vielleicht siehst du das anders.«
    »Conrad, ich weiß, dass es gute Cops gibt; mein Dad war einer. Aber Cops sind wie jede andere Gruppe - wenn sie zusammen sind, verhalten sie sich wie ein Klan. Sie zeigen Leuten außerhalb ihrer Clique gern ihre kollektive Stärke. Und die Gesellschaft gibt euch Jungs eine Menge Macht, mit der ihr eure Stärke beweisen könnt. Manchmal glaube ich, mein ganzer Beruf besteht darin, mich aus Cliquen herauszuhalten - Cliquen aus Cops und Geschäftsleuten und so weiter -, um euch daran zu erinnern, dass eure Perspektive nicht die einzige ist.«
    Er schwieg einen Augenblick. »Willst du trotzdem noch am Freitag mit mir zu Abend essen?«
    Ich spürte, dass meine Wangen rot wurden. »Klar. Ja, falls du es dir nicht anders überlegt hast.«
    »Schön, lassen wir es einfach dabei bewenden, bevor wir Sachen sagen, die uns am Wiedersehen hindern könnten. Für eine solche Diskussion am Telefon kann ich nicht schnell genug denken.« Er zögerte und sagte dann: »Versprichst du mir, dass du mich anrufst, wenn jemand versucht, dir was zu tun? Dich überfahren, durch dein Fenster einsteigen will, was auch immer? Oder verstößt das gegen deine Prinzipien?« Ich war damit einverstanden, aber als ich auflegte, ballte ich immer noch die Fäuste. Ich hätte es besser wissen müssen und nicht mit einem Polizisten ins Bett gehen dürfen. In den letzten zwei Wochen hatte ich jeden Tag gehandelt, ohne nachzudenken. Und jeden Tag hatte mir das Ärger eingebracht.
    Das Telefon klingelte wieder, als ich ins Bad ging, um mich bettfertig zu machen. Ich war versucht, es läuten zu lassen -schließlich war es nach elf. Aber vielleicht war es Rawlings, der die Sache ausbügeln wollte. Ich nahm nach dem fünften Klingeln den Hörer des Apparats im Schlafzimmer ab. Es war Murray Ryerson. Nach dem Lärm im Hintergrund zu schließen, rief er von einer Party aus an.
    »Bist du besoffen, Murray? Es gehört sich nicht, um diese Zeit noch Leute anzurufen.« »Wirst du alt, Warshawski? Ich habe gedacht, für dich fängt eben erst der Abend an.«
    Ich zog dem Hörer eine Grimasse. »Ja, ich werde alt. Hat jetzt, wo du das weißt, deine Reporterseele ihren Frieden?«
    »Nicht ganz, Vic.« Er brüllte, damit ich ihn über die Musik hinweg hören konnte. Ich hielt den Hörer ein Stück vom Ohr weg.
    »Wie kommt es, dass du in den Sanitary Canal fällst, ohne es mir zu erzählen? Einer

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