Eine für alle
»Natürlich gehörte sie zur Generation meiner Mutter, aber Mr. Hellstrom ist in diesem Haus aufgewachsen und hat versucht, mit ihrem Sohn zu spielen, aber er - ihr Sohn, meine ich - war kein Junge, den andere Kinder besonders mochten. Wenn man allerdings bedenkt, wie seltsam sie ist, wundert einen das im Grunde nicht, nicht wahr? Obwohl sie immer eine gute Nachbarin war, mal abgesehen von dem Abfall in ihrem Garten und den Hunden.«
Ich bekam kein klares Bild davon, was Mrs. Frizell je getan hatte, um sich den Ruf einer guten Nachbarin zu verdienen. Vielleicht war der einzige Grund, dass sie sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten gekümmert hatte. Das Gespräch wandte sich dann der Selbstsucht meiner Generation zu, etwas, das ich nicht recht abstreiten konnte. Aber Mrs. Hellstrom war glücklich darüber, dass es in der Straße junge Leute gab, die noch einiges von alten nachbarschaftlichen Werten hielten.
»Natürlich war es falsch, dass diese jungen Leute die Hunde einschläfern ließen, aber sie sind eingesprungen und kümmern sich um Hatties Angelegenheiten. Und es ist bestimmt kein Vergnügen, sich um eine griesgrämige alte Frau wie sie zu kümmern.« »Nein, wirklich nicht«, murmelte ich. »Ich nehme an, sie sind ganz schön aufgeschmissen, weil sie den Grundbuchauszug von Mrs. Frizells Haus nicht finden können.«
»Den Grundbuchauszug?«, fragte Mrs. Hellstrom scharf. »Wozu wollen sie den?« Ich versuchte, ein unschuldiges, sogar naives Gesicht zu machen. »Ich glaube, es geht um das Krankenhaus. Sie müssen irgendeinen Beweis für ihre Finanzlage vorlegen. Vielleicht müssen sie sogar eine Hypothek aufnehmen, denn es sieht danach aus, als müsse sie noch eine Weile dort liegen.«
Mrs. Hellstrom schüttelte hilflos den Kopf. »Wie weit ist es mit diesem Land gekommen? Da ist eine alte Frau, die ihr Leben lang schwer gearbeitet hat, und jetzt muss sie vielleicht ihr Haus aufgeben, bloß weil sie im Bad gestürzt ist? Da kriegt man ja Angst vor dem Altwerden, richtige Angst.«
Ich pflichtete ihr bei. In einem Jahr werde ich vierzig. Auch ohne Mr. Contreras' Mahnungen machte mich die Aussicht auf das nervös, was aus ältlichen, ärmlichen Privatdetektiven wird.
»Sie hat Ihnen ihre persönlichen Papiere nicht zur Aufbewahrung gegeben, oder?« »O nein. Hattie ist nicht der Typ, der anderen Wertsachen anvertraut. Ich habe von ihren Sachen nur das Kästchen mit Hundesachen - Fotos, Stammbäume und so. Ich habe es mitgenommen, als wir sie an jenem Abend gefunden haben, weil ich wusste, dass ihr das besonders am Herzen lag.«
»Ob ich mir das wohl mal anschauen könnte?« Ich bemühte mich um einen beiläufigen Ton.
»Schätzchen, wenn Sie das glücklich macht, können Sie sich jedes einzelne Foto ansehen. Es ist nicht viel, aber sie hat sich ein wunderhübsches Kästchen für die Hundepapiere besorgt. Typisch Hattie, dass ihr das für die Hunde wichtiger ist als die eigenen Unterlagen ... Noch Tee, Schätzchen?«
Als ich abgelehnt hatte, eilte sie zur Vorderseite des Hauses. Sie war gleich wieder da, mit einem Lackkästchen, das etwa vierzig Zentimeter lang und zehn Zentimeter tief war. Es war ein schönes Stück mit einem farbenfrohen Intarsienbild auf dem Deckel, das einen Hund zeigte, der den Kopf in den Schoß eines Mädchens unter einem Pfirsichbaum legte. Es war so gut gearbeitet, dass der Deckel fest aufsaß, sich aber mit einem leichten Druck öffnen ließ. Ich blickte auf ein unscharfes Porträt von Bruce.
»Ich möchte wieder zu meinen Pflanzen, Schätzchen. Lassen Sie das Kästchen einfach auf dem Tisch stehen, wenn Sie fertig sind. Und schenken Sie sich bitte Tee nach, wenn Sie welchen wollen.«
Ich bedankte mich bei ihr und zog vorsichtig Papiere aus dem Kästchen. Unter Bruces' Gesicht war ein Gruppenbild der anderen vier Hunde, die am hinteren Zaun standen. Sie hatte sie irgendwie dazu gebracht, dass sie alle auf den Hinterbeinen standen und die Vorderpfoten auf den Zaun legten. Obwohl ebenfalls unscharf, war der Schnappschuss hübsch. Vielleicht heiterte es sie auf, wenn er neben ihrem Krankenhausbett stand. Ich legte ihn beiseite, um ihn beim nächsten Besuch mitzunehmen.
Unter diesen beiden Fotos lag eine Reihe von Aufnahmen, die frühere Hunde zeigen mussten, außerdem Bruces' Stammbaum und die Papiere anderer, längst toter Hunde. Eine Handvoll vergilbter Zeitungsausschnitte legte Zeugnis ab von Mrs. Frizells ruhmreichen Jahren, in denen sie schwarze Labradors ausgestellt und
Weitere Kostenlose Bücher