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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Preise für sie bekommen hatte. Niemand hatte je erwähnt, dass sie etwas derartig mit Disziplin Verbundenes getan hatte.
    Schließlich fand ich auf dem Boden des Kästchens ein kleines Bündel persönlicher Papiere. Den Grundbuchauszug. Und drei Obligationen, jede mit einem Nennwert von zehntausend Dollar. Kuponobligationen mit siebzehn Prozent Zinsen, ausgegeben von Diamond Head Motors.

41
    Eine neue Banker-Rasse
    Ich starrte die Obligationen lange an, versuchte, sie dazu zu bringen, dass sie mir mehr verrieten als ihren Nennwert. Oder ihre Wertlosigkeit. Im Februar hatte Mrs. Frizell ihr Konto bei der Bank of Lake View aufgelöst, ihr Geld auf die U. S. Met transferiert und für dreißigtausend Dollar Obligationen von Diamond Head gekauft. Weil in ihrem Brief an die Bank of Lake View stand, sie bekomme bei U. S. Met 17 Prozent Zinsen, lag die Vermutung nahe, dass ihr die Bank die Obligationen verkauft hatte. Und das bedeutete ... etwas so Hässliches, dass ich hoffte, es sei nicht wahr.
    Mrs. Frizells persönliche Papiere waren auf dem Boden des Lackkästchens ein paar Wochen lang sicher gewesen, aber ich zögerte, sie hierzulassen. Weil Mrs. Hellstrom Todd und Chrissie für liebe, hilfsbereite Nachbarn hielt, hätte sie ihnen das Versteck bestimmt auch gezeigt, wenn sie auf die Idee gekommen wären, sie zu fragen. Ich steckte den Grundbuchauszug und die Obligationen in meine Handtasche, legte sorgfältig den ganzen Hunderuhm in der richtigen Reihenfolge zurück und schloss den Deckel. Um meinen Ruf liebevoller Hilfsbereitschaft zu mehren, spülte ich die Eisteegläser und stellte sie auf die Abtropfplatte.
    Mrs. Hellstrom jätete auf allen vieren, als ich aus der Küche herauskam. »Sind Sie fertig mit dem ganzen Zeug, Schätzchen?«
    »Ja. Kein Wunder, dass ihr Sohn so verbittert ist: Bei allen Andenken geht es nur um die Hunde. Sie hat nicht mal ein Kindergartenbild von ihm aufgehoben. Ich habe übrigens gar nicht gewusst, dass sie die Hunde für Ausstellungen gezüchtet hat.«
    »O doch.« Sie setzte sich auf die Fersen zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Vermutlich haben mich die Hunde deshalb nicht so gestört wie andere Leute hier. Ich kann mich daran erinnern, dass der Garten tipptopp in Ordnung war, als sie bis zu acht Labradors hatte, alle wohlerzogen. Erst in den letzten Jahren wurde sie mit ihnen nicht mehr so fertig wie früher. Maia Tertz könnte Ihnen alles darüber erzählen. Sie hat früher von Hattie Hunde gekauft, für ihre Familie. Alle ihre Kinder haben Labradors, Nachkommen von Hatties Labradors, du meine Güte, ja, und ich nehme an, ihre Enkel auch. Junge Leute wie Chrissie wissen so was wohl nicht zu schätzen.« »Chrissie scheint Leuten in anderer Hinsicht zu helfen«, wagte ich mich vor. »Ich habe gehört, sie hat jede Menge Erfahrung mit Geldgeschäften.«
    »Kann schon sein, Schätzchen, aber Mr. Hellstrom und ich, wir entscheiden lieber selbst, wo wir investieren. Wir haben nicht viel zu verlieren, deshalb können wir es uns nicht leisten, uns Verkaufsvorträge anzuhören.«
    »Ich habe ein Bild von ihren Hunden mitgenommen. Ich habe gedacht, vielleicht heitert es sie auf, wenn es neben ihrem Bett steht.«
    »Warum bin ich bloß nicht darauf gekommen? Das ist eine wunderbare Idee. Einfach wunderbar. Und ich habe Sie immer für einen solchen Snob gehalten - Entschuldigung, Schätzchen, ist mir einfach herausgerutscht.« Sie lächelte verlegen und ging wieder auf alle viere, um weiterhin unsichtbares Unkraut zwischen ihren Rosenbüschen herauszuzupfen.
    Als ich die Racine Avenue entlang zur Belmont Avenue ging, kam ich mir vor, als zeige ein großes rotes X auf meiner Tasche an, wo die Obligationen steckten. Ich schaute mich nervös nach allen Leuten um, die mir zu nahe zu kommen schienen. Als ich an die Kreuzung kam, hielt eben ein Bus. Ich stieg ein und fuhr die achthundert Meter zur Bank of Lake View, damit nichts passieren konnte.
    In der kühlen, muffigen Schalterhalle mietete ich ein Schließfach. Alma erlaubte mir, ihr Xeroxgerät zu benutzen, um die Obligationen und den Grundbuchauszug zu kopieren. Ich machte je zwei Kopien. Einen Satz faltete ich zusammen und steckte ihn in die Innentasche meiner Jacke; den zweiten schob ich in einem Umschlag in meine Handtasche. Nachdem ich die Originale im Schließfach verwahrt hatte, ging ich zu Almas Schreibtisch zurück. Sie beendete ein Telefongespräch und schaute mich forschend an. Wenn es um mich ging, schien ihr

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