Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
gefragt haben, wann er mit dem Geld zurückkommt.«
    Sie schlug sich mit einer riesigen Handfläche gegen die Stirn. »Stimmt. Sie haben ja so recht, Schätzchen. Ich hab ihm hinterhergerufen, als er die Treppe runter ist. Vergessen Sie nicht, dass Sie mir fünfzig Eier schulden<, so was in der Richtung.« Sie lächelte, zufrieden mit sich, und schaukelte so, dass der Metallstuhl quietschte. »Und was hat er gemacht?«, stocherte ich.
    Sie drehte sich wieder im Stuhl um, griff nach dem Feuerlöscher und drohte damit den drei lachenden Jungen. Als sie sich auf die Straße zurückgezogen hatten, sagte sie: »Was haben Sie gesagt, Schätzchen?« Ich wiederholte die Frage.
    »Oh. Oh, klar. Er hat sich umgedreht und mir zugezwinkert. >Nicht nötig, mich damit Abzuspritzen sagte er< und meinte damit natürlich den Feuerlöscher. >Ich hab nämlich jede Menge Geld. Werd's jedenfalls bald haben. Sehr bald.«<
    »Ist er von der Treppe aus nach links oder rechts gegangen?«
    Sie legte die Stirn in der Anstrengung, sich zu erinnern, bis zu den dünnen gelben Haarbüscheln in Falten, aber sie konnte die Szene nicht heraufbeschwören; sie war mit den Gedanken bei den Kindern unten gewesen, nicht bei einem weiteren ausgetrockneten Mieter.
    »Ich möchte gern einen Blick in sein Zimmer werfen, bevor ich gehe.« »Haben Sie einen Haussuchungsbefehl, Schätzchen?«
    Ich zog einen Zwanziger aus der Handtasche. »Keinen Haussuchungsbefehl. Aber wie wär's mit einer Nachfüllung für Ihr Ding da?«
    Sie beäugte mich, dann das Geld, dann die Kinder unten. »Ihr Cops könnt ohne Haussuchungsbefehl nicht einfach so reinplatzen. Das steht in der Verfassung, falls Sie das nicht wissen. Aber bloß dieses eine Mal, weil Sie eine Frau und ordentlich angezogen sind, lass ich Sie rein, aber wenn Sie mit Männern wiederkommen, bringen Sie besser einen Haussuchungsbefehl mit. Gehen Sie hinauf in den ersten Stock. Sein Zimmer ist auf der linken Seite zwei Türen hinter dem Bad.« Sie wandte den Kopf unvermittelt zur Straße, als ich die Fliegentür aufmachte.
    Ihr Haus stank heftig nach dreckigen Spüllappen. Es war dunkel, schmal und eng gebaut, nur an der Vorder- und Hinterseite mit Fenstern. Dem Geruch nach waren sie schon lange nicht mehr aufgemacht worden. Die Treppe stieg steil vor mir auf. Ich ging vorsichtig hinauf. Trotzdem blieb ich mehrmals an losem Linoleum hängen. Ich tastete mich durch den Flur im ersten Stock zum Bad, fand dann die zweite Tür links. Sie stand offen, das Bett war flüchtig gemacht, wartete auf Krugers Rückkehr. Im Reich von Mrs. Polter gab es keine individuellen Schlösser und nicht viel Privatsphäre, aber Kruger hatte nicht viel, was zur Privatsphäre gehörte. Ich wühlte in seinem Vinylkoffer, fand aber nur Papiere über seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft, seine Gewerkschaftsrente und ein Formular, das dem Sozialamt seine neue Adresse mitteilen sollte. Er hatte außerdem alte Zeitungsausschnitte aufgehoben, offenbar über Diamond Head. Vielleicht sollte die Fabrik ihm als Quelle menschlichen Kontakts die verschwundene Familie ersetzen.
    Sein einziger halbwegs wertvoller Besitz war ein tragbarer Schwarzweißfernseher. Die Antenne war verbogen, und ein Knopf war abgebrochen, aber als ich ihn einschaltete, war das Bild erstaunlich klar. Mitchs Kleider waren so schmierig, dass ich beim Hinausgehen im Bad Station machte, um mir die Hände zu waschen. Ein Blick auf die Handtücher überzeugte mich davon, es sei gesünder, die Hände an der Luft trocknen zu lassen. Ein Mann mittleren Alters, in einem ausgefransten Unterhemd und in Shorts, wartete vor der Badezimmertür. Er musterte mich hungrig.
    »Wird auch Zeit, dass das alte Miststück jemand wie dich ins Haus holt, Süße. Ein Labsal für müde Augen. Ein Labsal für müde Augen, verdammt noch mal, das steht fest.« Er rieb sich an mir, als ich vorbeiging. Ich verlor den Halt und trat ihn ans nackte Bein, um das Gleichgewicht wiederzufinden. Ich spürte auf dem ganzen Weg die Treppe hinunter seinen bösen Blick im Nacken. Eine bessere Detektivin hätte die Gelegenheit ergriffen, ihn nach Mitch Kruger zu fragen.
    Mrs. Polter sagte gar nichts, als ich mich bei ihr dafür bedankte, dass ich mich hatte umschauen dürfen, aber als ich schon auf der Treppe war, rief sie mir nach: »Denken Sie daran, das Zimmer ist nur bis Sonntag bezahlt. Danach muss der alte Mann herkommen und Krugers Sachen abholen.«
    Ich blieb stehen und überlegte. Mr. Contreras wollte

Weitere Kostenlose Bücher