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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Expressway dem Verlauf des Sanitary Canal; früher, bevor der Stevenson gebaut wurde, war sie die Hauptstraße durch das Industriegebiet.
    Es gibt in diesem Stadtteil zwar auch ruhige, gepflegte Straßen, aber die Archer Avenue gehört nicht dazu. Schäbige zweistöckige Häuser und heruntergekommene Bungalows grenzen direkt an das Trottoir. Die einzigen Lebensmittelläden sind offene Schuppen, die außerdem Bier, Schnaps und Schulbedarf verkaufen. Bei der Anzahl von Kneipen in der Avenue ist schwer zu sagen, wer die Läden am Leben erhält. Mrs. Polters Haus war ein langer, schmaler Kasten, verkleidet mit Eternitplatten, die stellenweise abgefallen waren, wo morsches Holz zum Vorschein kam. Mrs. Polter musterte von ihrer Vorderveranda aus übellaunig die Straße, als ich hielt. »Veranda« war in Wahrheit ein zu großspuriges Wort für das baufällige Rechteck aus vergammelten Brettern, das oben auf einer wackeligen Treppe thronte und gerade so viel Platz bot, dass ein grüner Metallstuhl darauf passte und die zerrissene Fliegentür gerade noch aufging. Mrs. Polter war eine massige Frau, deren Hals in den Speckringen über der Schulter unterging. Das braunkarierte Hauskleid, das wie ein Überbleibsel aus den Zwanzigern aussah, hatte schon lange den Kampf verloren, den Spalt zwischen ihren Brüsten zu bedecken. Eine Sicherheitsnadel sollte der Baumwolle dabei helfen, franste aber nur die Stoffränder aus.
    Soweit ich es mitbekam, hatte sie den Kopf nicht gedreht, als ich die Treppe hinaufstolperte, und sie machte sich nicht die Mühe, mich anzuschauen, als ich vor ihr stand. »Mrs. Polter?«, sagte ich nach einem langen Schweigen.
    Sie bedachte mich mit einem grollenden Blick und wandte sich dann wieder der Straße zu, wo drei Jungen auf Fahrrädern versuchten, auf den Hinterrädern zu fahren.
    »Ich möchte Ihnen ein paar Fragen nach Mitch Kruger stellen.«
    »Ihr Bengel, bildet euch ja nicht ein, ihr dürft auf mein Grundstück«, rief sie, als die Jungen auf den Rädern über den Randstein hopsten.
    »Der Gehweg ist für alle da, fette Kuh«, brüllte einer zurück.
    Die beiden anderen lachten schallend und tänzelten mit den Rädern am Randstein auf und ab. Mrs. Polter bewegte sich mit der Schnelligkeit eines Boxers, griff nach einem Feuerlöscher und spritzte über das Geländer weg nach den Jungen. Sie hopsten auf die Straße zurück, außer Reichweite, und lachten weiter. Mrs. Polter stellte den Feuerlöscher neben sich auf den Boden. Es war eindeutig ein Spielchen, das alle Beteiligten schon öfter gespielt hatten.
    »Hier werden zu viele Häuser verwüstet, weil die Leute nicht den Mumm haben, für ihr Eigentum einzutreten. Die verfluchten kleinen Mexe. Zum Teufel, das war eine ganz andere Gegend, bevor die hier eingezogen sind, ihren ganzen Dreck und die Verbrechen mitgebracht haben und heckten wie die Karnickel.« Die Eternitplatte hinter uns schlug den Takt zu ihrer Rede.
    »Ja. Die Gegend hier war mal der Garten des Mittelwestens ... Mitch Kruger?« »Ach, der.« Sie blinzelte mich aus trüben, blauen Augen an. »Ein alter Mann war da und hat die Miete für ihn bezahlt. Das reicht mir.« »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    Daraufhin drehte sie den Stuhl und den massigen Körper in meine Richtung. »Wer will das wissen?«
    »Ich bin Detektivin, Mrs. Polter. Ich bin beauftragt worden, Mr. Kruger zu suchen. Soweit ich weiß, sind Sie der letzte Mensch, der ihn gesehen hat.«
    Ich hatte Conrad Rawlings, einen Sergeant in meinem Stadtteil, angerufen, um herauszubekommen, ob Mitch in den letzten Tagen wegen Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen worden sei. Die Polizei kann so etwas nicht mit Hilfe eines Computers überprüfen. Rawlings nannte mir den Namen eines Sergeants in Aera Four, der netterweise alle Reviere anrief, die in seinen Dienstbereich fielen. Niemand hatte Mitch in letzter Zeit aufgelesen, obwohl die lungs auf dem Marquette-Revier wussten, wer er war.
    »Was, ist er tot oder was?« Ihre raue Stimme kratzte wie eine Käsereibe. »Nur vermisst. Was hat er zu Ihnen gesagt, als er wegging?«
    »Weiß ich nicht. Ich hab nicht zugehört - die verfluchten Mexe sind draußen rumgeradelt, wie sie das jeden Tag machen, wenn die Schule aus ist. Ich kann nicht bei zwei Sachen gleichzeitig sein.«
    »Aber Sie haben gesehen, wie er die Treppe hinuntergegangen ist«, insistierte ich. »Und Sie haben gewusst, dass er noch nicht bezahlt hatte. Da müssen Sie sich doch

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