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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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»Gammidge Wire«. Dann ging ich auf dem Hof um das Gebäude herum und kam schließlich zu Diamond Head. In den offenen Ladeluken der Motorenfabrik stand nur ein einziger Lastwagen. Ich befürchtete, niemanden mehr anzutreffen, ging aber zu dem Lastwagen hinüber, um mich zu vergewissern.
    Ein Mann im Overall stand unter der Ladeplattform, mit dem Rücken gegen den Lastwagen. Er war ein Hüne, der mich um gute zwanzig Zentimeter überragte. Der Diesel lief, ließ den Lastwagen erbeben und machte einen solchen Lärm, dass es schwierig für mich war, die Aufmerksamkeit des Mannes auf mich zu ziehen. Ich berührte ihn schließlich am Arm. Er machte einen Satz und fluchte.
    »Wer sind Sie, und was zum Teufel wollen Sie?« Ich konnte ihn wegen des Motorenlärms kaum hören, aber er sprach sehr deutlich.
    Er hatte ein breites, eckiges Gesicht mit einer Narbe auf dem Kinn. Die Nase war ihm offenbar mehr als einmal gebrochen worden. Ich trat einen Schritt zurück. »Jemand drin, mit dem ich reden kann?«, brüllte ich.
    Er senkte sein Gesicht zu mir herunter. »Ich hab gefragt, wer Sie sind, Mädel, und was zum Teufel Sie hier wollen.«
    Mir kribbelte es in den Kniekehlen, aber ich musterte ihn kalt. »Ich bin V. I. Warshawski. Ich möchte den Vertrauensmann sprechen. Hilft Ihnen das weiter?« Er kniff die Augen zusammen und schob die Unterlippe vor, im Begriff, fuchsteufelswild zu werden. Ehe er sich überlegen konnte, mit Gewalt zu reagieren, nahm ich Anlauf und sprang auf die Plattform. Er wollte mir nach, aber seine Größe und seine Arbeitsstiefel waren ihm dabei hinderlich.
    Ich schaute mich nach jemandem um, mit dem ich reden konnte, aber die Plattform war leer. Nur ein Kran mit einer Kiste daran deutete darauf hin, dass jemand den Lastwagen belud - oder auslud.
    Ich wartete nicht ab, bis mein Freund mir nachkam, sondern sprintete am Rand der Laderampe entlang, bis ich zu einer Tür kam, die auf einen langen Flur führte. Dort traf ich ein Grüppchen von Männern an, allesamt in Hemd mit Krawatte, in ein Gespräch vertieft. Die Chefs. Genau das, was ich wollte.
    Sie schauten überrascht zu mir auf. Einer, ein jugendlicher Typ mit kurzem, braunem Haar und einer Hornbrille, trat einen Schritt vor. »Haben Sie sich verlaufen?«
    »Eigentlich nicht.« Ich bemerkte, wie sich die Aufmerksamkeit auf ein Büschel Präriegras richtete, das sich unter meiner Schuhzunge verfangen hatte, und fragte mich, was ich sonst noch an Abfall herumschleppen mochte. »Ich suche jemanden, der Bescheid weiß über einen früheren Mitarbeiter von Diamond Head. Entweder den Vertrauensmann oder den Fabrikleiter.«
    Eben da kam mein Truckerfreund keuchend herein. »Ach, da sind Sie ja«, brüllte er bedrohlich. »Die hat eben hinter dem Gebäude herumgeschnüffelt.«
    »Ach ja?« Der Sprecher wandte sich wieder mir zu. »Wer sind Sie, und was wollen Sie?«
    »Ich bin V. I. Warshawski. Und ich möchte entweder den Vertrauensmann oder den Fabrikleiter sprechen. Der Muskelprotz hier kann sagen, was er will, aber ich habe nich t herumgeschnüffelt. Ich habe nur frustrierende vierzig Minuten damit verbracht, Sie von der Straße aus zu suchen, und musste schließlich zu Fuß kommen.«
    Für eine Weile herrschte Schweigen, dann sagte ein zweiter, älterer Mann: »Für wen arbeiten Sie?«
    »Ich bin keine Industriespionin, falls Sie sich das fragen sollten. Ich habe bloß eine ganz schwache Ahnung, was Sie hier herstellen. Ich bin Detektivin -« Daraufhin gerieten zwei aus der Gruppe in Rage. Ich hob die Hand. »Ich bin Privatdetektivin, und ich bin engagiert worden, um einen alten Mann zu suchen, der früher hier gearbeitet hat.« Der Ältere schaute mich einen Augenblick lang scharf an. »Ich glaube, ich rede besser in meinem Büro mit ihr, Hank«, sagte er zu dem Braunhaarigen. »Gehen Sie zum Lastwagen zurück, Simon. Ich sorge dafür, dass sie vom Grundstück verschwindet, wenn sie geht.«
    Er ruckte mit dem Kopf Richtung Flurende und blaffte: »Kommen Sie mit.«
    Er ging flott den Flur entlang. Ich folgte langsamer, blieb stehen, um das Grasbüschel aus dem Schuh zu ziehen. Als ich mich aufrichtete, war der Mann verschwunden. Nach zwei Dritteln des Flurs entdeckte ich eine Tür, die in einen kurzen Korridor führte. Mein Führer stand dahinter, die Hände in den Hüften, die dunklen Augen stechend. Als ich ihn einholte, fuhr er wortlos herum und marschierte in das Loch, das er als Büro benutzte.
    »So, wer zum Teufel sind Sie, und was haben Sie in

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