Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
Rechtssache verwickelt. Eigentlich schon in eine außerirdische: Er hat sich zum Vormund einer alten Frau aus der Nachbarschaft gemacht, einer Frau, die im Krankenhaus liegt, und hat ihre fünf Hunde vom County abholen und einschläfern lassen.«
    »Das geht mich nun wirklich nichts an, Vic, und ich begreife auch nicht, was dich das angeht. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, wir haben heute Abend Gäste.« »Es geht darum, Dick«, sagte ich schnell, ehe er auflegen konnte, »dass die Frau eine Klientin von mir ist. Ich will ermitteln, wie Pichea ihr Vormund geword en ist. Und wenn daran irgend was, na ja, irgendwas Unübliches ist - ich meine, es ging ungeheuer schnell -, dann wird es in der Zeitung stehen. Ich wollte nur, dass du das weißt. Damit du vorbereitet bist auf Anrufe, Fernsehteams und so weiter. Und vielleicht könntest du deinen jungen Kollegen vermitteln, dass sie in ihrer Begeisterung nicht gegen ihr juristisches Urteilsvermögen verstoßen dürfen oder so was in der Richtung.«
    »Warum musst du denn dauernd auf mich losgehen wie ein Panzer? Warum kannst du nicht einfach anrufen, um guten Tag zu sagen? Oder das Anrufen bleiben lassen?«
    »Dick, das ist ein freundlicher Anruf«, sagte ich vorwurfsvoll. »Ich versuche, dich davor zu bewahren, dass du ungedeckt auf dem Spielfeld herumstehst.«
    Ich glaubte, hören zu können, dass er mit den Zähnen knirschte, aber das kann auch Wunschdenken gewesen sein. »Wie heißt die alte Frau?«
    »Frizell. Harriet Frizell.«
    »Okay, Vic, ich hab's mir aufgeschrieben. Jetzt muss ich Schluss machen. Ruf nicht wieder an, es sei denn, du willst Karten für das nächste Wohltätigkeitsereignis kaufen, das wir sponsern. Und auch dann wär's mir lieber, du würdest mit meiner Sekretärin reden.«
    »Mir hat's auch gutgetan, mit dir zu reden. Liebe Grüße an Teri.« Er knallte mir den Hörer ins Ohr. Ich legte auf, fragte mich, was ich getan hatte und warum ... Mrs. Frizell war also eine Klientin von mir? Und was jetzt? Noch mehr lange Stunden vergeudeter Zeit, während ich bezahlte Aufträge brauchte, damit ich Laufschuhe kaufen konnte? Und was sollte Dick meiner Meinung nach eigentlich mit Todd Pichea machen - ihm sagen, was für eine Tigerin ich sei, er müsse aufpassen und solle die toten Hunde wieder lebendig machen?
    Jetzt war es neun. Ich war schmuddelig und müde, und ich wollte etwas essen. An einem Freitagabend konnte ich nicht viel tun, um zu überprüfen, was vor einem Vormundschaftsgericht vorgefallen war.
    Ich wusch mich mit dem lauwarmen Badewasser ab und zog saubere Baumwollhosen über, damit ich auf der Lincoln Avenue auf Futtersuche gehen konnte.

12
    Krankenbesuch
    In dieser Nacht lag ich schlaflos im Bett. Ich hatte mich nicht mit den Hunden belasten wollen; deshalb hatte ich Mr. Contreras daran gehindert, sie uns aufzuhalsen. Ich war sogar scharf und eine Spur herablassend gewesen, als ich mit ihm darüber gesprochen hatte. Und jetzt waren sie tot. Ich versuchte, mir ihre steifen Leichen auf irgendeiner Müllkippe oder wo auch immer das County Hunde hinbringt, die eingeschläfert worden sind, gar nicht erst vorzustellen. Mir war schlecht, und ich fühlte mich, als hätte ich sie selbst gegen die Wand gestellt und erschossen.
    In schlaflosen Nächten hat man den Eindruck, als bleibe der Himmel ewig schwarz, als könne nur der Schlaf für den Tagesanbruch sorgen. Ich musste schließlich ein paar Stunden eingedöst sein, denn plötzlich war mein Zimmer voller Licht. Wieder ein herrlicher Junimorgen, genau das richtige Wetter, um alten Frauen mit gebrochenen Knochen vom Tod ihrer geliebten Hunde zu berichten.
    Ich hatte einen Freund aus dem College, Steve Logan, der im Cook County Hospital psychiatrischer Sozialarbeiter war. Wir hatten häufig zusammengearbeitet, als ich noch Pflichtverteidigerin war. Er schrieb damals Gutachten über meine gesellschaftlich weniger angepassten Mandanten. Ein Jahr lang hatten wir sogar geglaubt, uns zu lieben. Wir konnten das Gefühl nicht festhalten, aber die Erinnerung an diese Liebe gab unserer Freundschaft Wärme. Seit sich unsere beruflichen Wege getrennt hatten, schafften wir es nur noch ein paarmal im Jahr, uns zu treffen, aber er würde mir schon zu einem Besuch bei Mrs. Frizell verhelfen. Ich wartete zwei lange Stunden bis neun, damit mein Anruf nicht allzu sehr störte.
    Steve schien sich darüber zu freuen, dass er von mir hörte, und er schnalzte bei meiner jämmerlichen Geschichte mitfühlend

Weitere Kostenlose Bücher