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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Post. Aber wahrscheinlich kannst du die Empfangsdame bestechen, dass sie den Brief gleich nach der Ankunft dir bringt.« Seine letzten Worte zu mir waren kein Gelöbnis ewiger Freundschaft.

15
    Mach Platz, Sisyphus
    Von da an ging es bergab. Auf dem Rückweg vom Laufen machte ich bei Mrs. Hellstrom Station. Mir war eingefallen, dass ich am Freitag zu aufgeregt gewesen war, als dass ich ihr hätte sagen können, was mit den Hunden passiert war. Die Bestürzung machte sie gesprächig. Sie wurde noch bestürzter, als ich sie unterbrach und ihr von Mrs. Frizells Zustand berichtete.
    »Ich muss sie heute Morgen besuchen. Mr. Hellstrom mag es gar nicht, wenn ich etwas mit ihr zu tun habe, in gewisser Hinsicht ist sie eine unangenehme Nachbarin, aber wir haben so viel gemeinsam durchgemacht. Ich kann sie doch nicht einfach dort verrotten lassen.«
    »Die Schwestern wollen nicht, dass sie das mit den Hunden erfährt, ehe sie kräftiger ist«, warnte ich. »Als ob ich so was Grausames tun könnte. Aber dieser Mr. Pichea - können wir sicher sein, dass er das nicht macht?«
    Eine neue Sorge. Als ich zum Duschen und Frühstücken nach Hause kam, rief ich Nelle McDowell an, die Oberschwester auf der orthopädischen Station für Frauen. Als ich die Lage erklärte und sie bat, beide Picheas nicht allein zum Besuch bei Mrs. Frizell vorzulassen, lachte sie bitter auf.
    »Nicht dass ich nicht Ihrer Meinung wäre. Ich bin hundertprozentig Ihrer Meinung. Aber wir sind hier nun mal unterbesetzt. Und er ist der gesetzliche Vormund der Frau. Ich kann ihn nicht daran hindern, wenn er sie besuchen will.«
    »Ich gehe heute Morgen zum Vormundschaftsgericht, um herauszukriegen, wie ich diese Vormundschaftsvereinbarung anfechten kann.«
    »Tun Sie das, Ms. Warshawski. Aber ich muss Sie warnen. Mrs. Frizells Verhalten weist nicht auf geistige Gesundheit hin. Selbst wenn Sie statt dem Schnellschuss von letzter Woche eine richtige Anhörung arrangieren, wird niemand glauben, dass sie selbst für sich sorgen kann.«
    »Ja, ja.« Ich legte verdrossen auf. Der einzige Mensch, der das Recht hatte, Beschwerde einzulegen, war Byron Frizell, und er hatte Picheas Einsetzung gebilligt. Ich fuhr in die Innenstadt zum Daley Center, wo die Zivilgerichte untergebracht sind, aber ich war nicht optimistisch.
    Das Vormundschaftsgericht verhielt sich meinen Nachforschungen gegenüber alles andere als mitfühlend. Ein Assistent des Staatsanwalts, der noch im Jugendsportclub gewesen war, als ich Jura studierte, begrüßte mich mit der Feindseligkeit, die typisch für Bürokraten ist, deren Handlungsweise angefochten wird. Mit hochmütig vorgeschobenem Kinn teilte er mir mit, die Anhörung über die Vormundschaft von Mrs. Frizell sei »völlig korrekt« verlaufen. Die Vormundschaft von Pichea sei nur anfechtbar - vor allem im Hinblick darauf, dass Byron Frizell damit einverstanden sei -, wenn sich unwiderleglich beweisen lasse, dass er sie um ihr Eigentum bringe.
    »Bis dahin ist sie tot, und es spielt keine Rolle mehr, was er mit ihrem Nachlass anfängt«, sagte ich wütend.
    Der Anwalt hob hochnäsig die Brauen. »Falls Sie Gründe finden können, die Mr. Picheas Vormundschaft in Frage stellen, können Sie jederzeit wiederkommen. Aber ich muss ihm Bericht über Ihre Nachforschungen erstatten; als Vormund muss er wissen, wer Interesse an den Angelegenheiten seines Mündels zeigt.«
    Ich spürte, wie mir vor Frustration die Augen aus dem Kopf quollen, zwang mich aber zu einem liebenswürdigen Lächeln.
    »Es würde mich freuen, wenn Pichea erfährt, dass ich interessiert bin. Offen gesagt, Sie können ihm sagen, dass ich an ihm kleben werde wie seine Unterwäsche. Schließlich gibt es ja immer noch die kleine Chance, dass er dadurch ehrlich bleibt.« Damit mein Vormittag so nutzlos wie irgend möglich war, machte ich gegenüber beim Gesundheitsamt Station, um herauszufinden, warum sie Mrs. Frizells Hunde als Bedrohung für ihre Gesundheit eingestuft hatten. Die Bürokraten hier waren nicht so feindselig wie jene im Vormundschaftsgericht; sie waren bloß lethargisch. Nachdem ich mich als Anwältin von Mrs. Frizell vorgestellt hatte, buddelten sie den Bericht des Notdienstes aus, der zu Protokoll gegeben worden war, als die Sanitäter sie am letzten Montag abgeholt hatten. Offenbar hatte Mr. Contreras den Flur nicht gut genug geschrubbt: Eine Sanitäterin war in etwas »Fäkalisches« getreten, wie sie sich ausdrückte. »Das kam nur daher, dass Mrs. Frizell

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