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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Hendricks, und das ist Detective Finchley von der Polizei von Chicago.« Das gefiel ihnen nicht, überhaupt nicht, dass ich mit einem Polizisten aus Chicago und noch dazu mit einem schwarzen per Du war. Sie wechselten Blicke und schoben das Kinn noch weiter vor.
    »Wir müssen der Frau und dem Alten ein paar Fragen stellen, Detective, warum ziehen Sie also nicht einfach ab.« Die beiden hatten sich umgedreht und schauten Finchley an, so dass ich nicht mitbekam, welcher sprach.
    »Geht nicht«, sagte Finchley locker. »Nicht wenn das der Kerl ist, den sie in Stickney herausgezogen haben. Ich bin eben beauftragt worden, ihn mir anzuschauen; offenbar glauben sie, dass Chicago für ihn zuständig ist, nicht das County.« Die Deputies sahen noch bösartiger aus. Ich fragte mich, ob sie erst mich oder Finchley schlagen würden. Die Feindseligkeit in ihren Körpern strahlte im ganzen Raum aus; der Mann am Tresen spürte sie und kam nach vorn. Die Angestellten, die hinter uns an der Wand lehnten, unterbrachen ihr Geplauder und kamen ebenfalls näher heran. Hendricks und Jaworski sahen sie kommen und schauten sich wütend an. Weil alle drei Angestellten schwarz waren, lag es nahe, dass sie sich auf Finchleys Seite schlagen würden, falls es zur Schlägerei kam.
    »Dann nehmen Sie ihn«, spuckte Hendricks aus. »Wir haben sowieso Besseres zu tun, als uns um tote Alkis zu kümmern.«
    Er und Jaworski machten unisono kehrt und marschierten zur Tür. Mir war, als hätte ich einen beim Hinausgehen »Scheißnigger« murmeln hören, aber daraus wollte ich keinen Fall für das Bundesgericht machen.

17
    Noch ein toter Fisch in Chicago
    »Danke, Terry«, sagte ich, wirklich dankbar. »Ich weiß nicht, ob sie einfach spaßeshalber mal die Muskeln haben spielen lassen oder ob mit dem Toten wirklich was nicht stimmt.« »Beides«, sagte Finchley. »Die blähen sich gern auf, damit sie wie Sturmtrupps aussehen. Und der Kerl, den sie aus dem Wasser gezogen haben, war tot, als er ins Wasser gefallen ist. Du glaubst, du kennst ihn?«
    »So weit waren wir noch gar nicht. Wir möchten uns die Leiche gern anschauen.« Ich versuchte, nicht scharf zu klingen - Finchley hatte uns vor Ärger bewahrt, der in einem Schlag gegen das Kinn oder in einer Festnahme hätte bestehen können. »Wer ist dein Freund?«
    »Salvatore Contreras. Der dem Mann, nach dem wir suchen, am nächsten steht.« Mr. Contreras hielt Finchley mechanisch die Hand hin, sagte aber: »Sie wissen, Engelchen, dass das nicht ganz stimmt. Er hat eine Frau und ein Kind in Arizona, das war jedenfalls das Letzte, was ich über die beiden gehört habe. Sie hat ihn vor fünfunddreißig Jahren verlassen, was jede vernünftige Frau getan hätte, wenn ihr Mann jeden Freitag seinen Lohn vertrinkt und sie und das Kind in Lumpen herumlaufen lässt. Aber Mitch und ich kennen uns schon lange, und außer mir hat er wirklich niemanden, Officer, ich meine, Detective.«
    Finchley blinzelte unter dem Beschuss. »Ich glaube nicht, dass wir Angehörige aus Arizona holen müssen. Schauen wir ihn uns einfach mal an.« Er ging auf den Autopsieraum rechts neben dem Eingang zu. Ich legte die Hand auf seinen Arm.
    »Vielleicht möchte Mr. Contreras ihn lieber über Video anschauen. Er ist nicht so abgehärtet wie du.«
    Wenn man empfindlich ist und sich die Leiche nicht direkt ansehen will, lässt das County eine Videokamera laufen; man kann sich den Film in einem kleinen Vorführzimmer außerhalb des Kühlraums ansehen. Dann sieht es nach einer Fernsehsendung aus, in der die Toten schließlich wieder zum Leben erwachen.
    »Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Schätzchen«, versicherte mir Mr. Contreras, als ich ihm die Möglichkeit erklärte. »Ich war bei Anzio dabei, falls Sie das vergessen haben sollten.«
    Ein Angestellter rollte die Leiche aus dem Kühlraum. Ein schwarzer Plastiksack bedeckte sie bis zum Hals, aber wir konnten den Kopf ganz sehen.
    Er hatte etliche Tage im Sanitary Canal gelegen, und die letzte Woche war warm gewesen. Das Gesicht war aufgedunsen und lila. In diesem Zustand hätte ich nicht einmal schwören können, ob es mein Vater war, ganz zu schweigen von einem Mann, den ich höchstens viermal gesehen hatte. Das Haar sah wie das von Kruger aus, und die allgemeine Kopfform, trotz der Entstellung, schien zu stimmen.
    Mir war leicht übel. Ich bin nicht mehr so daran gewöhnt, Leichen anzuschauen, wie ich das als Pflichtverteidigerin in der Mordabteilung gewesen war. Nach der

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