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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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hinlegte und starb, weil sie mich böse angeschaut hatten.
    Ich wurde mir nicht schlüssig, was ich nach dem Fehlschlag mit meinem Brief an den Chicago Lawyer gegen Todd Pichea unter nehmen sollte, aber die einfachste Methode, zum Angriff gegen Diamond Head überzugehen, bestand darin, bei Schichtende auf der Lauer zu liegen und die Männer anzuzapfen, wenn sie auf dem Weg zu ihren Autos oder zum Bus die Straße entlangkamen. Bis dahin waren noch zwei gute Stunden Zeit; ich konnte sie damit verbringen, mir ein Foto von Mitch Kruger zu besorgen, um es ihnen zu zeigen. Ein Foto war sowieso unerlässlich, wenn ich in der Reihe von Bungalows unter der Brücke an der Damen Avenue von Tür zu Tür herumfragen wollte. Ich glaubte nicht, dass Terry Finchley über die notwendige Begeisterung verfügte, diese Nachforschungen in seine Ermittlung einzubeziehen.
    Ich wollte nicht nach Norden zurückfahren, um nachzusehen, was für Fotos Mr. Contreras möglicherweise hatte. Vielleicht grub er ein altes Gruppenfoto aus der Lokalzeitung aus, aber ich bezweifelte, dass er etwas hatte, was eine gute Identifizierungshilfe abgab. Der eigentliche Stolperstein wäre jedoch sein Wunsch gewesen, persönlich herzukommen und auf die Bosse loszugehen. Nicht dass ich allein besonders großartige Arbeit geleistet hätte, aber der alte Mann hielt sich für Mike Hammer, und zu einer Konfrontation in diesem Ausmaß war ich noch nicht bereit. Mir war, als hätte ich unter den Papieren, die ich in Krugers Zimmer bei Mrs. Polter gesehen hatte, einen Ausweis mit Foto entdeckt. Ihre Pension war so nahe, dass ich zu Fuß hätte hingehen können, aber die Stunden in der heißen Sonne hatten ihren Tribut gefordert; ich fuhr Lottys Cressida hinüber zur Archer Avenue. Mrs. Polter war allein auf ihrem Gefechtsposten - ihre Quälgeister mussten für den Nachmittag einen kühleren Zeitvertreib gefunden haben. Zwei Männer kamen aus Tessies Bar, aber der Rest der Straße war ruhig.
    Als ich die wacklige Treppe hinaufstieg, sah ich, dass Mrs. Polter aus einem gerillten Glas etwas Trübes, Braunes trank. Es hätte Eistee sein können, aber es sah aus wie mit Getriebeöl vermischt. Sie trug immer noch das braune Baumwollhauskleid. Der Stoff war auf beiden Seiten der Sicherheitsnadel weiter ausgefranst, so dass ihr Dekolletee besser bedeckt war, aber an den Rändern taten sich unheilverkündende Löcher auf. »Der alte Mann, den Sie gesucht haben - der ist tot«, sagte sie unvermittelt.
    »Wirklich? Wie haben Sie das herausgefunden?«
    »Sein Sohn war da. Sein Junge. Er hat's mir gesagt, als er die Sachen des alten Mannes abgeholt hat.«
    »Er ist aus Arizona hergekommen?« Mr. Contreras hätte es mir gesagt, wenn er mit Krugers Familie Kontakt aufgenommen hätte: Hatte Terry Finchley es getan? Falls ja, war Kruger junior ganz schön schnell hergekommen - es war erst fünfzehn Stunden her, dass wir die Leiche identifiziert hatten.
    »Von Arizona hat er nichts gesagt. Nur dass er die Sachen seines Vaters will. Er hat nicht alles mitgenommen, aber ich hab mir gedacht, weil Sie das Zimmer bis zum Ende der Woche bezahlt haben, kann ich den Rest einfach liegen lassen.« »Ich könnte die Sachen mitnehmen. Dann sind Sie sie los.«
    Sie trank die braune Brühe aus und zog eine Thermosflasche unter der linken Seite des Stuhls hervor. »Ich würd Ihnen was anbieten, aber ich hab nur ein Glas. Sie sehen ganz schön durstig aus.«
    Ich machte hastig eine ablehnende Geste. So heiß war mir nun auch wieder nicht.
    »Ich hab gedacht, ich geb seine Kleider der Wohlfahrt«, fügte sie hinzu.
    Was hieß, sie glaubte, sie könne sie verkaufen, vermutlich an ihre anderen Mieter. »Wenn Sie meinen, die Wohlfahrt will seine Kleider, soll's mir recht sein. Ich möchte mich nur vergewissern, dass dieser - Sohn - nichts Wertvolles übersehen hat.«
    Natürlich wäre alles Wertvolle längst verschwunden gewesen, aber Mitch Kruger hatte keine Inhaberobligationen oder Aktien gehabt, um die man sich hätte Sorgen machen müssen. Es gab keinen Grund, der Dame gegenüber beleidigend zu werden, indem ich das aussprach. Mrs. Polter gab mir gnädig die Erlaubnis, Mitchs Zimmer noch einmal zu durchsuchen.
    Nach dem grellen Licht auf der Straße konnte ich in dem unbeleuchteten Treppenhaus nichts sehen. Ich tastete mich vorsichtig die Treppe hinauf, wollte nicht über lose Linoleumstücke stolpern. Von den anderen Bewohnern war im Flur nichts zu sehen, aber ein frischer Geruch nach Schinken

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