Eine für alle
ziehen, während sich Mrs. Frizells Garten wieder in ursprüngliche Prärie verwandelte -ursprüngliche Prärie samt Radkappen und Bierbüchsen, genau wie damals, als die Indianer hier gelebt hatten.
Mrs. Hellstrom kam an den Zaun, der ihren handgemähten Rasen von der Müllkippe trennte. »Wollen Sie in Hatties Haus, Miss ... äh? Ich habe gestern ein paar von ihren Kleidern gewaschen und ins Krankenhaus gebracht, aber sie wusste nicht, wer ich bin. Ich glaube nicht, dass die mal gewaschen worden sind, seit Hattie sie gekauft hat. Mr. Hellstrom hat es gar nicht gefallen, dass ich sie gewaschen habe, er hatte Angst, ich hole mir was, wenn ich sie anfasse, aber man kann seine Nachbarn doch nicht im Stich lassen, und wir wohnen seit dreißig Jahren nebeneinander.«
»Was für einen Eindruck hat Mrs. Frizell gemacht?«, unterbrach ich. »Ich glaube, sie hat nicht mal gemerkt, dass ich da war. Sie lag bloß da, die Augen halb geschlossen, und hat leicht geschnarcht, aber nichts gesagt, bloß hin und wieder nach dem Hund gerufen. Wenn Sie also vorhatten, ihr ein paar von ihren Sachen zu bringen, können Sie sich die Mühe sparen, Miss ... äh.«
»Warshawski. Aber Sie können mich Vic nennen. Nein, ich wollte mich nur vergewissern, ob ihre zu Hause deponierten Papiere vollständig sind.« Mrs. Hellstrom runzelte die Stirn. »Soll das nicht Chrissie Pichea erledigen, wo sie und ihr Mann doch jetzt für Mrs. Frizells Angelegenheiten zuständig sind? Es ist unglaublich großzügig, dass sie sich das aufgeladen haben, wo sie doch eigene Arbeit haben, obwohl - ich glaube, sie hätten es nicht so eilig haben sollen, die Hunde einschläfern zu lassen. Wenigstens hätten sie vorher mit mir reden müssen, sie haben doch bestimmt gewusst, dass ich mich um sie gekümmert habe.«
»Ja, da bin ich Ihrer Meinung. Ich habe bestimmte Kenntnisse in finanziellen Dingen, die Todd und Chrissie fehlen. Und ich fühle mich für Mrs. Frizell verantwortlich - ich hätte etwas unternehmen müssen, um die Hunde zu schützen.«
»Ich weiß, wie Ihnen zumute ist, Liebes - Vic, haben Sie gesagt? -, denn mir geht es genauso. Gehen Sie nur hinein, aber machen Sie lieber ein Fenster auf. Ich habe zwar versucht, die Böden ein bisschen zu säubern, aber das Haus, offen gesagt, es riecht.« Sie senkte beim letzten Wort die Stimme, als wäre es zu grausig für höfliche Konversation. Ich nickte gewichtig und schloss die Hintertür auf. Ich hatte halb damit gerechnet, dass Todd und Chrissie die Schlösser ausgetauscht hatten, und hatte deshalb meine Dietriche mitgebracht, aber offenbar waren sie nicht der Ansicht, dass irgendetwas im Haus geschützt werden müsse. Deshalb beging ich im juristischen Sinn auch keinen Einbruch, ich trat nur unerlaubt ein.
Was den Geruch anlangte, hatte Mrs. Hellstrom recht. Jahrelange Ablagerungen aus Hundehaltung, ungespültem Geschirr und ungefegten Böden schufen eine schwere, klebrige Atmosphäre, von der mir ganz schwach wurde.
Ich machte die Fenster in der Küche und im Wohnzimmer auf, in sich ein schwieriges Unterfangen, weil die Jalousiengurte vom seltenen Gebrauch steif geworden waren, und machte eine schnelle Bestandsaufnahme im Haus. Mrs. Frizell schien ohne die Segnungen der modernen Technik bestens zurechtzukommen: Sie hatte ein kleines Radio, aber keinen Fernseher, keinen CD-Player, nicht einmal einen herkömmlichen Plattenspieler. Sie besaß eine Kamera, eine alte Kodak, die nicht einmal einem Straßenhändler was eingebracht hätte.
Im Wohnzimmer zog ich einen wackligen Stuhl vor den Sekretär. Er war ein altes, dunkles Möbelstück mit einem Rolldeckel über der Schreibfläche in der Mitte, Bücherregalen darüber und Schubladen darunter. Der Rolldeckel musste wegen der Papiere, die unter die Ränder gestopft worden waren, schon seit Jahren klemmen. Papiere stauten sich hinter den Glastüren der Bücherregale und waren in die Schubladen gestopft. Alles war mit einer dünnen Schmutzschicht überzogen.
Wenn ich nicht von Todd, Dick, Murray und sogar Freeman die Nase gestrichen voll gehabt hätte, hätte ich die Fenster zugemacht und wäre nach Hause gegangen. Es war absurd zu glauben, in dieser Mülldeponie könne etwas Wertvolles stecken, von etwas Interessantem ganz zu schweigen. Aber ich brauchte etwas, eine Brechstange, um Todd Pichea von Mrs. Frizell loszustemmen, und mir waren die Ideen ausgegangen. Ich wollte nur irgendein Dokument, das mir, wenn schon nicht zu einer Brechstange, so doch
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