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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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wieder den leeren Schirm mit dem blinkenden Cursor vor mir. Ich schaute mich in beiden Räumen gründlich um und vergewisserte mich, dass ich nichts dort vergessen hatte.
    Auf dem Weg nach unten spürte ich schwache Gewissensbisse. Was hatte mir Jonas Carver je getan, dass ich in sein Büro eingedrungen war? Wenn er meine Akten durchstöbert hätte, hätte ich ihm die Kniescheiben gebrochen; er hätte jedes Recht gehabt, mit mir dasselbe zu machen.
    Gabriella hätte es ganz bestimmt missbilligt. Ihr in strenge Falten gezogenes Gesicht, das mir sagte, ich sei ein schlechtes Mädchen gewesen, verfolgte mich in meinen Träumen.

27
    Flucht durch den Hinterausgang
    Bevor ich ins Bett ging, ergriff ich die Vorsichtsmaßnahme, einen Zettel unter Mr. Contreras' Tür hindurchzuschieben. Ich wollte nicht bei Tagesanbruch geweckt werden, weil er bei mir Sturm klingelte. Ich stöpselte außerdem das Telefon aus. Dadurch bekam ich sechs Stunden Schlaf, was reichte, um mich in die Gänge zu bringen, wenn auch nicht mit echter Begeisterung. Ich war mehrere Tage lang nicht gelaufen und brauchte dringend Bewegung, mehr für mein geistiges als für mein körperliches Wohlbefinden. Das Kreuz tat mir nicht mehr weh, aber bei den Aufwärmübungen spürte ich die Steifheit in den Muskeln. Ich musste eine Chance gegen die Kerle haben, die auf der Jagd nach mir Lotty zusammengeschlagen hatten.
    Die Pistole ließ ich zu Hause. Es ist zu schwer, mit einer Schulterhalfter unter dem Sweatshirt zu laufen - die Waffe bohrt sich unangenehm in die Brust. Ich hielt mich an die Nebenstraßen, statt die hübschere Strecke zum See zu laufen, und kam ohne Zwischenfall nach Hause zurück. Nach einer Dusche und einem späten Frühstück - Obst, Joghurt und ein getoastetes Käsebrot, damit es gleichzeitig ein Mittagessen war -überlegte ich, was ich als Nächstes tun sollte.
    Ich musste mit Chamfers über den Überfall auf Lotty sprechen. Die Cops behaupteten, sie hätten das erledigt und er sei so sauber wie handgewaschenes Geld, aber ich wollte es selbst von ihm hören. Ich musste außerdem in die Bibliothek gehen und im Computer nach Jason Felitti suchen. Wahrscheinlich war er ein Bruder von Dicks Schwiegervater, vielleicht auch ein Onkel, aber ich brauchte weitere Informationen. Ich fragte mich, ob jemand von der Bank of Lake View mit mir über Mrs. Frizell sprechen werde. Vermutlich nicht, aber einen Versuch war es wert. Ich schaute auf die Uhr. Das all es musste warten. Als Erstes musste ich herausbekommen, ob jemand bei Paragon Steel mit mir sprach.
    Die Entscheidung, was ich anziehen sollte, war schwierig. Ich musste für ein Gespräch mit den Managern von Paragon professionell aussehen. Ich wollte nicht schwitzen und musste doch die Pistole tragen können. Und falls es nötig war, musste ich rennen können. Schließlich entschied ich mich für Jeans mit einer seidenen Hahnentrittjacke. In Kalifornien hätte das professionell ausgesehen. Das musste reichen.
    Ehe ich ging, grub ich mein Adressbuch aus und wählte Freeman Carters Privatnummer. Ich war froh, dass ich ihn antraf - er hätte die freie Woche auch auf dem Land verbringen können.
    »V. I. Warshawski, Freeman. Ich hoffe, ich störe nicht beim Mittagessen.« »Ich wollte eben weg, Vic. Hat es Zeit?«
    »Nein, aber ich fasse mich kurz. Bis heute Morgen um vier hatte ich keine Ahnung, dass Dick und sein Schwiegervater etwas mit Diamond Head Motors zu tun haben. Ich glaube, du schuldest mir eine Entschuldigung.«
    »Heute Morgen um vier?« Freeman griff den unerheblichen Teil meiner Bemerkung heraus. »Was hast du heute Morgen um vier gemacht?«
    »Knochenarbeit, um was herauszufinden, was du mir ohne einen Tropfen Schweiß hättest sagen können. Hast du geglaubt, ich will dich in einen Streit mit Dick hineinziehen? Es wäre anständig gewesen, wenn du mich erst danach gefragt hättest.« »Knochenarbeit, so? Ich hab immer gedacht, es würde dir nichts schaden, mit Arbeit dein Brot zu verdienen.«
    »Aber warum hast du geglaubt, ich versuche, dich in eine Auseinandersetzung mit Dick hineinzuziehen?«, hakte ich nach.
    »Der Gedanke ist mir durch den Kopf gegangen«, sagte Freeman nach einer Pause. »Und ganz bin ich ihn noch nicht los. Es ist ein unglaublicher Zufall, dass du dich für Diamond Head interessierst.«
    »Oh, ich weiß nicht. Crawford, Mead muss doch mit jeder Menge von kleineren Firmen in Chicago zusammenarbeiten. Und das sind die Unternehmen, die meistens auch meine Kunden

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