Eine für vier 01 - Eine für vier
Antwort.
»Hast du gedacht, ich war zu blöd, um sie selbst zu machen?«, fragte Krista herausfordernd.
Carmen war versucht, höchstwahrscheinlich zu sagen.
»Nein«, antwortete Paul mit seiner gewohnten Wortkargheit.
Krista richtete sich auf dem Stuhl kerzengerade auf. »Hast du meine Aufgaben nicht gemacht oder hast du mich nicht für zu blöd gehalten?«
»Beides«, sagte er.
»Wer war’s dann?«, fragte Krista.
Carmen wartete darauf, dass Pauls Blick auf sie fiel. Das geschah aber nicht. Er sagte nichts, zuckte nur mit den Schultern.
Wenn Paul sie nicht verriet, sollte sie sich dann selbst reinreiten? Carmen dachte erst mal darüber nach.
»Ich muss jetzt los«, sagte Paul. »Danke für die Pfannkuchen, Albert.«
Er verzog sich aus der Küche. Bevor er das Haus verließ, nahm er einen Seesack hoch, der neben der Eingangstür stand.
»Wo will er hin?«, fragte Carmen, obwohl sie das nichts anging.
Lydia und Krista tauschten einen Blick. Lydia machte den Mund auf und klappte ihn wieder zu. »Er besucht... einen Freund«, sagte sie schließlich.
»Ach.« Carmen wusste nicht so recht, was an ihrer Frage so schwierig gewesen war.
»Weißt du, was?« Lydia wechselte das Thema und verfiel in einen Plauderton. »Wir haben einen Ersatzplan für unsere Hochzeitsfeier entwickelt.«
Sie sprach Carmen an. Das lag, wie Carmen jetzt begriff, nur daran, dass sie die Einzige war, die darüber noch nicht Bescheid wusste.
»Sie findet bei uns im Garten statt. Wir haben ein riesiges Zelt dafür gemietet! Wird das nicht ein Spaß?«
»Ja, sehr spaßig.« Carmen trank ihren Orangensaft aus.
»Weißt du, ich war gestern ganz aufgelöst«, fuhr Lydia fort, »aber ich wollte tapfer sein. Und Albert hatte diesen großartigen Einfall, dass wir hier zu Hause feiern. Ist das nicht eine tolle Lösung? Ich bin schon ganz aufgeregt.«
»Hört sich... aufregend an«, sagte Carmen. Sie hatte ein schlechtes Gewissen bekommen, weil sie so spöttisch war, nur schien das niemand sonst zu bemerken.
»Hör mal, Kleines«, sagte ihr Vater und schob seinen Stuhl vom Tisch weg. »Wir sollten zusehen, dass wir in den Club kommen.«
Carmen sprang auf. »Also los.« Jetzt sollte das versprochene Tennisspiel endlich stattfinden. Sie folgte ihm aus dem Haus und stieg in seine neue, beigefarbene Familienkutsche.
»Süße«, fing er an, nachdem er losgefahren war. »Ich hab dir ja von Lydias erstem Ehemann erzählt. Das solltest du für dich behalten. Lydia reagiert da sehr empfindlich.«
Carmen nickte.
»Ich komme deshalb darauf zu sprechen, weil Paul heute seinen Vater besucht. Sein Dad ist in einem Therapiezentrum in Atlanta. Paul fährt einmal im Monat zu ihm und bleibt gewöhnlich über Nacht«, erklärte ihr Vater.
Aus irgendeinem Grund brachte Carmen das fast zum Weinen.
»Und Krista?«
»Krista möchte lieber keinen Kontakt mit ihrem Vater haben. Das regt sie zu sehr auf.«
Sie schämt sich für ihn, dachte Carmen. So wie auch Lydia sich offensichtlich für ihn schämte. Man legt sich ein neueres, besseres Modell zu und vergisst darüber das alte.
»Man kann seine Familie doch nicht einfach ablegen«, murmelte Carmen. Dann wandte sie das Gesicht zum Fenster und zum ersten Mal seit Tagen weinte sie jetzt wirklich.
»Ich hab das erste Interview für unseren Film organisiert«, behauptete Bailey aufgeregt.
Tibby schnaubte laut in den Hörer. »Für unseren Film?«
»Entschuldige. Für deinen Film. Bei dem ich dir helfe.«
»Wer sagt denn, dass du dabei hilfst?«, fragte Tibby.
»Bitte? Bitte?«, bettelte Bailey.
»Ach, komm schon, Bailey. Weißt du mit deiner Zeit nichts Besseres anzufangen?«
Tibby kam es so vor, als hallten in dem Schweigen, das daraufhin einsetzte, ihre Worte in der Telefonleitung wider. Vielleicht war das keine Frage, die man jemandem mit einer schweren Krankheit stellte.
»Ich hab das Interview für halb fünf festgelegt, wenn du von der Arbeit kommst«, fuhr Bailey beharrlich fort. »Vorher kann ich bei dir zu Hause vorbeischauen und die Sachen holen, die du brauchst.«
»Mit wem soll das Interview denn sein?«, fragte Tibby vorsichtig.
»Der Junge aus der Spielhalle in dem Seven-Eleven gegenüber von Wallman’s. Er hat auch an der schwierigsten Maschine alles erreicht, was nur geht.«
Tibby stieß hörbar die Luft aus. »Klingt nach einer geeigneten Trantüte.«
»Dann sehen wir uns nachher?«, fragte Bailey.
»Ich weiß nicht so genau, ob ich nicht schon was anderes vorhabe«, sagte Tibby
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