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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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jeden Fall schien die geografische Perspektive erweitert worden zu sein, es waren weder eine Katarina noch ein Henrik Malmgren in Kymlinge gemeldet. Schwer zu sagen, was das bedeuten konnte, auf jeden Fall war es schwer, nachdem man schon zehn Stunden am Stück spekuliert hatte, und momentan hätte Inspektor Barbarotti nicht übel Lust, sein Leben mit dem von Axel Wallman zu tauschen.
    Die akademische Müllhalde? Vielleicht gab es ja eine entsprechende Müllhalde für abgedankte Polizisten? Ja, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit existierte so etwas. Die Frage war nur, ob er reif war, sie zu betreten.
    Ach, was solľs, übermorgen würde er Marianne anrufen, und dann würde sein Leben für alle Ewigkeit entschieden.
    Dachte Inspektor Barbarotti, während es ihm mit sanfter Gewalt gelang, sein Fahrrad zwischen zwei mit Kindersitzen auf den Fahrradständer auf dem Hof zu schieben.
    Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf, trat ein und stellte fest, dass er hungrig war – trotz der zehn Tassen Kaffee am Nachmittag und vermutlich doppelt so vielen Singoallakeksen. Er überschlug hastig den Inhalt des Kühlschranks und des Küchenschranks und entschied sich für seine Paradenummer: Spaghetti mit Pesto, Kapern, Oliven und dünn geschnittenem Parmesankäse. Ein Glas Rotwein, wenn er noch eine Flasche daheim hatte, und eine Birnenscheibe als Dessert – er war gerade mit der Zubereitung fertig, als es an der Tür klingelte.
    Kurz überlegte er, ob er überhaupt hingehen und öffnen sollte, und hinterher – nachdem das, was kommen sollte, bereits eingetreten war – fragte er sich, warum um alles in der Welt er nicht so klug gewesen
    war, seinem ersten, wohlbegründeten Impuls zu folgen.
    Es waren Göran Persson und ein Fotograf in roter Baseballmütze.
    »Schön, dass du zu Hause bist«, sagte Göran Persson, und der Fotograf schoss einen Blitz ab.
    »Ich habe keine Zeit«, sagte Gunnar Barbarotti. »Entschuldigt mich.«
    Er versuchte die Tür zuzuziehen, aber der Reporter hatte einen stattlichen Fünfundvierziger quer auf der Schwelle platziert. »Ich dachte, wir sollten uns lieber ein bisschen unterhalten«, sagte er. »In aller Freundschaft. Die Leute sind interessiert an diesem Fall, weißt du.«
    »Nimm deinen Fuß weg«, sagte Gunnar Barbarotti. »Ich habe keinen Kommentar abzugeben.«
    Der Fotograf machte noch ein Foto.
    »Kein Kommentar?«, fragte Göran Persson. »Ich bin mir sicher, dass du einen hast. Lass es uns so machen. Wir setzen uns an deinen Küchentisch und tauschen so zehn Minuten lang unsere Meinungen aus. Dann schreibe ich eine Zusammenfassung unseres Gesprächs, und du kannst sie gutheißen oder nicht.«
    »Ich heiße gar nichts gut«, sagte Barbarotti.
    »Willst du, dass die Polizei als störrisch und selbstherrlich dasteht?«
    »Störrisch … was faselst du da nur? Wir sind mitten in einer Mordermittlung, und es nützt uns überhaupt nichts, wenn du herumrennst und jede Menge sensationsheischenden Mist schreibst. Deine Zeitung ist eine Schande für das freie Wort.«
    Die Wut wuchs wie eine Rauchwolke in ihm.
    »Warte, kannst du das noch mal wiederholen?«, fragte der Reporter und zog Stift und Block aus der Jackentasche. Der Fotograf blitzte weiter.
    »Zum allerletzten Mal«, sagte Barbarotti. »Ich denke gar nicht daran, mit dir zu sprechen. Nimm deinen verfluchten Fuß da weg, sonst kriegst du noch eins in die Fresse.«
    Göran Persson grinste. »Nun, nun, Herr Wachtmeister, überleg dir lieber, was du von dir gibst. Lass uns rein und hör auf, so herumzu zicken, ich habe mit deinem Chef, diesem Jonnerblatt oder wie immer er heißt, mehr als eine Stunde geredet. Großspurige Bullen bin ich so langsam leid.«
    Gunnar Barbarotti biss die Zähne zusammen und schloss für einen Moment die Augen. Dann ballte er die Fäuste und stieß sie mit aller Kraft gegen den Brustkorb des Journalisten, so dass dieser ins Treppenhaus zurücktaumelte. Zog danach die Tür zu und schloss ab.
    Ging zurück in die Küche, während ein weiterer Fotoblitz langsam auf der Netzhaut verblasste – mit dem Geräusch von etwas, das die Treppe hinunterfiel, langsam auf dem Trommelfell verhallend.
    Dumm, dachte er. Das habe ich nicht besonders professionell gemeistert.
    Dann setzte er sich hin, um zu essen.

IV
Aufzeichnungen aus Mousterlin
    7. – 8. Juli 2002
    »Begreift ihr denn nicht, dass das Mädchen tot ist?«
    Katarina Malmgren wiederholte wörtlich, was sie gesagt hatte, und ich bin mir sicher, dass

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