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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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im Herbst ein Haus im Berberisstigen in Mölndal zum Verkauf stehen wird.«
    Inspektor Gerald Borgsen wies darauf hin, dass es praktisch bereits Herbst sei, aber weder er noch Backman nahmen die Wette an.
    Als Gunnar Barbarotti das Polizeigebäude gegen halb acht Uhr am Montagabend verließ, hatte sein Handy seit drei Uhr dreizehn Mal geklingelt. Jedes Mal war es so ein nachbohrender, wahrheitssuchender Journalist, der ihm die eine oder andere gut motivierte Frage stellen wollte, und er wimmelte sie alle dreizehn Mal freundlich, aber entschieden ab.
    Doch weder ein Henrik noch eine Katarina Malmgren ließen von sich hören, und als er genauer nachdachte, konnte er sich nicht daran erinnern, wann er sich das letzte Mal so frustriert gefühlt hatte. Wahrscheinlich damals, als Helena ihm mitteilte, dass sie plante, ihn zu verlassen, also vor fast sechs Jahren jetzt.
    Aber bei der Arbeit? Nie. Diese gesamten Ermittlungen erschienen ihm wie ein mentaler Schiffbruch. In den trostlosen Nachmittagsstunden war ihm Bo Bergmans Gedicht ›Die Marionetten‹ immer wieder in den Sinn gekommen, und das war natürlich kein Zufall. Der Mörder zog an den Fäden, und die Polizeipuppen drehten gehorsam und fröhlich ihre Pirouetten; er gab ihnen einen oder ein paar Namen, und schon fing man an, die Dinge zu tun, von denen jeder erwartete, dass man sie tat. Ganz besonders der Mörder. Der Marionettenspieler.
    Aber warum? Gab es noch irgendeinen anderen Grund, warum er sein grausames Spiel mit ihnen trieb? War das Briefeschreiben Teil eines Plans, eines größeren Musters, das Barbarotti und seine Kollegen nicht erkennen konnten?
    Er hatte sich in den letzten Wochen tausendmal diese Fragen gestellt, und sie standen immer noch genauso unbeantwortet im Raum.
    Die Pressekonferenz war gut gelaufen, wie Jonnerblad und Tallin versicherten, fast unisono, und Barbarotti hatte auch nie erwartet, dass sie etwas anderes sagen würden. Was die versammelte Presse – mehr als achtzig Personen offenbar – von der Vorstellung gehalten hatte, würde zweifellos am kommenden Tag in den Zeitungen zu lesen sein oder wäre aus den Nachrichtensendungen im Rundfunk und Fernsehen zu erschließen.
    Oder im Internet. Einige der anwesenden Journalisten hatten einige Fragen bezüglich Henrik oder Katarina Malmgren gestellt, so dass die Vermutung, dass der Mörder mit der Polizei und der Presse mehr oder weniger simultan kommunizierte, zumindest angenommen werden konnte. Jedenfalls dieses Mal.
    Ob es sich tatsächlich so verhielt, dass der Mörder Göran Persson informiert hatte – das war natürlich eine andere Frage, die noch lange nicht geklärt war. Sechs Stunden nachdem er von seinem glasklaren Gedankenblitz getroffen worden war, war Gunnar Barbarotti nicht mehr genauso fest davon überzeugt wie in dem Moment, als er ihn getroffen hatte.
    Überhaupt besteht ja die Frustration größtenteils genau daraus, dachte er, als er auf die Grevgatan einbog und den Bach entlang nach Hause radelte. Aus einem Haufen von Fragezeichen, die sich ebenso unstrukturiert und zufällig ineinander verhakten wie alte, verbogene Metallbügel auf dem Boden eines muffigen Schranks. (Wo kommen bloß diese Bilder her, wie schon mal gesagt?) War es wirklich das verheiratete Paar im Berberisstigen in Mölndal, auf das der Mörder es in seinem letzten Brief abgesehen hatte? Und wenn ja, plante er wirklich, sie zu töten? Hans Andersson – wer von allen war denn nun der Richtige, wenn überhaupt einer? –, er sollte offenbar laufen gelassen werden. Warum? War es von Anfang an so geplant gewesen, oder war im Laufe der Zeit etwas passiert, was den Mörder dazu gebracht hatte, seine Meinung zu ändern?
    Und an allererster Stelle: Wo hielt sich das Ehepaar Malmgren auf? Trotz intensiver Suche den ganzen Nachmittag über, mit freundlicher Unterstützung von einem halben Dutzend Kollegen der Göteborger Polizei, war es ihnen nicht gelungen, sie dingfest zu machen. Andererseits hatten beide noch vierzehn Tage Urlaub – er von der Göteborger Universität, sie vom Sahlgrenska-Krankenhaus –, so dass das Risiko, dass sie sich ganz einfach irgendwo auf der Welt im Urlaub befanden und ihre Handys daheim in der Schreibtischschublade gut verstaut waren, von der gesamten Ermittlungsgruppe als hoch beurteilt wurde. Immer mehr Menschen entschieden sich für diese Variante, worauf immer das beruhen mochte.
    Die andere Alternative, dass sie nicht reagierten, weil sie bereits tot waren, wurde im Team

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