Eine ganz andere Geschichte
»Henrik und Katarina Malmgren. Berberisstigen 24 in Göteborg. Ich glaube, das liegt etwas außerhalb in Mölndal, Villes Schwester wohnt irgendwo da in der Ecke. Ziemlich schicke Gegend … gehobene Mittelklasse mindestens.«
Barbarotti schaute ihr über die Schulter. »Sie haben drei verschiedene Telefonnummern«, sagte er. »Festnetzanschluss und zwei Handys. Was machen wir?«
Sorgsen schaute auf die Uhr. »Die Pressekonferenz wird nicht vor einer halben Stunde zu Ende sein.«
»Es hat keinen Sinn, Zeit zu verlieren«, sagte Barbarotti.
»Wäre ein dienstlicher Fehler, einfach abzuwarten und in die Luft zu starren«, sagte Backman.
»Schmeiß das Telefon rüber, Gerald«, sagte Barbarotti.
Es waren drei Nieten. Er hörte drei verschiedene Ansagen ab – zweimal von Herrn Malmgren, einmal von der gnädigen Frau –, wurde in höflichen und wohlformulierten Worten darum gebeten, eine Mitteilung zu hinterlassen oder es unter einer der anderen beiden Nummern zu versuchen, und als er das dritte Mal das Gespräch weggedrückt hatte und die verkniffenen Gesichter seiner Kollegen betrachtete, spürte er den kalten Hauch der Bestätigung das Rückgrat hochkriechen.
Das sind sie. Das müssen sie sein.
Gleichzeitig meldete sich die Stimme der Vernunft in ihm. Don't jump to conclusions. Es war zwanzig Minuten vor drei Uhr nachmittags. Es war Montag. Wenn sich beispielsweise Henrik und Katarina Malmgren jeweils an ihrem Arbeitsplatz befanden, wo immer der sein mochte, war es außerordentlich wahrscheinlich, dass keiner von ihnen ans Telefon ging. Um halb acht Uhr abends wäre es etwas anderes gewesen; er sah Backman und Sorgsen an, dass sie ihm auch die nächste Entscheidung gern überließen, aber plötzlich fühlte er sich unsicher. War es wirklich das Richtige, einfach nur eine Nachricht zu hinterlassen und das unbekannte Paar zu bitten, sich mit der Polizeibehörde in Kymlinge in Verbindung zu setzen?
Nach einigen Sekunden wurde ihm klar, woher diese Unsicherheit resultierte; es war nicht Hauptkommissar Jonnerblads mögliche Kritik und Schimpftiraden, die eine Rolle spielten, nein, es hatte mit dem Mörder zu tun.
Einfacher gesagt, mit der Tatsache, dass es genauso ein Schritt war, der erwartet werden konnte. Die selbstverständlichste aller Aktionen. Barbarotti spürte plötzlich einen deutlichen Stich von Wut, er hatte keine Lust mehr, dem Gegner in die Hände zu spielen. Lieber einmal etwas Unerwartetes tun, die Frage war nur, was.
»Vielleicht blufft er dieses Mal auch«, meinte Eva Backman, als hätte sie ähnliche Gedanken. »Vielleicht wollte er nur die ersten beiden umbringen, und jetzt führt er uns noch eine Weile an der Nase herum.«
»Und warum?«, fragte Sorgsen.
Eva Backman zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich glaube sowieso, dass wir uns in diesem Fall nicht die Augen nach dem Motiv ausgucken sollten.«
»Ich dachte, genau das sollten wir tun?«, warf Barbarotti ein. »Hast du vergessen, was Lillieskog gesagt hat?«
»Nicht vergessen«, betonte Backman. »Nur einer gewissen Sorte von Experten zu folgen, das fällt mir etwas schwer. Und zu glauben, dass ich tatsächlich Mittwoch in Urlaub gehen kann.«
»Was Letzteres betrifft, so hast du vermutlich recht«, nickte Sorgsen und begann die Papierstapel auf seinem Schreibtisch gerade zu rücken. »Das wird noch eine ganze Menge Arbeit geben. Man kann sich nur wünschen, dass wir einen Zusammenhang zwischen dem Paar und unseren beiden Opfern finden, das würde die Sache erleichtern.«
»Zweifellos«, stimmte Eva Backman zu und schaute auf die Uhr. »Also, was machen wir? Däumchen drehen, bis die Pressekonferenz zu Ende ist?«
Inspektor Barbarotti schüttelte den Kopf und wühlte in seiner Jakkentasche. »Darf ich euch bitten, leise zu sein«, sagte er. »Ich werde ihnen meine Handynummer geben. Das kann ja nicht schaden, ich werde nicht sagen, dass ich von der Polizei bin, aber wenn sie zurückrufen, dann bedeutet das zumindest, dass sie offensichtlich noch am Leben sind. Ich bin es leid, keine Entscheidungen treffen zu dürfen.«
»Es gibt niemanden, der dir das verboten hat«, widersprach Inspektorin Backman. »Dann mal los.«
Barbarotti nickte, rief erneut die drei Anrufbeantworter an und hinterließ auf allen dreien mehr oder weniger identische und ziemlich nichtssagende Bescheide. Schob dann sein Handy wieder in die Tasche und betrachtete seine Kollegen.
»Wollen wir wetten?«
»Um was?«, fragte Eva Backman.
»Darum, dass
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