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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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nahm, und außerdem fiel ihm auf, wie merkwürdig es doch war, dass sie bereits mit Flügeln und weißen Gewändern ausgestattet waren – wenn es ihnen noch gar nicht gelungen war, durchs Himmelstor zu gelangen. Oder waren sie vielleicht nur draußen gewesen, um sich ein wenig zu amüsieren? Hatten unten auf der Erde irgendetwas zu erledigen gehabt? Auf jeden Fall waren sie fett, einige fast unförmig, er identifizierte einen gewissen Conny, Lang-Conny genannt, der immer mit halbgeschlossenen Augenlidern und einem kalten Zigarrenstummel im Mundwinkel an der Bar des Restaurants Algen gestanden hatte, und er hatte seine Körperform wirklich total verändert. Sah aus, als wäre er ungefähr eins sechzig groß und wöge hundertdreißig Kilo.
    Petrus zwinkerte Barbarotti zu, dann strich er etwas in dem großen Journal an, das er auf einem Tisch vor sich aufgeschlagen liegen hatte, und wedelte irritiert mit der Hand.
    »Verschwinde«, sagte er. »Du kriegst noch ein paar Jahre. Aber nächstes Mal möchte ich nicht das Gleiche noch mal erleben. Sonst fährst du hinab in die Hölle.«
    Barbarotti nickte dankbar, und Petrus schlug mit einem kleinen Hammer gegen eine Glocke, so eine, wie es sie auf den Rezeptionstresen altmodischer Hotels gibt, und dann löste sich die ganze Szene wie in einem Nebel auf.
    Aber das Geräusch der Glocke blieb, und der Traum wirbelte schnell an die karge Oberfläche der Wirklichkeit. Er lag in seinem Bett, eingewickelt in Bettlaken und Decke, und dieses hartnäckige Geräusch stammte natürlich nicht aus einer alten Nachtpförtnerloge, sondern von seinem Handy, das neben ihm auf dem Nachttisch lag, und bevor er selbst recht wusste, was er tat, war er drangegangen.
    Es war Helena.
    Einen Moment lang glaubte er, sich noch im Traum zu befinden. Dass seine ehemalige Ehefrau dort wie auch im wirklichen Leben vorkam – und das auch noch mit so einem kurzen Zeitabstand –, erschien ihm sehr unwahrscheinlich, aber er hörte eine Art echte Substanz aus Essig und Sandpapier in ihrer Stimme, die jegliche Zweifel zerstreuten. Sie war es wirklich.
    »Gittan hat angerufen«, sagte sie. »Sie hat den Expressen gelesen. Was zum Teufel treibst du?«
    Gittan war eine alte Freundin, früher von beiden, nach der Scheidung nur noch die seiner früheren Ehefrau. Sie wohnte in Huddinge und schätzte Reptilien mehr als Männer.
    »Was?«, fragte Gunnar Barbarotti. »Wie spät ist es?«
    »Viertel vor acht, aber das spielt keine Rolle. Im Expressen steht, dass du einen Journalisten misshandelt hast.«
    »Was?«
    »Du hast es doch gehört.«
    »Ja, sicher, aber was sagst du da?«, brachte Barbarotti heraus, und es gelang ihm schließlich, sich aus der Decke zu befreien. Viertel vor acht? Hatte er seinen Wecker nicht auf Viertel vor sieben gestellt?
    »Gittan hat die Überschriften gesehen, als sie zur Arbeit ging. Die Abendzeitungen kommen dort oben schon früh raus, ich wollte nur wissen, wie ich das den Kindern erklären soll.«
    »Ach so.«
    Die Einsicht darüber, was für eine Art von Information er soeben erhalten hatte, sickerte unerbittlich in sein Bewusstsein, wie das Gift nach einem Schlangenbiss, und ihm war klar, dass Petrus einen ernsthaften Fehler begangen hatte, als er ihn zurück auf die Erde geschickt hatte.
    »Ich rufe dich später an«, sagte er. »Ich habe niemanden misshandelt, du kannst Lars und Martin grüßen und ihnen das sagen.«
    Er kam auf die Beine und versteckte sich in der Dusche.
    Der nächste Anruf kam acht Minuten nach acht. Es war Inspektorin Backman.
    »Das wird die Hölle«, sagte sie. »Ich wollte dich nur warnen, falls du noch nichts weißt.«
    »Danke, ich habe es schon gehört«, antwortete Barbarotti.
    »Du bist wegen Körperverletzung angezeigt worden.«
    »Den Verdacht hatte ich schon. Wir reden später.«
    Als er aufgelegt hatte, rief das Aftonbladet an. Sie wollten wissen, ob er einen Kommentar abzugeben habe. Er erklärte ihnen, dass er das nicht habe, außerdem habe er noch gar nicht gelesen, was in ihrem hochgeschätzten Konkurrenzorgan stehe, und dass er niemanden verletzt habe.
    Anschließend zog er sich an, und dann rief Hauptkommissar Jonnerblad an.
    »Du bist bis auf Weiteres von den Ermittlungen abgezogen«, teilte er mit. Er klang, als bisse er in einen Eisenträger.
    »Vielen Dank«, sagte Barbarotti. »Sonst noch was?«
    »Du brauchst heute nicht aufs Revier zu kommen. Und du hältst dich von der Presse fern. Klar?«
    »Glasklar«, sagte

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