Eine ganz andere Geschichte
registrierte Barbarotti, aber man konnte sicher bei der Spurensuche auch so ausgezeichnet arbeiten.
»Der Hausmeister war schon da und hat aufgeschlossen«, erklärte Fjärnemyr. »Wir brauchen nur hineinzuspazieren.«
Ström ging die Treppen hinauf voran. Es war ein dreistöckiges Mietshaus im typischen Sechzigerjahrestil. Aber ordentlich und anscheinend relativ frisch renoviert. Zwei Wohnungen auf jedem Stockwerk. Öhrnbergs lag ganz oben. Inspektor Ström blieb vor der Tür stehen und wartete auf die anderen.
»Entschuldigt«, sagte Eva Backman. »Ich denke, ich würde gern als Erste reingehen. Es wäre ja dumm, wenn wir alle reintrampeln.«
Barbarotti konnte sehen, wie Ström zusammenzuckte. Aha?, dachte er. Ein Mann der alten Schule. Er konnte kaum älter als vierzig sein, aber offensichtlich störte es ihn, dass es die einzige Frau in dem halben Dutzend war, die die Leitung übernahm.
»Von mir aus«, sagte er und hielt die Tür auf.
Eva Backman machte einen großen Schritt über den Haufen an Post und Zeitungen, der auf dem Flur lag. Sie öffnete Türen nach links und rechts und geradeaus und ging gut eine Minute lang in der Wohnung umher. Kam dann zu den anderen zurück.
»Nix da«, sagte sie. »No body, no nothing. Dass es schlecht riecht, liegt an dem Mülleimer in der Küche. Er war schließlich länger als eine Woche nicht zu Hause, und es ist August.«
»Was wollen wir tun?«, fragte Inspektor Ström und ließ seinen Blick zwischen Astor Nilsson und Barbarotti hin und her wandern. Eine Art Demonstration offenbar, ob nun bewusst oder unbewusst.
»Können wir es so machen?«, schlug Astor Nilsson vor. »Ihr gebt uns die Gelegenheit, uns hier ein paar Stunden in Ruhe umzusehen, dann schauen wir, was wir so finden. Es ist ja nicht nötig, dass wir uns gegenseitig auf die Füße treten. Wenn dann dieser Hausmeister …«, er schaute erst auf die Uhr, dann auf Ström, »… sagen wir, wenn er um halb zwei kommen könnte? Dann wissen wir, was wir mitnehmen wollen und die Wohnung kann wieder zugeschlossen werden, okay?«
Inspektor Ström nickte. Die Techniker Jönsson und Fjärnemyr nickten.
»Gut«, sagte Barbarotti, »dann bis später.«
Gunnar Öhrnberg war ein ziemlich ordentlicher Mann gewesen – alternativ: er war –, das war eine der Schlussfolgerungen, die sie ziehen konnten, nachdem sie anderthalb Stunden seine Wohnung durchsucht hatten. Alle drei Zimmer waren sauber und ordentlich. Er hatte gut gefüllte Bücherregale, in erster Linie Literatur für seine Unterrichtsfächer, Geschichte und Gemeinschaftskunde, aber auch ein Teil Belletristik. Der Schreibtisch im Arbeitszimmer war fast pedantisch geordnet mit Computer und modernem Drucker. Regale mit Ordnern und Zeitschriftensammlern, alles gewissenhaft beschriftet. Aber man muss sich dabei ins Gedächtnis rufen, dass das Schuljahr noch nicht angefangen hat, dachte Barbarotti.
Vielleicht würde es für Gunnar Öhrnberg auch gar nicht mehr anfangen, doch es war noch zu früh, sich in dieser Frage festzulegen. Viel zu früh. Er konnte ja in letzter Minute noch eine Kurzreise gemacht haben oder vergessen haben, dass er wieder anfangen musste zu arbeiten. Oder sich auf einer Gebirgswanderung verlaufen haben. Oder … ja, was?, fragte sich Barbarotti, als er die Tür zu dem vollgestopften Wäscheschrank schloss. Gekidnappt worden sein? Beim Pilzsammeln im Wald einen Hirnschlag bekommen und das Gedächtnis verloren haben?
Auf einem Eichenbüfett im Wohnzimmer stand eine Reihe eingerahmter Fotos. Sechs unbekannte Menschen, zwei von ihnen waren älter – vermutlich die Eltern –, zwei davon waren Kinder. Ein Junge und ein Mädchen, beide dunkelhaarig. Außerdem ein Brautpaar. Der Mann erinnerte ein wenig an Gunnar Öhrnberg, weshalb Barbarotti annahm, dass es sich um einen Bruder handelte und dass die beiden Kinder wohl Nichte und Neffe waren. Hinter einer Tür des gleichen Eichenbüfetts standen nicht weniger als zehn Flaschen Whisky, alle Single Malt, sieben von ihnen bereits geöffnet. Ein kleiner Connaisseur, nach allem zu urteilen. Einen Humidor mit sechs Zigarren gab es auch.
Aber nirgendwo ein Fotoalbum. Und nirgendwo eine offensichtliche Lücke in den Bücherregalen, wo es gestanden haben könnte.
»Sieht nicht so aus, als ob er fotografiert hat«, sagte Eva Backman. »Nirgends ein Fotoapparat.«
»Wir nehmen den Computer mit«, sagte Astor Nilsson. »Vielleicht sind welche drauf. Und andere Dinge auch.«
»Jedenfalls gibt es ein
Weitere Kostenlose Bücher