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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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kurz und rau. »Ja, ich kann natürlich einen Mann dransetzen, aber ich glaube, es wäre nicht klug, davon etwas zu erwarten. Vielleicht hat der Bauer es selbst behalten? Warum nicht?«
    Ein paar Sekunden lang blieb es still.
    »Ihr meint, es könnte so gewesen sein?«, fragte Barbarotti ungläubig. »Dass das Mädchen und seine Großmutter bei einem Bauern gezeltet haben, und als dieser eines Tages merkt, dass sie verschwunden sind, da nimmt er das Zelt, ihre Sachen und ihr Auto in Beschlag?«
    »Das ist eine Theorie«, sagte Leblanc und schob seine Brille auf die Stirn. »Ich kann nicht so recht daran glauben, aber was … ja, was soll man dann glauben?«
    Tallin räusperte sich. »Wie ist sie an diesem Abend zu Eriks Haus gekommen?«, fragte er. »Die Großmutter, meine ich. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie mit dem Auto gefahren ist.«
    »Ich auch nicht«, sagte Barbarotti. »Nein, sie ist sicher zu Fuß gegangen, ansonsten müsste ja ihr Auto vor dem Haus stehen geblieben sein, und dann …«
    »Dann müsste einer der anderen sich drum gekümmert haben«, ergänzte Tallin. »Ja, es ist natürlich nicht unmöglich, dass sie das getan haben, oder?«
    »Nein«, gab Barbarotti zu. »Das ist es nicht.«
    Mein Gott, dachte er. Es konnte so gewesen sein. Dass die Schweden dafür gesorgt haben, hinterher alle Spuren zu verwischen. Und das war ja etwas, von dem der sechste Mann keine Ahnung gehabt haben konnte, da er die Gegend bereits am Morgen, nachdem er die alte Frau im Moorgebiet vergraben hatte, verlassen hatte.
    »Wenn wir aber nun annehmen, dass sie an dem Abend zu Fuß gekommen ist«, nahm Leblanc den Faden wieder auf, »und wenn wir annehmen, dass sie trotz allem eine ziemlich alte Frau war, dann würde das doch bedeuten, dass sie irgendwo in der Nähe wohnte. Und wir wissen ja, in welchem Haus die Schweden wohnten, alle Schweden, oder?«
    »Das wissen wir«, bestätigte Tallin. »Letzteres haben wir gestern Abend bestätigt bekommen. Es ist geplant, dass wir sie uns alle drei morgen anschauen. Aber dass das Mädchen und ihre Großmutter in diesem Distrikt nicht als vermisst gemeldet wurden, das macht natürlich einen Strich durch unsere Rechnung. Wie lange dauert es, das mit Paris zu kontrollieren?«
    »Ein paar Tage, denke ich«, sagte Leblanc und zuckte erneut mit den Schultern. »Es ist verdammt schade, dass wir ihre Namen nicht haben, aber ich werde gleich eine Suchmeldung fürs ganze Land rausschikken.«
    »Troaë«, bemerkte Barbarotti. »Das haben wir ja jedenfalls.«
    »Wenn sie wirklich so hieß, ja«, sagte Leblanc und schob erneut seine Brille zurecht. »Dieser Name ist mir noch nie untergekommen. Nun ja, wenn die Vermissten irgendwo in Frankreich verschwunden sind, dann werden wir es nächste Woche wissen. Vielleicht noch bevor ihr wieder nach Hause fahrt. Und ihre richtigen Namen dann auch.«
    »Gut«, sagte Tallin. »Dafür sind wir dankbar. Außerordentlich dankbar.«
    »Habt ihr noch andere Fragen, die ich möglicherweise beantworten kann?«, fragte Leblanc.
    Tallin wechselte einen Blick mit Barbarotti, bevor er den Kopf schüttelte. »Im Augenblick nicht. Aber wenn, dürfen wir dann darauf zurückkommen?«
    »Aber natürlich«, sagte Leblanc und streckte sich. »Verbrechen dürfen sich nicht lohnen. In keinem Fall und in keinem Land.«
    Nach diesen klugen Worten drehte er den Kopf und schaute aus dem Fenster. »Sieht so aus, als hätte es aufgehört zu regnen«, sagte er. »Darf ich ein kleines Mittagessen in der Altstadt vorschlagen, bevor wir euch zum Hotel fahren? Mademoiselle?«
    »Madame«, korrigierte Carina Morelius lächelnd. »Je vous en prie, monsieur le commissaire.«
    Sie aßen draußen auf einem kleinen, unregelmäßig angelegten Markt, der Place Beurre hieß. Buttermarkt, das verstand sogar Barbarotti.
    Überbackener Ziegenkäse. Marinierte Muscheln. Eine Art außerordentlich zartes Fleisch mit Sauce aus Weißwein und Senf. Ein paar Käse, Roquefort und ein zweijähriger Comté. Crème brûlée.
    Ein elsässischer Wein und ein Bordeaux. Ein Glas Calvados und ein kleiner Café noir. Die Mahlzeit zog sich über zweieinhalb Stunden hin, Barbarotti beschloss, nie wieder in seinem Leben den Rockstagrill aufzusuchen.
    Commissaire Leblanc führte die ganze Zeit Konversation. Erzählte von der Stadt Quimper. Ihren Kunsttraditionen, ihrer Architektur. Ih rer Schönheit, besonders der alten Stadt, in der sie sich momentan befanden, umgeben von Wallgraben und Mauern. Die

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