Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
Vom Netzwerk:
nickte. »Möller ist sauber, der ist bereits überprüft«, sagte Jonnerblad. »Wie
    ist es mit diesem Nachbarn?«
    Er schaute Tallin an. Tallin schaute Sorgsen an. Sorgsen schaute auf ein Blatt Papier, das er in der Hand hielt. »Das scheint er nicht zu sein«, sagte er. »Er war die letzten zwei Wochen im Juli in Griechenland.«
    »Und der aus der Sportanlage?«, fragte Jonnerblad.
»Ist noch nicht überprüft«, sagte Sorgsen. »Das mache ich heute
    Nachmittag.« »Und wer hat ihn angezeigt?«, fragte Barbarotti. Sorgsen schaute auf. »Seine Frau. Ich glaube, die liegen in Scheidung.« »Mein Gott«, stöhnte Astor Nilsson.
    Inspektor Barbarotti verließ das Polizeigebäude von Kymlinge kurz nach fünf Uhr am Montag, und er tat das in einer Gemütsverfassung, die erinnerte an … ja, woran eigentlich? Diese Niedergeschlagenheit, die sich gern einstellt, wenn man das sechste Mal durch die gleiche Prüfung gerauscht ist? Oder auch beim zehnten Versuch die Führerscheinprüfung nicht bestanden hat?
    Oder gefreit hat und ausgelacht wurde?
    Obwohl man alles getan hat, was in der eigenen Macht steht, um Erfolg zu haben. Wir werden diesen Fall nie lösen, dachte er. Niemals. Wir sind … er suchte nach den richtigen Worten, während er sein Fahrrad aufschloss und losfuhr … wir sind in den Händen eines Mörders, der so viel gerissener ist als wir, der uns um so viele Schritte voraus ist, dass es eigentlich gar keinen Sinn hat, weiterzumachen. Er spielt mit uns. Er schickt Briefe und ganze Berichte an uns, er lügt und verdreht die Wahrheit, ganz wie es ihm passt, und wir tanzen nach seiner Pfeife wie willenlose Marionetten, ohne eigene Fähigkeit zu denken. Er hat in einem Monat fünf Menschen umgebracht, und er wird damit durchkommen. Mindestens fünf Menschen. Vielleicht sieben, vielleicht acht. Verdammte Scheiße.
    Und jetzt ist er fertig. Wenn es etwas gibt, das offensichtlich zu sein scheint, dann das. Das letzte Lebenszeichen von ihm haben wir vor zwei Wochen bekommen, als er das Mousterlin-Dokument in Kairo aufgegeben hat. Barbarotti hatte irgendwo gelesen, dass, wenn man in Rauch aufgehen wollte, diskret von der Erdoberfläche verschwinden, es eine Stadt auf der Welt gab, die für so ein Projekt besser geeignet war als alle anderen. Kairo.
    Seit dem vorletzten Dienstag war es still gewesen. Case closed. Der Mörder hatte fertig gemordet, und er hatte zu dieser Sache nicht mehr zu sagen. Oh verflucht, dachte Barbarotti, ich wünschte fast, es würde ein neuer Brief auf meinem Flurläufer auf mich warten. Auch wenn das bedeutete, dass es einen neuen Namen gäbe.
    Nur um einen Hinweis zu bekommen. Einen neuen Silberstreif, eine Möglichkeit, von einer anderen Seite her anzufangen. Leblancs versprochener Bericht war noch nicht eingetroffen, aber Gunnar Barba rotti hatte das Gefühl, dass auch er nur einen neuen Strich durch die Rechnung bedeuten würde, wenn er erst einmal eintrudelte. Und diese Idee, dass das Mädchen und ihre Großmutter ausländische Touristen in einem Caravan gewesen sein könnten … ja, wie sollte man denn so eine Sache untersuchen? Und wenn es nun rumänische Zigeuner gewesen waren, die in keinem Register der Welt zu finden waren? Warum nicht? Es war nicht schwer, sich vorzustellen, wie sich der ganze Fall immer weiter in Zeit und Raum ausbreitete – und sich vor seinem inneren Auge das Bild auszumalen, wie er selbst und seine Kollegen in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren immer noch in den gleichen Papieren, den gleichen Listen und Dokumentationen herumstocherten. Verdammte Scheiße, wie schon gesagt.
    Andererseits habe ich unserem Herrgott vierundzwanzig Stunden gegeben, erinnerte er sich selbst. Obwohl einiges dafür sprach, dass das wohl zu kurz bemessen gewesen war.
    An der Ecke Skolgatan/Munkgatan hatte eine neue Kaffeebar eröffnet. Er erinnerte sich, dass niemand daheim auf ihn wartete, bremste, stellte das Fahrrad an der Wand ab und ging hinein. Bestellte ein Cortado, Hälfte Kaffee, Hälfte Milch, holte sich eine Illustrierte und begann in den Kinoanzeigen zu blättern. Ich muss mal was ganz Anderes tun, dachte er. Muss es wie Leblanc machen, den Job hinter mir lassen. Das war ihm in den zwei Tagen gelungen, als Marianne bei ihm gewesen war, aber jetzt war es wieder dieselbe Geschichte. Alles blubberte in seinem Kopf wie ein altes Ragout, an dem niemand jemals seine Freude haben würde, und wenn er nicht bald etwas damit machen würde, blubberte es wahrscheinlich noch den ganzen

Weitere Kostenlose Bücher